Das Raetsel von Flatey
der
immer in der Nähe war und niemals fehlte, nämlich mit der
kleinen Jóhanna. Und solche Augenblicke nutzte er dazu, um
neue Perspektiven auszuloten. Er konnte sogar mitten in einem
Vortrag in einer unbekannten Stadt plötzliche geniale
Eingebungen bekommen. Von dem Augenblick an, wo ihm das alles
genommen worden war, zog er sich vollkommen in sich selbst
zurück. Er konnte sich auf nichts mehr konzentrieren, und
alltägliche Verrichtungen verschafften ihm keine Befriedigung.
Er wurde schwermütig und betäubte den Schmerz mit
Alkohol. Das konnte nur auf eine Weise
enden.«
Friðrik schaute auf seine Uhr und
stand auf, aber Dagbjartur blieb stur sitzen. »Was glaubst
du, wie Björn Snorri reagiert hat, als Gaston Lund in Flatey
auftauchte?«, fragte er.
Friðrik zuckte die Achseln.
»Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung. Vielleicht ist er
arrogant und abweisend gewesen, das konnte hin und wieder
vorkommen. Aber genauso gut kann es auch sein, dass sie sich
über das Wiedersehen gefreut haben. Das finde ich eigentlich
wahrscheinlicher.«
»Wäre es denkbar, dass
sich Björn Snorri an Gaston Lund hätte rächen
wollen?«
Friðrik setzte sich wieder und
blickte erstaunt auf Dagbjartur. »Was meinst du
damit?«
»Dass er vielleicht dahinter
steckt, dass Lund auf dieser Insel endete.«
»Björn Snorri ist in den
letzten Jahren schwer krank gewesen«, sagte
Friðrik.
»Aber seine
Tochter?«
»Willst du damit sagen, dass
Jóhanna Thorvald ihm so etwas hätte antun
können?«
»Ja.«
Friðrik stand rasch auf.
»Jóhanna war mir in den Jahren, wo sie mit meinem Sohn
zusammen war, wie eine Tochter. Ich lasse nicht zu, dass man so
über sie redet«, erklärte er und ging zur
Tür.
»Ich muss dich bitten, mich zu
entschuldigen. Meine Frau wartet«, sagte er.
Dagbjartur stand auf und sagte:
»Verzeihung. Ich habe nicht vorgehabt, dir zu nahe zu treten,
und ich werde dich nicht länger aufhalten. Aber könntest
du mir vielleicht jemanden nennen, der die beiden gut
kennt?«
»Meine Tochter Kristín
hat zur gleichen Zeit Medizin studiert wie Jóhanna. Sie sind
seitdem immer in Kontakt gewesen. Kristín arbeitet als
Ärztin am Nationalkrankenhaus. Du solltest mit ihr
sprechen.«
Dagbjartur war auf dem Weg hinaus,
drehte sich aber in der Tür um und frage in entschuldigendem
Ton: »Aber die Mutter von Gaston Lunds Kind. Hast du eine
Vorstellung, wo ich Informationen über sie bekommen
kann?«
Friðriks Gesichtsausdruck war
ernst. »Hast du von Árni Sakarías etwas
über das Flatey-Rätsel erfahren?« »Ja.«
»Hast du ihn nach Gaston Lund gefragt?«
»Nein.« »Das solltest du aber
tun.«
»16. Frage: Der mächtigste
Zauberer. Buchstabe eins.
Der Zwerg Svasi kam einmal am
Weihnachtsabend zu König Harald Haarschön, und durch
Zauberei gelang es ihm, dessen Begierde auf eine finnische Frau mit
Namen Schneefried zu richten. Harald nahm sie zur Frau, und er
liebte sie über alles, denn dank der Zauberkünste von
Svasi schien sie ihm schöner als alle anderen Frauen zu sein.
Als Schneefried starb, wurde der Schleier Svasanautur über sie
gebreitet, der so zauberisch war, dass Harald diesen leuchtenden
und herrlichen Körper nicht bestatten wollte, sondern drei
Jahre neben ihm wachte. Dann aber schlug ein weiser Ratgeber vor,
dass der Schleier von der Leiche entfernt würde, und das
geschah. Zum Vorschein kam, wie zu vermuten, ein verwester und
übel riechender Leichnam. Danach waren König Harald
Zauber und Magie so zuwider, dass er so etwas nicht in seinem Reich
duldete.
Die Antwort ist Svasi, und der erste
Buchstabe ist S.«
Dreiunddreißig
Nach dem Pfingstgottesdienst in der Kirche von Flatey tranken die
Gemeindemitglieder am Hang unterhalb der Kirche Kaffee. Das Wetter
war immer noch so schön, wie es nur sein konnte, und deswegen
hielt man sich draußen auf, aber sonst wäre das
Gemeindehaus geöffnet worden. Die Leute von den inneren Inseln
packten ihren Proviant aus, und bald bildeten sich kleine Gruppen
je nach Alter und Geschlecht. Gemeindevorsteher Grímur stand
in einer Gruppe mit älteren Inselbauern. Zunächst drehte
sich das Gespräch um den Dänen, der in Ketilsey
umgekommen war. Einer der Bauern von den inneren Inseln war der
Meinung, dass ausländische Piraten den Mann dort an Land
gesetzt hatten. Vielleicht sogar auch einen Schatz. Hatte man nach
so etwas gesucht? Grímur erklärte, dass bei der
Ermittlung in Ketilsey kein Schatz zutage gekommen sei. Dann wurde
prophezeit, dass es jetzt in
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