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Das Reisebureau Thompson und Comp.

Das Reisebureau Thompson und Comp.

Titel: Das Reisebureau Thompson und Comp. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Verne
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fühlte.
    In der Erinnerung an die ihm auf Gran Canaria gelegte Falle dachte dieser dagegen oft an seinen Feind, der ihn, seiner Überzeugung nach, damit schon einmal zu schädigen versucht hatte. Die jetzige Untätigkeit des Gegners beruhigte ihn nur halb; er wachte mit derselben Sorgfalt, die ihn eine dumpfe Unruhe nicht aus den Augen setzen ließ.
    Jack sann in der Tat auf Böses wie bisher. Sein verbrecherisches Verhalten bei dem Vorgange im Curral das Freias war ja keineswegs vorher überlegt gewesen, sondern nur die Folge einer sich zufällig bietenden Gelegenheit; und doch hatte das Mißlingen jenes ersten Versuches seinen anfänglichen Ärger darüber jetzt in tödlichen Haß verwandelt. Nach dem erfolgreichen Eingreifen Morgans hatte sich dieser, aus Furcht vor dem jungen Manne, noch verdoppelt und gleichzeitig sein natürliches Ziel vertauscht. Einen Augenblick wenigstens hatte Jack Lindsay wegen des Dolmetschers der »Seamew« seine Schwägerin fast ganz vergessen, als er jenem eine Falle stellte, der er, hätte er damals den andern Weg eingeschlagen, sicherlich entgangen wäre.
    Der hartnäckige Widerstand Morgans, das heroische Dazwischenfahren des Mr. Blockhead, hatte seinen Plan scheitern lassen.
    Seitdem machte Jack keinen Unterschied mehr zwischen seinen beiden Feinden. Er haßte Alice und Morgan gleich heftig und nur noch grimmiger seit den Mißerfolgen, die ihm beschieden gewesen waren.
    Wenn er jetzt untätig war, lag das nur an der steten Wachsamkeit Morgans. Sobald sich eine passende Gelegenheit böte, würde Jack in seiner Gewissenlosigkeit und in dem Verlangen, nicht der Unterlegne zu bleiben, keinen Augenblick gezaudert haben, sich der beiden endgültig zu entledigen, der zwei Menschen, deren Tod ihm sowohl Rache gewährt als auch ein Vermögen gesichert hätte.
    Immer stieß er aber auf die hartnäckige Aufmerksamkeit Morgans, und von Tag zu Tag sank seine Hoffnung weiter, eine passende Gelegenheit in der volkreichen Stadt zu finden, die die zwei Franzosen und die zwei Amerikanerinnen mit einer Sorglosigkeit durchstreiften, welche ihn nur noch mehr aufbrachte.
    Die Stadt La Praya hat einem beschäftigungslosen Touristen leider nicht viel zu bieten. Eingepfercht zwischen zwei Tälern, die erst am Meere in zwei flachen Gestaden ausmünden, dem »Schwarzen Gestade« im Westen und dem »Großen Gestade« – demselben, an dem die Landung erfolgt war – im Osten, ist sie auf einer »Archada« erbaut, d. h. auf einem Lavafelde, das von den Ausflüssen vier-bis fünftausend Meter hoher, am nördlichen Horizont noch sichtbarer Vulkane herrührt. In einer steilen Uferwand etwa von vierundzwanzig Metern Höhe reicht eine Art Sporn dieses Plateaus bis zum Meere, der hier die beiden genannten und mit der Stadt durch steil aufsteigende Wege verbundenen Gestade voneinander trennt.
    Der rein afrikanische Charakter, der der Stadt La Praya in höherm Grade eigen ist als den andern Bevölkerungszentren des östlichen Archipelteiles, bildet in den Augen europäischer Reisender deren einzige Merkwürdigkeit. Ihre von Schweinen, Geflügel und Affen wimmelnden Straßen mit niedrigen, in schreienden Farben angestrichenen Häusern, die Negerhütten der Vorstädte, ihre schwarze Bevölkerung mit einer nicht unbedeutenden weißen, meist aus Beamten bestehenden Kolonie dazwischen, alles das bietet ja ein originelles und neues Bild.
    Nach einigen Tagen findet jedoch der von diesem Exotismus übersättigte Tourist nur wenig Unterhaltung in dieser Stadt von viertausend Einwohnern.
    Sobald er das europäische Viertel mit seinen breiten, von dem großen »O Pelourinho«-Platze ausstrahlenden Straßen durchstreift, die Kirche und den Regierungspalast gesehen hat, die einander auf einem andern Platze näher dem Meere gegenüberstehen, und sobald er etwa noch das Rathaus, das Gefängnis und das Gerichtsgebäude besichtigt hat, ist es mit den hiesigen Sehenswürdigkeiten zu Ende. Dann könnte er ruhig die Augen geschlossen halten, dann belauert ihn eine trostlose Langeweile.
    Das sollten die zwei Franzosen und ihre Begleiterinnen auch bald erfahren. Sie empfanden das, abgesehen von der Langenweile, wo ihnen Kopf und Herz so voll waren, wenigstens als eine verhältnismäßige Erleichterung. Allmählich wurden die Spaziergänge durch längeres Verweilen auf dem Sande des Uferlandes abgelöst, wo das Meer vor ihnen lag, das sie doch nicht forttragen sollte, wo der regelmäßige Anprall der Wellen das Stillschweigen Alicens und

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