Das rote Flugzeug
werden?«
»Es sind im Augenblick nicht viele, und es sind keine Schwerkranken dabei.« Knowles stellte sein leeres Glas nieder. Einen Moment lang verließ ihn seine Willenskraft. Seine dunklen Augen flackerten, als er Bony ansah. »Sind Sie der Identifizierung dieses Teufels, der meiner Patientin das angetan hat, schon nähergekommen?«
Die Sucht gewann die Oberhand. Knowles schenkte sich noch einen Whisky ein.
»Meistens sagt man als Kriminalbeamter auf eine solche Frage, man sei im Besitz eines wichtigen Hinweises«, gab Bony leichthin zurück. »Das tut man, wenn man völlig im dunkeln tappt. Bis jetzt tappe ich hinsichtlich der Identität des Täters völlig im dunkeln; aber, um einen Ausdruck aus der Kinderzeit zu gebrauchen, es wird wärmer. Ich weiß jetzt viel mehr als bei meiner Ankunft und einiges mehr als gestern und nochmals einiges mehr als vor einer Stunde. Wissen Sie, daß ich bisher jeden meiner Fälle aufgeklärt habe?«
»Nein, das wußte ich nicht.«
»Ich habe meinen Erfolg der Tatsache zu verdanken, Doktor, daß ich wenn nötig auf die Vorschriften pfeife und auch scheinbar belanglose Nebensächlichkeiten nie außer acht lasse. Seit ich diesen Fall übernommen habe, bin ich auf drei Rätsel gestoßen. Sie haben vielleicht mit dem Fall selbst überhaupt nichts zu tun; es kann aber auch sein, daß eines von ihnen den Schlüssel zur Lösung des Falles birgt.«
»Darf ich fragen, was das für Rätsel sind? Vielleicht kann ich Ihnen bei der Lösung wenigstens eines helfen.«
»Ja, ich denke, eines könnten Sie lösen, aber ich scheue mich, es Ihnen vorzulegen, da ich fürchte, daß dadurch unsere gute Beziehung ernsthaft gestört werden könnte. Es betrifft nämlich Sie persönlich.«
Knowles stand reglos. »Und die Lösung dieses Rätsels, das mich persönlich betrifft«, sagte er schließlich, »würde Ihnen helfen, den Fall zu klären?«
»Das weiß ich nicht«, antwortete Bony eilig. »Ich halte es für unwahrscheinlich. Ich sprach nur deshalb von den drei kleinen Rätseln, weil es in mehr als einem Fall so war, daß mir die Lösung eines scheinbar bedeutungslosen kleinen Rätsels ermöglichte, das große Rätsel selbst zu lösen.«
»Gut. Wenn ich das Geheimnis aufklären kann, das mich betrifft, will ich das gern tun.«
Bony neigte sich näher zu Knowles. »Glauben Sie nicht, daß meine Frage an Sie von eitler Neugier diktiert ist. Warum haben Sie beschlossen, nicht mehr zu trinken?«
Knowles reagierte aufgebracht. »Ich wüßte nicht, daß Sie das etwas …«
»Sie haben ja recht, Doktor«, fiel Bony ihm beschwichtigend ins Wort. »Es geht mich vielleicht überhaupt nichts an, aber es kann sein, daß es für den Fall von Bedeutung ist. Wenn Sie lieber nicht darüber sprechen wollen, dann lassen wir das Thema fallen. Ich möchte Sie auf keinen Fall beleidigen oder Ihnen zu nahe treten. Wollen wir uns noch ein Glas einschenken?«
Knowles beruhigte sich. Beinahe eifrig sagte er: »Ich werde es Ihnen sagen, Bony. Ich werde Ihnen sagen, warum ich versuche, keinen Alkohol mehr zu trinken. Vor langer Zeit – es ist Jahre her, und ich war im dritten Jahr meines Medizinstudiums, war ich mit einem Mädchen meines Alters befreundet, das ich sehr liebte. Eines Abends, es war im Jahr 1915, brachte ich sie nach dem Theater nach Hause. Sie wohnte in Ealing, etwas außerhalb von London. Unterwegs wurden wir von einem Bombenangriff überrascht. Wir flüchteten uns in eine Tornische, aber ein Splitter traf sie, und sie starb in meinen Armen.
Ihr Tod warf mich völlig aus der Bahn. Ich unterbrach mein Studium und ging zur Luftwaffe. Ich begann zu trinken und habe seitdem immer getrunken, weil ich nicht den Mut habe, mir das Leben zu nehmen. In der Luftwaffe kam ich gut zurecht; je mehr ich nämlich trank, desto besser konnte ich fliegen und kämpfen. Nach dem Krieg schloß ich mein Medizinstudium ab, aber eigentlich habe ich meinen Beruf nie richtig ernst genommen. Bis jetzt. Bony, die junge Frau, die hier auf Coolibah lebt, ist ein Abbild des Mädchens, das ich damals liebte.«
Ted Sharp saß in einem Korbsessel vor der Tür der Südveranda und beobachtete das rötliche Wetterleuchten am westlichen Horizont. Nettlefold kam heraus.
»Kommt wohl ein Gewitter, was, Ted?« meinte er.
»Sieht so aus, Mr. Nettlefold. Die scheinen dieses Jahr zeitig zu kommen. Vielleicht gibt’s heute abend schon eines. Dann können wir höchstens noch mit zwei, drei schönen Tagen rechnen, bevor es richtig
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