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Das Reich der Dunkelheit

Das Reich der Dunkelheit

Titel: Das Reich der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santiago García-Clairac
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nicht wieder versuchen wird.
    „Er erzählt überall herum, dass du verhext bist“, hat Cristóbal mir vor ein paar Tagen berichtet. „Sagt, dass es besser ist, dich wie Luft zu behandeln.“
    Tatsächlich, meine Klassenkameraden gehen mir aus dem Weg. Mehr noch als früher. Und jetzt weiß ich auch, warum.
    Soeben ist der Spanischunterricht zu Ende. Metáfora und ich verabschieden uns von Norma. Sie hat angekündigt, dass sie morgen vom Feudalsystem und von den großen Legenden sprechen wird. Ich freue mich schon darauf.
    „Mama, ich gehe mit Arturo zur Stiftung“, sagt Metáfora. „Wir haben was zu erledigen.“
    „Gut, aber komm nicht zu spät nach Hause“, antwortet Norma. „Du weißt, dass ich es nicht gerne sehe, wenn …“
    „Guten Tag zusammen“, begrüßt uns mein Vater, der soeben in die Klasse gekommen ist. „Kann man an eurem Geheimtreffen teilnehmen?“
    „Das ist kein Geheimtreffen“, erwidert Norma. „Die beiden haben mir gerade gesagt, dass sie in der Stiftung irgendetwas zu erledigen haben.“
    „Sollen sie! Ich muss unbedingt mit dir reden, Norma. Bis später, ihr zwei!“ Das hört sich an wie ein Rauswurf.
    „Bis später, Papa.“
    „Wartet mal“, bittet uns Norma. „Jetzt, wo wir gerade hier zusammen sind, möchte ich euch sagen, dass Metáfora in ein paar Tagen Geburtstag hat und ich daran gedacht habe, eine Party zu geben.“
    „Davon hast du mir ja gar nichts erzählt, Mama“, sagt Metáfora. „Ich wusste nicht, dass …“
    „Dass du Geburtstag hast?“, fragt Papa lachend. „Weißt du nicht mehr, wann du geboren bist?“
    „Ich wusste nicht, dass wir eine Party geben.“
    „Wir haben Metáforas Geburtstag schon seit Jahren nicht mehr gefeiert“, erklärt Norma. „Und ich glaube, wir sollten das ändern. Findest du nicht auch, mein Kind?“
    Metáfora schaut nachdenklich drein. Ich habe den Eindruck, dass sie traurig ist.
    „Seit ihr Vater uns verlassen hat, wollte sie ihren Geburtstag nicht mehr feiern“, erklärt ihre Mutter. „Was meinst du, Metáfora? Willst du sie nun einladen oder nicht?“
    „Ja, natürlich, Mama“, antwortet Metáfora nach einer Weile. „Ich glaube, du hast recht.“
    „Also, abgemacht! Nächsten Freitag findet bei uns zu Hause eine kleine Familienfeier statt. Wir rechnen mit eurem Kommen. Und ich will keine Ausflüchte hören“, lacht Norma. „Um neun bei uns.“
    „Oder sollen wir uns lieber in der Stiftung treffen?“, fragt mein Vater. „So wie bei Arturos vierzehntem Geburtstag?“
    „Nein, besser bei uns zu Hause“, antwortet Norma.
    Offenbar will sie Papa zu verstehen geben, dass er in der Stiftung nicht mehr tun und lassen kann, was er will, und dass er Stromber um Erlaubnis bitten müsste. Doch keiner spricht das Thema offen an.
    „Gut, einverstanden“, antwortet mein Vater schließlich, und der Ton in seiner Stimme lässt keinen Zweifel daran zu, was ihm gerade durch den Kopf geht. „Wir machen es so, wie du gesagt hast.“
    „Also, wir gehen dann jetzt“, sagt Metáfora entschlossen. „Wir haben etwas Wichtiges zu erledigen.“
    Wir gehen die Treppe hinunter und verlassen das Gebäude. Erst auf dem Schulhof bemerken wir, dass es regnet. Cristóbal kommt angelaufen, wobei er den Pfützen ausweichen muss.
    „Hallo, Arturo! Hallo Metáfora!“, begrüßt er uns. „Wohin geht ihr?“
    „Zur Stiftung“, antwortet Metáfora. „Wir müssen Hausaufgaben machen.“
    „Also wirklich, man könnte meinen, ihr wärt verheiratet! Ihr seid ja unzertrennlich!“
    „Hör mal, Kleiner, du solltest bei deinen Klassenkameraden sein“, sage ich zu ihm. „Misch dich nicht immer in Dinge ein, die nur Erwachsene etwas angehen. Und merk dir eins: Wir sind nicht verheiratet!“
    „Ist ja schon gut … Übrigens, was hältst du davon, wenn ich mir den Schädel rasiere, so wie du?“
    „Red keinen Unsinn! Ich hatte meine Gründe dafür.“
    „Ach ja? Ich wüsste wirklich gerne, warum sich einer den Kopf kahl rasiert!“, sagt er neugierig. „Du siehst aus wie ein mittelalterlicher Pilger. Du weißt schon, einer von diesen Rittern, die ein Gelübde ablegen und sich dann auf die Suche nach dem Heiligen Gral machen oder sich den Kreuzzügen anschließen …“
    „Glaub bloß nicht, ich würde dir den Grund dafür auf die Nase binden, du Zwerg! Das ist meine Privatsache. Aber ich rate dir, mach es mir lieber nicht nach. Die Leute gucken dich an wie einen komischen Vogel. Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid ich es bin,

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