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Das Raetsel von Flatey

Das Raetsel von Flatey

Titel: Das Raetsel von Flatey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingólfsson
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überblicken. Die anderen
müssen im Gang hocken, wo es vorkommen kann, dass sie mit Bier
bespritzt werden. Der Herr Professor wollte sich einen der besseren
Plätze sichern, indem er das Flatey-Rätsel
löste.«
    »Und hat er es
geschafft?«
    »Ich weiß es nicht. Er
wollte eigentlich nicht darüber reden und hat das Ganze eher
heruntergespielt. Trotzdem habe ich den Verdacht, dass es der Fall
war und dass er es bekannt geben wollte, sobald er nach Kopenhagen
zurückgekehrt wäre. Aber das lässt sich im
Nachhinein schwer feststellen. Er gab mir eine Abschrift seiner
Lösungen, aber ich weiß nicht, ob sie zu dem Code
passen.«  
 
    Pastor Hannes öffnete eine
Schublade in seinem Sekretär, entnahm ihr einen
zusammengefalteten Bogen Papier und reichte ihn Kjartan.
»Bitte schön. Ich halte es für richtig, dass Sie
das aufbewahren.«
    Kjartan nahm das Blatt und
betrachtete es genau. Die Sätze waren teils auf Dänisch,
teils auf Isländisch, und die Schrift war schwer zu
entziffern.
    Kjartan sagte: »Ich muss in
Reykjavík anrufen und nachprüfen lassen, ob es wirklich
stimmen kann, dass der Tote dieser Professor ist. Sie müssen
aber einen Blick in die Kiste werfen, um zu bestätigen, dass
es dieselben Sachen sind, die er trug, als Sie ihn das letzte Mal
gesehen haben. Die Leiche selbst ist natürlich völlig
unkenntlich.«
    Pastor Hannes führte mit
zittriger Hand die Tasse zum Mund. »Ja, das werde ich wohl
tun müssen.«
    Kjartan fuhr fort: »Könnte
es denn sein, dass er während der Fahrt mit dem Postschiff
über Bord gegangen ist und sich in Ketilsey an Land gerettet
hat?«
    »Das kann ich mir eigentlich
nicht vorstellen. Die Insel liegt weitab von der
Schiffsroute.«
    »Herrschen dort nicht starke
Strömungen?«
    »Doch, zweifellos, aber da
weiß ich nicht so gut Bescheid. Da müssen sie diejenigen
fragen, die sich mit dem Meer auskennen.«
    »Und wann ist er von hier
aufgebrochen?«
    »Das war am vierten September.
Ich habe in meinem Tagebuch nachgeschaut. Ich kann mich erinnern,
dass am Tag seiner Abreise im Rundfunk eine Nachricht über den
Handschriftenstreit kam.«
    »Hatte er kein Gepäck
dabei?«
    »Er hatte eine kleine
Reisetasche, die ihm für ein paar Tage genügte,
Kulturtasche, Unterwäsche zum Wechseln und dergleichen. Einen
Fotoapparat und ein kleines Fernglas. Ich meine, er hätte mir
gesagt, dass er seinen Koffer in Reykjavík
zurückgelassen habe.«
    Kjartan nahm den Zettel wieder zur
Hand, der zwischen ihnen auf dem Tisch gelegen
hatte.
    »Was bedeutet das, was da auf
dem Zettel steht, ›folio
1005‹?«
    »Das ist die Zugangsnummer von
Flateyjarbók in der Königlichen Bibliothek in
Kopenhagen. Ich kann mich erinnern, dass Lund sie auf dem Zettel
notiert und ihn dann in seine Tasche gesteckt
hat.«
    Kjartan drehte den Zettel
herum.
    »Wissen Sie, was diese
Buchstaben auf der Rückseite
bedeuten?« 
    Der Pastor schaute genauer hin.
»Nein. Das kann er erst auf den Zettel geschrieben haben,
nachdem er von hier aufgebrochen war. Das sieht allerdings dem
Buchstabensalat, der den Schlüssel zum Flatey-Rätsel
darstellen soll, nicht unähnlich. Aber der Mann wusste, dass
man diesen Schlüssel nicht abschreiben darf. Er ist auch nicht
noch einmal in die Bibliothek gegangen, nachdem ich ihm den Zettel
gegeben hatte.«
    Kjartan notierte sich: Gaston Lund
aus Kopenhagen, vierter September. »Ich gehe zum
Telegrafenamt und rufe die dänische Botschaft an«,
erklärte er dann und stand auf.
    Pastor Hannes begleitete ihn zur
Tür, verabschiedete sich von ihm und ging dann wieder zu
seiner Frau ins Wohnzimmer.
    »Die Sache ist in guten
Händen«, sagte er. »Mir graut es am meisten davor,
die Leiche in der Kiste in Augenschein nehmen zu müssen. So
etwas finde ich immer unangenehm.«
    Er schaute lange aus dem Fenster,
bevor er fortfuhr: »Ich kann mich so gut daran erinnern, als
sei es erst gestern gewesen, dass Lund uns verlassen hat. Ich
begleitete ihn zur Tür und gab ihm zum Abschied die Hand. Er
versprach, dass er mir schreiben würde. Hätte ich
Verdacht schöpfen sollen, als kein Brief von ihm
kam?«
    Seine Frau legte die Handarbeit
nieder. »Hast du ihm jemals
geschrieben?«
    »Nein, das habe ich nicht, weil
ich eigentlich eher einen Brief von ihm
erwartete.«
    Sie überlegte. »Vielleicht
war er ja zu einem zweiten Besuch hierher unterwegs, als Gott der
Allmächtige ihn abberufen hat?«
    Der Pastor schüttelte den Kopf.
»Ich weiß nicht, aber ich sehe ihn noch richtig vor
mir, wie er mit

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