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Das Reich der Katzen (German Edition)

Das Reich der Katzen (German Edition)

Titel: Das Reich der Katzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisha Bionda
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lag. »Lasst uns erst einmal sehen, was
sich hinter den alten Gesteinsbrocken verbirgt. Den Friedhof nehmen wir morgen
bei Tageslicht unter die Lupe.«
    Sie folgten ihm. Stumm und ängstlich. Vorbei an den Gräbern, was
allein schon sehr gruselig gewesen wäre. Aber Onisha meinte auch noch zu allem
Überfluss eine leise Stimme zu hören. Eindeutig eine Frauenstimme, die ihr
etwas in einer fremden Sprache zuflüsterte.
    Genau genommen waren es nur zwei Worte: Bastet und Sachmet.
    Sie erreichten die ersten Klostermauern. Besser gesagt, das, was
davon übrig geblieben war. Bei näherem Hinsehen bemerke Onisha, warum das
Ordenshaus »Schwarzes Kloster« genannt wurde. Es musste durch ein verheerendes
Feuer fast bis auf die Grundmauern niedergebrannt sein, denn die kümmerlichen
Reste waren mit einer dicken schwarzen Rußschicht bedeckt. So einfach ist das,
dachte Onisha, da ist nichts Mystisches dran. Das Ding ist einfach verkohlt.
Mehr nicht.
    Doch so einfach war es natürlich nicht. Aber das sollte Onisha
erst später feststellen.
    Die Klosterruine schloss in einer U-Form
einen großen Platz mit einem alten Ziehbrunnen ein. Die Kirche des Klosters
stand auf einer kleinen Anhöhe und überragte so den Gebäudetrakt. Im Gegensatz
zu der Klosterruine war sie überraschend gut erhalten. Als habe eine höhere
Macht dafür gesorgt, dass gerade das Gotteshaus von dem Brand verschont
geblieben war. Onisha fragte sich, welche Macht es gewesen war. Ben ging
schnurstracks auf den Innenhof zu. Als würde dort jemand auf ihn warten. Er
stakste über verkohlte Holzbalken und Mauerreste und wollte gerade mit einem
eleganten Sprung in den Innenhof gelangen, als Fleur ihm zuflüsterte: »Sieh nur
die Katzen!«
    Onisha und Twinky sahen sofort, was Fleur derart in Aufregung
versetzte. Aus allen Himmelsrichtungen strömten Katzen herbei. Wohlgemerkt schwarze Katzen. An keinem der Tiere war auch nur ein einziger weißer Fleck. Sie marschierten
nach einem bestimmten Muster herbei. Einstudiert und äußerst präzise. Die
Zusammenkunft ging völlig lautlos vonstatten. Onisha gruselte es förmlich.
Besonders als sie sah, dass die Katzen einen Kreis bildeten. Dreizehn Katzenkörper
so dicht nebeneinander, dass sich ihr Fell berührte.
    »Ich bin gespannt, was das Ganze soll«, murmelte Ben. »Beobachten
wir das Schauspiel noch ein Weilchen.«
    Onisha und Fleur nickten. Nichts hätte sie in diesem Augenblick
von der Stelle gebracht.
    Die Katzen saßen erst still da. Als ob sie meditierten. Nur ihre
gelben Augenschlitze verrieten, dass Leben in ihnen steckte. Dann, Onisha kam
es vor, als wäre mindestens eine Stunde vergangen, gaben sie leise lang
gezogene Laute von sich. Es klang beinahe wie Gesang. Besser gesagt, es war Gesang.
    Beschwörend und unheimlich. Er wurde lauter. Schwoll an und mit
jeder Tonfolge begannen sich die dunklen Katzenkörper hin und her zu wiegen.
Erst langsam, dann schneller und immer schneller.
    »Ich werd verrückt«, entfuhr es Ben. »So was hab ich noch nie
gesehen. Wenn wir das den anderen erzählen ...«
    »Werden sie kein Sterbenswörtchen glauben«, fiel ihm Fleur ins
Wort. »Ich würde es auch nicht, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen
hätte.«
    Der Gesang verstummte. Der Kreis löste sich auf. Die Tiere
erhoben sich und bewegten sich immer noch in einem bestimmten Rhythmus, aber
sie wurden von Minute zu Minute ausgelassener. Balgten übermütig herum. Aber
selbst dabei wirkten sie irgendwie seelenlos, wie aufgezogene Puppen. Es sah so
aus, als jagten sie ihre Schatten. Doch nach längerer Betrachtung kam es Onisha
wie ein ritueller Tanz vor.
    Jetzt bildeten die Katzen wieder einen Kreis, einen Zirkel. Den
magischen Zirkel der dreizehn. Gaben dabei undeutliche Laute von sich, die an
fremdländische Gebete erinnerten. Onisha meinte einige Male ERHÖRE UNS, OSIRIS
zu verstehen. Aber das konnte ebenso ein Produkt ihrer überspannten Nerven
sein. Wahrscheinlicher noch eine Vision ihrer regen Fantasie. Nach den Träumen,
die sie immer regelmäßiger heimsuchten, war das auch kein Wunder. So redete sie
es sich zumindest ein. In dem hilflosen Versuch, sich zu beruhigen. Aber das
gelang ihr nur kümmerlich.
    Im Morgengrauen löste sich die gespenstische Zusammenkunft wieder
auf. Onisha konnte immer noch nicht fassen, was sie gesehen hatte. Sie hatte
früher schon Katzenzusammenkünfte gesehen. Aber die waren völlig anders gewesen.
Dort hatte zumeist ein Anführer eine wild zusammengewürfelte

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