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Das Reigate-Rätsel

Das Reigate-Rätsel

Titel: Das Reigate-Rätsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sir Arthur Conan Doyle
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gesunken. Ich vertraute jedoch meiner Jugend und meiner Energie und war überzeugt, daß die Praxis in wenigen Jahren wieder blühen und gedeihen würde.
    In den drei Monaten, nachdem ich die Praxis übernommen hatte, war ich so mit meiner Arbeit beschäftigt, daß ich wenig von Sherlock Holmes sah. Ich hatte einfach zuviel Arbeit, um einen Besuch in der Baker Street zu machen. Er selber ging selten aus, es sei denn, daß er beruflich unterwegs war. Und so überraschte es mich um so mehr, als an einem schönen Junimorgen, als ich gerade nach dem Frühstück mit der Lektüre eines medizinischen Journals beschäftigt war, die Klingel gezogen wurde und ich gleich darauf die hohe, manchmal etwas harte Stimme meines alten Kameraden hörte.
    »Ah, mein lieber Watson«, sagte er, als er das Zimmer betrat. »Ich bin froh, Sie einmal wiederzusehen. Ich hoffe, daß Mrs. Watson sich von den Aufregungen und Abenteuern um die
    >Zeichen der Vier< völlig erholt hat.«
    »Danke, uns geht es beiden gut«, sagte ich und schüttelte warm seine Hand.
    »Und ich hoffe ebenfalls«, fuhr er fort und setzte sich in den Schaukelstuhl, »daß Sie nicht ganz und gar in der Sorge für Ihre Patienten aufgehen, so daß vielleicht noch ein bißchen Zeit für unsere Deduktionsprobleme bleibt.«
    »Im Gegenteil«, sagte ich, »erst gestern Abend habe ich in meinen alten Notizen geblättert und mich an alten Erfolgen gefreut. «
    »Ich will doch hoffen, daß Sie Ihre Sammlung nicht für ab geschlossen halten! «
    »Aber nein, ganz und gar nicht. Ich würde gerne noch ein paar mehr dieser Erfahrungen machen.«
    »Heute zum Beispiel?«
    »Ja, heute, wenn Sie mögen.«
    »Auch, wenn es nach Birmingham geht?«
    »Gewiß, wenn Sie es möchten.«
    »Und die Praxis?«
    »Ich habe ein Abkommen mit meinem Nachbarn getroffen. Ich helfe ihm aus, und er hilft mir aus.«
    »Aha, das könnte ja nicht besser sein«, sagte Holmes, lehnte sich im Schaukelstuhl zurück und betrachtete mich unter halbgeschlossenen Lidern aufmerksam.
    »In letzter Zeit ging es Ihnen nicht sonderlich gut. Sommererkältungen sind ziemlich ärgerlich.«
    »Ich war in den letzten drei Tagen durch einen fürchterlichen Schnupfen an das Haus gebunden.
    Aber ich denke, das ist jetzt völlig überwunden.«
    »Das ist es auch, Sie sehen bemerkenswert robust aus.«
    »Wie haben Sie es dann herausgefunden?«
    »Mein lieber Mann, Sie kennen doch meine Methoden.«
    »Sie haben es natürlich aus irgend etwas geschlossen.«
    »Gewiß. «
    »Woraus?«
    »Aus Ihren Hausschuhen.«
    Ich sah auf meine neuen Lackleder-Hausschuhe herunter, die ich an den Füßen hatte.
    »Wie um alles--«, begann ich. Doch Holmes wischte meine Frage fort, bevor ich sie noch gestellt hatte.
    »Ihre Hausschuhe sind neu«, sagte er, »Sie können sie nicht länger als ein paar Wochen haben.
    Die Sohlen, die Sie mir so schön vorführen, sind ein bißchen angesengt. Einen Augenblick dachte ich, sie seien naß geworden und hätten beim Trocknen zu dicht am Feuer gestanden. Aber an der Innenseite steckt immer noch das weiße Papierschildchen mit der Aufschrift des Schuhhauses.
    Nässe würde dieses abgelöst haben. Nein, Sie haben hier gesessen und die Füße dem Feuer entgegengestreckt. Und das täte kein völlig gesunder Mensch mitten in einem noch so verregneten Juni.«
    Wie immer erschienen mir die logischen Schlußfolgerungen Sherlock Holmes als völlig einfach, wenn sie erst erklärt waren. Er las diese Gedanken in meinem Gesicht, und in sein Lächeln mischte sich ein wenig Bitterkeit.
    »Ich zerstöre mir immer selber meinen eigenen Glorienschein, wenn ich anfange, me ine Beobachtungen zu erklären«, sagte er. »Resultate ohne Erklärung imponieren viel mehr. Sind Sie also bereit, mit mir nach Birmingham zu fahren?«
    »Gewiß, aber worum geht es denn?«
    »Das werden Sie im Zug erfahren. Mein Klient wartet mit einem vierrädrigen Wagen vor der Tür.
    Kommen Sie?«
    »In einem Augenblick.« Ich schrieb meinem Nachbarn in aller Eile eine Notiz, lief die Treppe hinauf, um meiner Frau die Sache zu erklären, und traf Holmes dann vor der Haustür.
    »Ihr Nachbar ist auch Arzt«, sagte er und wies auf das Messingschild hin.
    »Ja, genau wie ich hat er sich eine Praxis gekauft.«
    »Auch eine alteingeführte?«
    »Ja, grad wie meine. Beide Praxen bestehen, seit das Haus erbaut wurde. «
    »Ah, aber Sie haben die bessere von beiden erwischt.«
    »Das glaube ich auch, aber woher wissen Sie das?«
    »Die Stufen, mein Junge, die

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