Das Reich der Katzen (German Edition)
Dann wurde sie
schlagartig ernst. »Doch nun zu dem, was mir zu schaffen macht.« Sie erzählte
Twinky von den Träumen. Sprach auch über das telepathische Band, das Fleur und
sie verband, aber jetzt zu verblassen schien. Twinky hörte ihr aufmerksam zu,
nickte hin und wieder oder schüttelte den Kopf.
Als Onisha endete, schwieg die Schildpattkatze eine Weile. Dann
sah sie Onisha freundlich an. »Ich glaube, das telepathische Band ging von dir
aus. Du hast einen sehr starken Willen, Onisha. Woher auch immer er stammt.
Wenn ich bedenke, wie du bisher gelebt hast, erstaunt es mich immer mehr. Aber
das Band entstand nur aus einem Grund: Weil du so sehr wolltest, dass Fleur
zusammen mit dir Bastets Nachfolge antritt.«
»Jetzt fang du nicht auch noch damit an!«, beschwerte sich
Onisha. »Ich glaube, es ist keine von uns, geschweige denn wir beide.«
»Wer soll es dann sein? Dass es einer von uns ist, hat Valentin
schon bestätigt. Niemand vor uns ist bis in die Geheimkammer vorgedrungen.«
»Das kann reiner Zufall sein«, zweifelte Onisha.
Twinky stieß einen undefinierbaren Laut aus. »Das glaubst du doch
selbst nicht.«
Onisha neigte den Kopf und erwiderte leise und undeutlich: »Dann
ist es Ben. Immerhin hat er auch die Klapptür gefunden.«
»Das mag sein, aber du warst diejenige, die das Geheimfach und
somit das Pergament ‚Das Buch der Tore’ gefunden hat, und du allein trägst den
Stein der Weisen.«
»Alles Zufall«, widersprach Onisha. Sachmet , flüsterte da
wieder die Stimme in ihr, Sachmet, ich grüße dich . Ich will das nicht
mehr, dachte Onisha, ich will diese fremde Stimme nicht mehr in mir. »Alles
Zufall«, wiederholte sie und versuchte soviel Überzeugung in ihre Stimme zu
legen, dass sie selber daran glaubte.
»Wohl kaum. Rocky und Corey sind es nicht, Ben ist es nicht und
ich ...« Twinky zögerte.
»Ja? Was ist eigentlich mit dir?«, warf Onisha ein.
Twinky lächelte traurig. »Wie Fleur bereits erwähnt hat, mache
ich nicht einmal meinem Namen als Glückskatze alle Ehre. Da tauge ich sicher
erst recht nicht zur Göttin.«
Onisha musterte die dreifarbige Katze. Sie sah Twinky plötzlich
in einem völlig neuen Licht. »Wer weiß«, warf sie nachdenklich ein. »Wer weiß.«
Valentin drängt wenig später zum raschen Aufbruch. »Wir müssen
allmählich einen Plan entwickeln, wie wir Lavina in die Knie zwingen.« Er
lächelte müde. »Zumindest sollten wir es versuchen.«
Rocky hatte, seit er die letzte Prise Mut, die in seinem tiefsten
Inneren schlummerte, zum Vorschein gebracht hatte, die nervtötende
Angewohnheit, Herkules zu spielen. Er stolzierte mit geschwellter Brust vor
seinen Freunden umher. »Also, los«, kommandierte er wie ein Miniatur-Napoleon.
»Zwingen wir Lavina in die Knie.«
»Sieh dir mal den Angeber an«, gluckste Fleur.
»Beachte ihn gar nicht«, flüsterte Onisha. »Sonst wird er noch
eingebildeter. Und das wäre wirklich nicht auszuhalten. Ein Held, der
ohnmächtig vor seine Krieger fällt.«
»Weißt du einen Rat, wie wir an Lavina herankommen?« Ben sah
Valentin herausfordernd an. »Schließlich bist du doch der große Seher.«
Valentin ließ sich von dem Tonfall nicht beirren. »Lavina lebt in
einem Magier-Verbund. Magier, die sich alle der schwarzen Magie verschrieben
haben. Mit ihnen zusammen lebt sie im Tal der Träume. Dort müssen wir sie aufstöbern.«
Onisha war bei der Erwähnung des Tals merklich zusammengezuckt. Das war
Valentin nicht entgangen. Seine Augen ruhten besorgt auf ihr. Aber Onisha
entging sein fürsorglicher Blick. So seufzte er leise vor sich hin und sprach
weiter: »Lavinas Magie nimmt Einfluss auf unsere Seele. Bestimmt unsere Träume.
Geschickt manipuliert sie uns damit. Suggestion ist ihre stärkste Kraft. Sie will
Bastets Thron und die damit verbundene uneingeschränkte Macht über das Reich
der Lebenden und der Toten. Um das zu erreichen, schreckt sie vor nichts zurück
und beseitigt jeden, der sich ihr in den Weg stellt. Die Kraft ihrer Suggestion
ist stark, aber ich will auch nicht ausschließen, dass sie sich telepathischer
Kräfte bedient. Seid also auf der Hut, sie wird versuchen, sich in euer
Unterbewusstsein zu schleichen.« Er hielt inne. »Wenn sie das nicht schon
längst hat.«
Onisha wurde bei Valentins Ausführungen speiübel. Die Träume,
dachte sie, und das telepathische Band zwischen Fleur und mir, das zerrissen
ist. Ist das nicht Hinweis genug? Hatte Lavina, um sie zu schwächen, bereits Einfluss
auf die
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