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Das Regenwaldkomplott

Das Regenwaldkomplott

Titel: Das Regenwaldkomplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann, der tu's. Senhores, es geht runter.«
    Gilberto nahm das Gas weitgehend weg und schwebte fast im Gleitflug auf das grüne wogende Baummeer zu. Einzelne Riesenbäume überragten die geschlossene grüne Decke, ihre breiten Kronen waren wie ein gespreizter Fächer oder wie eine große Schüssel, auf der die wasserhaltenden Riesenbromelien wie kleine Inseln schwammen. Gilberto drückte die Maschine noch tiefer und schwebte dicht über den Baumwipfeln.
    »Das ist Wahnsinn«, stammelte André do Rego. »Wir werden von den Ästen in Stücke gerissen. Heilige Mutter Gottes!«
    »Die kann nicht helfen!« brüllte Gilberto zurück. »Die ist nie geflogen.«
    Das Stottern des Motors rüttelte alle durcheinander. Gilberto nahm das Gas fast völlig weg, und die durch die rasende Umdrehung bisher nicht sichtbaren Propellerflügel wurde erkenntlich. Mit einem Hebel stellte der Pilot den Motor aus, der Propeller stand still. Im Gleitflug setzte die Maschine zur Landung auf den Baumkronen an.
    »Achtung, Senhores!« schrie Gilberto. »Festhalten! In zehn Sekunden kracht es!«
    Zehn Sekunden … welch eine unendliche Zeit, wenn das Leben daran hängt.
    Gilberto saß kerzengerade hinter seinem Steuer und sah die Fächerkrone eines Riesenbaumes auf sich zugleiten. Wenn seine Berechnung stimmte, mußte das Fahrwerk sich in dem Geäst verfangen und das Flugzeug bremsen, so wie Kampfflugzeuge auf einem Flugzeugträger landen, indem sie mit einem ausgefahrenen Haken in die Fangleine rasen.
    Gilbertos Rechnung ging auf. Im Gewirr der Äste hakte sich das Fahrwerk fest, die kleine Maschine wurde herumgerissen, Glas splitterte, ein Flügel brach ab, der Propeller verbog sich zu einer Sichel, das Leitwerk wurde weggerissen, und durch die Aluminiumhaut des Rumpfes bohrten sich armdicke Äste. Aber die Maschine stand und blieb auf der Baumkrone liegen, sie neigte sich nur etwas nach vorn.
    Gilberto wischte sich mit beiden Händen über das schweißnasse Gesicht. »Uff!« sagte er in die plötzlich lähmende Stille hinein. »Nichts explodiert. Wir haben's geschafft. So 'ne Landung glaubt mir keiner.« Er winkte mit beiden Armen. »Aussteigen, Senhores. Endstation!«
    Minho, der vorn neben Gilberto gesessen hatte, drehte sich nach André um, der vor Schreck anscheinend stumm geworden war. Der Zoologe erstarrte, zog das Kinn an und schloß einen Moment die Augen.
    »Gilberto, blicken Sie mal nach hinten«, sagte er mit zitternder Stimme. Der Pilot drehte sich um, sah André an und atmete dann schwer und pfeifend wie ein lecker Blasebalg.
    »O merda ! O merda !«
    André do Rego hing in den Gurten auf seinem Sitz. Durch das zersplitterte Fenster neben ihm hatte sich ein dicker Ast gebohrt, der jetzt wie eine Lanze in seiner Brust stak. Der rettende Baum hatte ihn aufgespießt. Das Entsetzen lag noch in seinen Augen, aber er hatte keine Zeit mehr zu einem Aufschrei gehabt. Nicht einmal Blut sickerte aus seiner Brust: Der Ast steckte wie ein Korken in der Wunde.
    »Was nun?« fragte Minho. Seine Stimme war heiser. Er räusperte sich ein paarmal.
    »Eine gute Frage, auf die es keine Antwort gibt.«
    »Wo sind wir hier?«
    »Nach den automatischen Berechnungen 150 Kilometer vom Rio Parima entfernt. Mitten in der Wildnis. Hier findet uns keiner.«
    »Es fliegen doch laufend andere Flugzeuge nach Surucucu und Novo Lapuna. Die sehen uns doch.«
    »Eben nicht, Senhor.« Gilberto hob die Schultern, als wolle er damit um Verzeihung bitten. »Ich habe eine Abkürzung geflogen und nicht die normale Flugstrecke. Wir hätten fünfzig Kilometer gespart.«
    »Wie schön!« Minho blickte über das grüne, wogende Meer der Baumwipfel. Zwei große Adler einer unbekannten Art zogen weite Kreise um die Trümmer im Geäst. »Dann müssen wir zu Fuß weiter, wie die alten Entdecker, mit Kompaß und Gottvertrauen. Bis wir auf Menschen treffen.«
    »Die uns mit Blaspfeilen spicken und zu Schrumpfköpfen verarbeiten.«
    »So etwas gibt es nicht mehr, Gilberto.«
    »Wissen Sie das so genau, Senhor? Hier ist noch nie ein Weißer gewesen, keiner weiß, was da unten auf der Erde lebt an Tieren und Menschen.«
    »Das werden wir jetzt erfahren. Oder wollen Sie hier oben bleiben und als Einsiedler leben?«
    »Nicht mit Begeisterung.« Gilberto zeigte mit dem Daumen nach hinten. »Und was machen wir mit ihm?«
    »Wir werden ihn hinunterbringen und begraben.«
    »Einfacher ist, ihn in der Maschine zu lassen. In ein paar Tagen ist er ausgetrocknet, in ein paar Wochen zerfällt

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