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Das Rattenloch

Das Rattenloch

Titel: Das Rattenloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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unfreundlichen oder abweisenden Ausdruck.
    Die Ratte hielt sie auch weiterhin gegen ihre Brust gedrückt.
    »Hi«, sagte Suko. »Wohnst du hier?«
    »Ja. Warum willst du das wissen?«
    »Ach, nur so.«
    »Aber du bist fremd, nicht?«
    »Kann man wohl sagen.« Um Vertrauen aufzubauen, erzählte Suko ihr, woher er kam und fügte auch seinen Namen hinzu.
    Er sah, dass sich die Haltung der Kleinen veränderte. Interesse funkelte in ihren Augen. »Aus London kommst du?«
    »Sicher.«
    »Das ist eine tolle Stadt.«
    »Glaube ich auch. Kennst du sie?«
    »Nein.« Ihre Stimme erhielt einen traurigen Klang. »Aber ich habe viel über London gesehen. Immer im Fernsehen. Das war richtig toll. Anders als hier.«
    »Bestimmt.« Suko lächelte. »Wie heißt du denn?«
    »Lorna.«
    »Gut.«
    »Wieso?«
    »Ein toller Name.«
    »Mir gefällt er nicht. Aber meiner Ma.«
    »Und sonst geht es dir gut, Lorna?«, erkundigte sich der Inspektor.
    »Klar. Das siehst du doch.«
    Suko lachte. »Bestimmt, das sehe ich. Was ist denn mit der Ratte. Hast du sie gezähmt?«
    »Nein, das nicht. Ich habe sie nicht in meiner Wohnung. Sie ist trotzdem toll. Sie lebt im Freien. Viele Ratten leben im Freien. Die meisten sogar.«
    »Da hast du Recht. Aber hier in Gateside wohnen besonders viele, habe ich den Eindruck. Mehr als woanders. Das ist schon etwas seltsam, findest du nicht auch?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ich habe mich daran gewöhnt. Mir tun sie nichts.« Sie streichelte das Fell des Tieres, und ihre Lippen zeigten dabei ein breites Lächeln. »Aber du hast Recht. Es gibt andere Menschen, die mögen keine Ratten, und das merken sie. Sie wissen genau, wer sie mag und wer nicht.«
    »Ja, das kann ich mir denken. Dann lassen sie sich nicht streicheln, nehme ich an.«
    »Nein, bestimmt nicht. Dann ist alles anders. Dann können sie auch beißen.« Sie kam näher und legte den Kopf schief. »Was ist denn mit dir? Magst du Ratten?«
    Suko wiegte den Kopf. »Ich will ehrlich sein, Lorna, ich kenne Tiere, die mir sympathischer sind.«
    »Dachte ich mir.«
    »Ist das schlimm?«
    Sie blieb stehen. Und zwar so nah, dass die Ratte Suko mit einem Sprung erreicht hätte, was er sich natürlich nicht wünschte. »Nein, das ist nicht schlimm. Du bist wenigstens ehrlich. Das finde ich toll. Nicht alle sind so.«
    »Aber auch nicht alle Ratten.«
    »Wie meinst du das?«
    »Dass sie so friedlich sind.«
    Lorna zuckte mit den Schultern. »Wenn man sie nicht jagt, schon. Sie sind nun mal hier und fertig.«
    »Ja, das stimmt schon. Es ist nur für mich etwas ungewöhnlich, verstehst du? So viele Ratten auf einmal bekommt man nur selten zu Gesicht. Wo kommen sie eigentlich her? Hast du da eine Ahnung, Lorna?«
    »Aus den Bergen.«
    »Aha. Dann sind es Bergratten.«
    »Sie leben da.«
    »Und weiter?«
    »Sie haben eine Freundin.«
    »Ach.« Suko zeigte ein erstauntes Gesicht. »Ratten, die eine Freundin haben?«
    »Ja, so ist es.«
    »Wie sieht die Freundin denn aus?«
    Lorna überlegte nicht lange. »Die Freundin ist ein Mensch. Eine Frau. Eine besondere Frau, die mit ihnen lebt. Sie hat sich in die Berge zurückgezogen, und sie ist wunderschön.« Der Blick der Kleinen bekam etwas Träumerisches. »Ja, sie ist eine wunderschöne Frau, die sich dort mit den Ratten zusammengetan hat.«
    »Das kann ich nicht glauben!«
    »Doch, es stimmt!«
    Suko erkannte, dass er einen Fehler begangen hatte. Lorna’s Gesicht verzog sich. Sie sah aus, als wollte sie jeden Moment zu weinen beginnen. Ihre Lippen zuckten, und die Ratte auf ihrem Arm wurde plötzlich unruhig.
    »So habe ich das nicht gemeint, Lorna.« Suko wollte retten, was zu retten war.
    »Hast du aber! Du bist wie die anderen Leute hier. Keiner glaubt mir so richtig. Aber ich habe sie gesehen. Sie war mal hier. Und ich habe auch die vielen Ratten gesehen, die ihr gefolgt sind. Sie ist eine Freundin der Tiere. Die lieben sie.«
    »Klar, ich glaube dir. Ich brauche dich ja nur anzuschauen, Lorna. Tut mir Leid.«
    Sie schüttelte den Kopf und schlug ein anderes Thema an. »Heute war schon ein Fremder hier.«
    »Ach – ja?« Suko wusste, von wem Lorna sprach, aber er sagte nichts dazu. »Hat er die Ratten auch gesehen?«
    »Eine.«
    »Wo denn?«
    »Im Geschäft.«
    Suko musste weiterhin den Erstaunten spielen. »Im Geschäft?«, wiederholte er flüsternd. »Nun ja, ich weiß nicht, was die Ratten dort zu suchen haben...«
    »Sie müssen auch essen. Es ist nicht gut, wenn sie hungrig sind. Nein, das ist nicht gut –

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