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Das Reich der Dunkelheit

Das Reich der Dunkelheit

Titel: Das Reich der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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dich nicht!“
    „Was ist los?“
    „Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, die Treppe schwankt. Rühr dich nicht vom Fleck! Ich geh mal nachschauen.“
    Er hält sich am Geländer fest und geht ganz vorsichtig hinunter, Stufe für Stufe. Unten angekommen, gibt er mir ein Zeichen, mich nicht zu bewegen.
    „Warte da!“, ruft er. „Ich hole Hilfe!“
    Er geht hinaus, um seine Kollegen zu suchen. Ich versuche, in die Bibliothek zu spähen, die ja keine Türen mehr hat. Der Saal ist einfinsteres, schmutziges Loch, in dem es kein Leben mehr gibt. Die Regale sind umgekippt oder haben Schlagseite, die Bücher liegen auf dem Boden verstreut. Viele sind völlig verbrannt, andere türmen sich zu rauchenden oder nassen Stapeln auf. Der Anblick ist demoralisierend. Wenn man die Bibliothek in ihrer ganzen Pracht gesehen hat, vollgestopft mit außergewöhnlichen Büchern und Dokumenten, dann erfüllt einen bei dem Anblick eine unsägliche Trauer.
    Ich muss einfach hineingehen, das Bedürfnis ist stärker als ich. Ich betrete den großen Saal und betrachte schweigend die Auswirkungen der Katastrophe.
    Da geschieht etwas Unerwartetes.
    Einige der Buchexemplare bewegen sich! Mehrere Bände aus dem Mittelalter heben vom Boden ab. Sie schweben! Die Bücher und Pergamente schweben in der Luft! Aber das Ungeheuerlichste ist, ich habe das Gefühl, sie sehen mich an! So als wollten sie mich begrüßen …
    Die Bücher fliegen auf mich zu und formieren sich wie ein Geschwader von Kampffliegern. Einige bewegen die Seiten auf und ab, so als wären es Vögel, die mit den Flügeln schlagen. Es ist, als wollten sie mir etwas sagen … oder als erwarteten sie meine Befehle.
    „Ich werde tun, was in meiner Macht steht, um euch zu retten!“, sage ich feierlich. „Ich schwöre es euch!“
    Mit Tränen in den Augen verlasse ich den Bibliothekssaal. Ich drehe mich noch einmal um … und sehe, wie die Bücher sich wieder genau an der Stelle niederlassen, an denen sie vorher gelegen haben. Ich bin verwirrt und gerührt.
    „Wo bist du, Junge?“, schreit der Feuerwehrmann. „Hörst du mich?“
    „Ja, Señor! Ich bin hier!“
    „Wir stellen jetzt eine Drehleiter bereit, über die kannst du runterkommen!“
    „In Ordnung!“
    „Hab keine Angst, es besteht keine Gefahr!“
    Die Drehleiter wird herangeschoben. Ich steige hinüber und klettere hinunter.
    „Das hast du super gemacht, Junge“, lobt mich der Mann. „Glückwunsch!“
    Alle klatschen Beifall.
    „Das war sehr tapfer von dir“, sagt ein anderer Feuerwehrmann. „Reife Leistung!“
    Als ich die Stiftung verlasse, zittern mir die Knie. Metáfora und Hinkebein warten auf der anderen Straßenseite auf mich, außerhalb der Sicherheitszone. Ich gehe zu ihnen hinüber.
    „Hast du gefunden, was du gesucht hast?“, fragt mich Metáfora.
    „Ja, aber da drin sieht es ganz furchtbar aus“, antworte ich, und dann füge ich wütend hinzu: „Wir müssen die Täter unbedingt finden, Hinkebein!“
    „Ich war bei Escoria“, sagt er. „Sie wird uns dabei helfen.“
    „Lasst uns hier abhauen“, drängt Metáfora. „Der Anblick deprimiert mich.“
    Bevor wir gehen, werfe ich noch einmal einen Blick auf die Überreste der Stiftung.
    „Ich muss die Bücher da rausholen“, murmle ich. „Ich muss sie retten.“
    „Aber Arturo, die Bücher sind vernichtet“, erinnert mich Hinkebein. „Fast alle sind verbrannt oder durch das Löschwasser zerstört. Sie sind für immer verloren!“
    „Das ist mir egal! Ich will sie wiederhaben!“
    „Und wo willst du sie aufbewahren?“, fragt Metáfora. „Es sind unheimlich viele.“
    „Da wird mir schon was einfallen“, erwidere ich.
    „Ich hab da gerade so eine Idee“, sagt Hinkebein. „Vielleicht kann ich dir helfen.“

XV
    D IE F ESTUNG WIRD GESTÜRMT
    Z USAMMEN MIT DEM ersten Hahnenschrei ertönten die Fanfaren des Krieges. Nachdem Arturos Truppen stundenlang Steine gegen die Mauern der demoniquianischen Festung geschleudert und unzählige Pfeile abgeschossen hatten, gingen sie zum Sturmangriff über.
    Die alte römische Mauer erwies sich als äußerst widerstandsfähig. Den ganzen Vormittag über hielt sie dem Ansturm stand. Doch die Soldaten, die sie verteidigten, zahlten einen hohen Preis. Die Zahl der Todesopfer ging in die Dutzende.
    Und das Schlimmste stand noch bevor: Die Infanteriesoldaten rückten mit den Belagerungstürmen vor, ausgerüstet mit Leitern, Enterhaken und leichten Waffen wie etwa den gefürchteten emedianischen

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