Das rote Flugzeug
vor halb neun waren wir am Emu Lake. Captain Loveacres große de Haviland flog über uns hinweg, noch ehe wir die Rockies hinter uns hatten. Als wir zum See kamen, war sie schon da, und Loveacre und seine Piloten standen völlig niedergeschmettert um das Wrack des roten Flugzeugs herum. Teile des Wracks waren noch heiß. Der Benzintank muß mit ungeheurer Kraft explodiert sein, denn die Wrackteile waren fast über den ganzen See verstreut.«
»Habt ihr Spuren gefunden?« fragte Elizabeth, die eben doch ein Kind des Buschs war.
Nettlefold schüttelte seufzend den Kopf.
»Es ist mir ein Rätsel«, sagte er. »Der Sergeant sagte den Piloten, sie sollten an Ort und Stelle bleiben, und er und ich haben uns genau umgesehen. Aber wir haben nicht einen einzigen Fußabdruck entdeckt. Niemand hatte sich der Maschine genähert, um sie in Brand zu setzen. Er hätte sonst unbedingt Spuren hinterlassen.
Aber Cox und ich sind Weiße und im Spurenlesen doch nicht so gut wie die Eingeborenen. Darum bin ich zu Ned Hamlins Hütte rübergefahren und kam gerade noch rechtzeitig, um Ted aufzuhalten, der eben mit Ned und den beiden Schwarzen in seinem Wagen wegfahren wollte. Shuteye und Bill Sikes fuhren mit mir zurück. Sie fanden auch nicht die geringste Spur, obwohl sie den ganzen See und das umliegende Land absuchten.«
»Wirklich merkwürdig«, murmelte Elizabeth. »Kann es sein, daß sich das Flugzeug durch natürliche Ursachen entzündet hat?«
»Der Captain meinte, das wäre zwar möglich, sei aber wenig wahrscheinlich. Das Wetter war ja gestern völlig klar, wie du weißt. Es hat weder in der Nacht noch am Morgen ein Gewitter gegeben.« Mit einem etwas grimmigen Lächeln fügte Nettlefold hinzu: »Ich glaube, eine Zeitlang hat der Sergeant sogar uns verdächtigt, die Maschine angesteckt zu haben.«
Elizabeth mußte lachen.
»Wie kann er nur so dumm sein! Aus welchem Grund hätten wir das tun sollen?«
»Das hat er sich wohl gar nicht gefragt«, antwortete ihr Vater. »Unsere Spuren waren deutlich zu sehen, und andere waren nicht zu finden. Folglich konnten nur wir die Brandstifter gewesen sein. Das war seine Überlegung. Aber als er dann Dr. Knowles’ Brief las, verflüchtigte sich sein Verdacht sofort.«
»Ach, Dr. Knowles hat ihm einen Brief dagelassen?«
»Ja.«
Nettlefold machte ein nachdenkliches Gesicht und sah seine Tochter scharf an. Sie wartete ungeduldig.
»Und — was hat Dr. Knowles geschrieben?« fragte sie schließlich drängend.
»Eine ganze Menge – von dem Mann, den du im Krankenzimmer gesehen hast und der sich an der Kognakflasche zu schaffen gemacht hat. Elizabeth« – Seine Stimme wurde sehr ernst – »wir müssen diese arme Frau ins Krankenhaus nach Winton bringen lassen, wo man sich richtig um sie kümmern kann.«
»Was?« rief Elizabeth aufgebracht, und er meinte plötzlich, seine Frau vor sich zu sehen. »Soll das etwa heißen, daß Hetty und ich uns nicht ausreichend um sie kümmern?«
»Aber nein«, versicherte er hastig. »Aber die junge Frau ist gefährdet. Der Mann, der gestern nacht in ihr Zimmer gekommen ist und den Kognak vergiftet hat …«
»Weißt du denn mit Sicherheit, daß der Kognak vergiftet wurde?« unterbrach sie.
»Nein, mit Sicherheit wissen wir das noch nicht. Aber Knowles schrieb in seinem Brief, daß er den Kognak bei starkem Sonnenlicht untersucht hat und ohne Schwierigkeiten eine Fremdsubstanz darin entdecken konnte. Und er schrieb weiter, er sei überzeugt, daß der Kognak vergiftet wurde, wahrscheinlich mit der Absicht, die junge Frau zu töten. Er drängte darauf, daß sie die ganze Nacht bewacht wird, damit nicht noch ein Anschlag unternommen werden kann.«
»Wir können das Haus doch von einem der Männer bewachen lassen. Und wir können die Hunde freilassen«, schlug Elizabeth eifrig vor.
»Ja, natürlich können wir das. Aber wir können dieses Haus nicht in eine Festung verwandeln.«
»O doch, das können wir. Niemand wird der jungen Frau hier etwas antun, und wenn ich selbst die ganze Nacht mit geladenem Gewehr an ihrem Bett sitzen muß. Dr. Knowles hat mir selbst gesagt, daß sie hier bleiben kann und daß sie hier besser aufgehoben ist als in Winton. Du mußt sie hier bei uns bleiben lassen. Ich möchte es so gern. Ich bin so froh, daß ich endlich einmal etwas Nützliches tun kann.«
»Na schön, mach es, wie du willst, Elizabeth. Das tust du ja sowieso immer«, sagte Nettlefold mit einer Spur unwilliger Resignation. »Aber diese ganze
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