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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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nicht wieder verlassen. Übrigens werden Sie sich morgen selbst überzeugen können, daß, wer auf São-Thiago ist, auch daselbst bleibt!«

Zehntes Kapitel.
In Quarantäne.
    Wahrlich, das Unglück verfolgte sie, die vielgeprüften Kunden der Agentur Thompson! Ja, eine mörderische Epidemie wütete auf São-Thiago und hatte seit einem Monat jede Verbindung der Insel mit der übrigen Welt unterbrochen. Tatsächlich herrschte ja ein schlechter Gesundheitszustand sozusagen normalerweise auf der Insel, die mit Recht den Namen »Die Todbringende« erhalten hat, wie das Morgan seinen Gefährten vor dem Verlassen der Salzinsel schon gesagt hatte. Das Fieber ist hier epidemisch und fordert auch in normalen Zeiten zahlreiche Opfer.
    Die Krankheit erwies sich diesmal aber außergewöhnlich ansteckend und hatte einen so gefährlichen Charakter angenommen, wie er ihr sonst nicht eigen ist. In Anbetracht der Verwüstungen, die sie anrichtete, war der Gouverneur doch etwas besorgt geworden, und um das Übel mit der Wurzel auszurotten, hatte er sich zu den strengsten durchgreifenden Maßregeln entschlossen.
    Die ganze Insel wurde auf höhern Befehl mit einem unverletzlichen Interdikt belegt. Wohl blieb es den Schiffen auch ferner erlaubt, in den Hafen einzulaufen, doch nur unter der Bedingung, hier bis zu dem nicht abzusehenden Ende der Epidemie und der Quarantäne liegen zu bleiben. Es versteht sich von selbst, daß die Paketboote und die Schiffe der langen Fahrt eine solche Sackgasse vermieden, und wirklich war vor der Ankunft der Thompsonschen Reisegesellschaft schon seit dreißig Tagen kein einziges Fahrzeug in die Bai eingelaufen.
    Hiermit erklärte sich ja das Zögern der Fischer von der Salzinsel, als sie von der Absicht hörten, daß die Fahrt nach São-Thiago gehen sollte, und ebenso ihre übereilte Flucht nach der nächtlichen Landung fern von der Stadt und an einer ungewöhnlichen Stelle. Wie die Dinge aber einmal lagen, wollten sie sich durch übertriebene Skrupel den Lohn für die Beförderung der Fremden nicht entgehen lassen, sich aber auch nicht lange Zeit von ihren Angehörigen und ihrer Heimat ferngehalten sehen.
    Die Passagiere waren ja nun auf dem Lande; wie lange aber würden sie auf der so schwer heimgesuchten Insel bleiben müssen?
    Da hiergegen aber nichts zu machen war, mußten sie sich eben mit ihrer Lage abfinden und warten und warten, wobei jeder die Zeit auf seine Weise totschlug.
    Die einen, wie Johnson und Piperboom, hatten einfach ihr gewohntes Leben wieder aufgenommen und befanden sich dabei vortrefflich. Ein Restaurant für den einen und ein Speisehaus für den andern, mehr bedurfte es zu ihrem Glück nicht. An beiden Erquickungsstätten fehlte es aber in La Praya keineswegs.
    Ihre Gefährten fanden freilich derartige Annehmlichkeiten der ihnen vom Schicksal diktierten Gefangenschaft nicht. Völlig niedergeschmettert und hypnotisiert von dem Schrecken einer möglichen Ansteckung, blieben die meisten Tag und Nacht in ihren Zimmern und wagten nicht einmal die Fenster zu öffnen. Diese Vorsichtsmaßregeln schienen sich zu bewähren. Nach acht Tagen war noch keiner von ihnen erkrankt. Dafür starben sie aber beinahe vor Langerweile und sehnten sich nach endlicher Erlösung, für die doch noch kein Zeitpunkt vorauszusehen war.
    Andre erwiesen sich energischer. Unbekümmert um den Verlauf der so unheilschwangern Epidemie, trugen sie dieser nicht im geringsten Rechnung. Unter den Mutigen waren die beiden Franzosen und die beiden Amerikanerinnen. Sie hielten mit Recht die entnervende Furcht für gefährlicher als das Übel selbst. In Gesellschaft Bakers – der eigentlich wünschte, hübsch krank zu werden, um einen weitern Vorwand zur Klage über seinen Rivalen zu bekommen – gingen sie einfach aus, hierhin und dorthin, wie sie es in London oder in Paris getan hätten.
    Seit der Ankunft in São-Thiago hatten sie Jack Lindsay kaum einmal gesehen; der führte sein gewohntes eingezogenes und einsames Leben auch hier in gleicher Weise weiter. Alice, die von ganz andern Sorgen eingenommen war, dachte kaum noch an ihren Schwager. Trat ihr zuweilen sein Bild vor die Augen, so suchte sie es zu verscheuchen und, jetzt darüber weniger erregt als früher, baldigst zu vergessen. Das Abenteuer im Curral das Freias erblaßte schon in der Vergangenheit und verlor seine frühere Bedeutung. An die Wiederholung einer solchen Freveltat konnte sie gar nicht glauben, seitdem sie sich unter Morgans Schutz so wohltuend sicher

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