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Das Raetsel von Flatey

Das Raetsel von Flatey

Titel: Das Raetsel von Flatey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Arnar Ingólfsson
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einem schönen Gemälde im Stil
der Bildchen, die er in der Sonntagsschule bekommen hatte, als er
klein war. Grímur wies ihn in eine Bank, wo er neben
Sigurbjörn zu sitzen kam. Guðjón hatte ganz
eindeutig den Haarschnitt beendet, nachdem Kjartan sie verlassen
hatte, aber über den Wangen war es etwas stufig geworden.
Unwillkürlich beschäftigte sich Kjartan mit den
Rückansichten der Leute, die vor ihm saßen. Die
verschiedensten Köpfe gab es da zu sehen, alle möglichen
Glatzen und mehr oder weniger gut gelungene Haarschnitte. Die
Frauen trugen meist Zöpfe. Alle waren geschniegelt und
gestriegelt, und ein starker Geruch nach Seife mischte sich in den
leichten Modergeruch der Kirche. Bauer Sigurbjörn hingegen
hatte eine Fahne und schien ziemlich verkatert zu
sein.
    Pastor Hannes kam aus der Sakristei
und wandte sich der Gemeinde zu. Er hustete zweimal und sagte:
»Liebe Gemeinde, Brüder und Schwestern im Herrn. Bevor
wir mit der Feier des Gottesdienstes beginnen, muss ich euch die
traurige Nachricht überbringen, dass Björn Snorri
Thorvald, der Vater unserer Amtsärztin, heute Nacht
entschlafen ist. Wie ihr alle wisst, war der alte Mann schwer
krank, und jetzt hat Gott der Allmächtige ihn zu sich gerufen
und seinem Leiden ein Ende gesetzt. Seine liebe Tochter wachte an
seiner Seite, als der Ruf des Herrn erging, und ich habe heute
Morgen einen Hausbesuch gemacht und ihn in Gottes Hände
befohlen. Die Sarglegung und die Aussegnung finden am Dienstag
statt und die Beerdigung am Mittwoch. Wir wollen uns im Gebet
vereinigen.«
    Die Kirchengäste senkten die
Köpfe, und der Pastor betete laut. Kjartan überlegte, ob
die Ärztin auch anwesend war. Anscheinend waren sämtliche
Inselbewohner gekommen. Er drehte sich rasch um und warf einen
Blick über die Gemeinde, aber Jóhanna konnte er
nirgends entdecken. Ganz hinten in der Kirche sah er dagegen, wie
der kleine Nonni aufstand und sich heimlich aus der Kirche
verdrückte. Das hätte er selber wahrscheinlich auch
gemacht, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Es
war jetzt schon heiß und stickig hier
drinnen.     
    Die Orgel ertönte, und ein
Kirchenlied wurde gesungen.
    *
    »15. Frage: Nicht wirst du
es geheim halten vor ... Erster Buchstabe. Thormod kam zu einem
Koch, schnappte sich eine Schmalzwurst, teilte sie in zwei
Stücke und aß die eine Hälfte. Der Koch sprach:
›Das ist aber keine vornehme Mannschaft, die der König
um sich hat, und es wird ihm nicht gefallen, wenn er erfährt,
was du tust.‹ Thormod antwortet: ›Wir tun häufig
etwas anderes, als was der König will. Manchmal erfährt
er davon, manchmal nicht.‹ Der Koch sprach: ›Vor
Christus kannst du es nicht geheim halten.‹ ›Das habe
ich auch nicht vor‹, erwiderte Thormod, ›aber
entweder steht zwischen Christus und mir mehr als eine halbe
Schmalzwurst, oder wir sind uns völlig
einig.‹
    Die Antwort ist Christus, und der
erste Buchstabe ist C.«

Zweiunddreißig
    Friðrik Einarsson schien nicht sonderlich erfreut zu sein, als
ihm Dagbjartur von der Kriminalpolizei am Pfingstsonntagnachmittag
einen Besuch abstattete, zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen.
Trotzdem bat er ihn herein, schaute aber besorgt auf seine
Armbanduhr.
    »Meine Frau und ich sind auf
dem Weg zu einer Hochzeit. Ich möchte nicht zu spät
kommen«, erklärte er.
    Dagbjartur versuchte sich kurz zu
fassen: »Wir haben deine Liste der isländischen
Bekannten von Gaston Lund mit einer Liste der Einwohner von Flatey
verglichen, die uns gestern von Flatey zugestellt wurde. Björn
Snorri Thorvald ist auf beiden Listen.«
    Friðrik antwortete: »Ja.
Das hätte ich dir gleich gestern sagen können. Ich wusste
sehr wohl, dass Björn Snorri und seine Tochter Jóhanna
auf der Insel leben, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass es
eine Rolle spielen könnte. Allerdings habe ich heute Mittag im
Rundfunk gehört, dass Björn Snorri gestorben ist. Die
Reihen meiner ehemaligen Kollegen lichten sich immer
mehr.«
    »Bestand zwischen Björn
Snorri und Gaston Lund ein gutes
Verhältnis?«
    Friðrik blickte Dagbjartur
verwundert an. »Worauf willst du
hinaus?«
    »Du hast gesagt, dass der
Professor sich manchmal mit seinen isländischen Kollegen wegen
der Handschriften angelegt hat.«
    Friðrik lächelte.
»Björn Snorri hat sich nicht wegen der Handschriften
gestritten. Er war einer der wenigen Isländer, die
überhaupt keine Meinung dazu hatten, wo sich diese
Handschriften befinden sollten. Ihn interessierte nur, dass

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