Das Reich des dunklen Herrschers - 8
erschaudern.
Owen blickte erschrocken um sich wie ein von Wölfen umringtes Kitz.
»Er war eine Bestie in Menschengestalt«, sagte Cara, die offenbar das Bedürfnis verspürte, etwas zu Richards Verteidigung vorzubringen.
»Jetzt kann das Volk D’Haras endlich voller Hoffnung in eine Zukunft blicken, in der es über sein Leben selbst bestimmen kann.«
Richard ließ sich neben Kahlan nieder. »Vorausgesetzt, es gelingt ihm, sich von der Imperialen Ordnung zu befreien.«
Gesenkten Hauptes knabberte Owen an seinem Zwieback, während er die anderen verstohlen beobachtete.
Als niemand etwas sagte, ergriff Kahlan das Wort. »Warum verrätst du uns nicht den Grund, weshalb du hergekommen bist, Owen?«
Richard vermochte ihren Tonfall sofort einzuschätzen; es war die höfliche Art der Mutter Konfessor, einem verängstigten Bittsteller mit einer freundlich klingenden Frage die Befangenheit zu nehmen.
Er senkte respektvoll kurz den Kopf. »Sehr wohl, Mutter Konfessor.«
»Sie kennst du auch?«, fragte Richard.
Owen nickte. »So ist es, Lord Rahl.«
»Woher?«
Owens Blick wanderte von Richard zu Kahlan und wieder zurück. »Ihr und die Mutter Konfessor seid überall in aller Munde. Die Geschichte, wie ihr die Bevölkerung Altur’Rangs von der Unterdrückung durch die Imperiale Ordnung befreit habt ist landauf, landab bekannt. Wer sich nach Freiheit sehnt, weiß, daß Ihr derjenige seid, der sie ihm geben kann.«
Richard runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen - ich sei derjenige, der sie den Menschen geben kann?«
»Nun, früher herrschte hier die Imperiale Ordnung. Es sind brutale Barbaren - verzeiht, aber diese Menschen sind fehlgeleitet und wissen es nicht besser, deswegen ist ihre Herrschaft so barbarisch. Vielleicht liegt der Fehler nicht bei ihnen - es steht mir nicht zu, darüber zu befinden.« Owen wandte den Blick ab und schien nach den passenden Worten zu suchen, wahrend er sich offenbar gleichzeitig, gewissermaßen als Beweis ihrer Barbarei, die Verbrechen der Imperialen Ordnung vor sein inneres Auge rief. »Aber dann seid Ihr auf den Plan getreten und habt den Menschen die Freiheit geschenkt - so wie in Altur’Rang.«
Richard fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Er mußte unbedingt mit der Übersetzung des Buches fortfahren und herausfinden, was sich hinter diesem Gegenstand verbarg, den Cara berührt hatte, und was es mit den schwarz gezeichneten Riesenkrähen auf sich hatte, die sie verfolgten; er mußte zurück zu Victor und den anderen, die den Aufstand gegen die Imperiale Ordnung angezettelt hatten; er hätte sich längst mit Nicci treffen müssen, und er mußte etwas gegen seine Kopfschmerzen unternehmen. Zumindest in dieser Angelegenheit würde ihm Nicci helfen können.
»Ich ›schenke‹ niemandem die Freiheit, Owen.«
»Sehr wohl, Lord Rahl.«
Offenbar wagte Owen nicht, Richards Worten offen zu widersprechen, doch seinen Augen war deutlich anzusehen, daß er sie nicht glaubte.
»Was genau meinst du eigentlich damit, wenn du sagst, ich schenke den Menschen die Freiheit?«
Owen biß ein winziges Stück von seinem Zwieback ab und ließ den Blick in die Runde schweifen, während er sich unsicher wand und verlegen mit den Schultern zuckte. Schließlich räusperte er sich.
»Nun ja, Ihr tut das, was auch die Imperiale Ordnung tut - Ihr tötet Menschen.« Er machte eine unbeholfene Bewegung mit der Hand, die den Zwieback hielt, so als stieße er mit einem Schwert zu. »Ihr tötet Menschen, die andere versklaven, und dann schenkt ihr den Unterdrückten die Freiheit, damit wieder Friede einkehren kann.«
Richard holte tief Luft. Er war unsicher, ob Owen es tatsächlich so meinte, wie es geklungen hatte, oder ob es ihm einfach schwer fiel, sich in Gegenwart von Personen, die ihn nervös machten, zu erklären.
»Ganz so verhält es sich nicht«, erwiderte Richard.
»Aber deswegen seid Ihr doch hierher gekommen. Jeder weiß das. Ihr seid in die Alte Welt gekommen, um den Menschen die Freiheit zu schenken.«
Die Ellenbogen auf die Knie gestützt, beugte sich Richard vor und rieb die Hände aneinander, während er überlegte, wie weit er diesen Mann über seinen Irrtum aufklären konnte. Eine Woge innerer Ruhe ging durch seinen Körper, als Kahlan ihm sachte ihre tröstliche Hand auf die Schulter legte. Er wollte unter allen Umständen vermeiden, auf die Schrecken seiner Gefangennahme und seiner Trennung von Kahlan einzugehen, damals, als er glaubte, er werde sie niemals
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