Das Rote Kornfeld
sie. Die drei standen Rücken an Rücken, und jeder von ihnen konnte spüren, wie die anderen vor Angst zitterten. «Douguan», flüsterte Mutter, «Douguan ...»
«Hab keine Angst!» redete Vater ihr zu. «Schrei so laut du kannst. Wir müssen meinen Vater zur Hilfe rufen.»
Als der Rote sah, dass Vater der Anführer war, warf er aus dem Augenwinkel einen verächtlichen Blick auf das Bajonett.
«Vater! Hilfe, Vater!» schrie mein Vater.
«Onkel! Komm schnell, Onkel!» rief Mutter so laut sie konnte.
Ein paar Hunde wollten zum Angriff übergehen, wurden aber zurückgeschlagen. Mutter stieß einem anstürmenden Hund den Lauf ihres Gewehrs in den Rachen und schlug ihm zwei Zähne aus. Ein zweiter griff törichterweise Vater an, der ihm mit dem Bajonett das Gesicht aufriss. Während seine Truppen angriffen und sich wieder zurückzogen, hockte der Rote in der Entfernung da und hielt den Blick starr auf Vater gerichtet.
Das Unentschieden zwischen den gegnerischen Kräften hielt so lange an, wie man braucht, um ein paar Pfeifen zu rauchen. Vater wurden die Knie weich, und er konnte kaum mehr die Arme heben. Wieder schrie er nach Großvater und flehte um Rettung. Mutter hatte sich so eng an ihn gepresst, dass es sich anfühlte, als stehe er mit dem Rücken zur Wand.
«Douguan», flüsterte Dezhi, «ich werde sie ablenken, damit ihr fliehen könnt.»
«Kommt nicht in Frage», sagte Vater.
«Ich bin schon weg.»
Er stürzte aus dem Belagerungskreis und rannte wie der Wind auf das Hirsefeld zu. Dutzende von Hunden folgten ihm. Sie hatten ihn bald eingeholt und fingen an, ihn in Fetzen zu reißen. Vater wagte nicht, Dezhis Todeskampf zu verfolgen, denn der Rote starrte ihn noch immer ohne ein Wimpernzucken an. Aus dem Hirsefeld, in das sich Dezhi geflüchtet hatte, hörte man, wie zwei japanische Handgranaten explodierten. Die Halme neigten sich im Aufprall und ließen ein Seufzen vernehmen, von dem Vater eine Gänsehaut bekam. Unter das Geräusch zerberstender Hundeleichen, die zu Boden fielen, mischte sich das mitleiderregende Heulen der Hunde, die bei den Explosionen verwundet wurden, und erschreckte die Hunde, die Vater und Mutter umkreisten. Sie zogen sich zurück und gaben damit Mutter die Gelegenheit, eine Eierhandgranate hervorzuziehen und zwischen sie zu werfen. Sie beobachteten den unheimlichen schwarzen Gegenstand, der in hohem Bogen auf sie zuflog, und stießen ein unbeschreibliches Geheul aus, bevor sie in panischer Angst die Flucht ergriffen. Die Granate fiel sinnlos zu Boden. Mutter hatte vergessen, die Zündnadel zu ziehen. Alle Hunde, außer dem Roten, flohen. Als der sah, wie Vater sich zu Mutter umwandte, sprang er wie ein Blitz auf und segelte mit ausgestreckten Gliedern durch die Luft. Die silbernen Strahlen der Sonne fielen auf den Anführer der Hunde, und sein Körper zog sich in einem Bogen von großer Schönheit durch die Luft. Instinktiv ließ Vater sich zurückfallen, als die Klauen über sein Gesicht fegten.
Der erste Angriff war fehlgeschlagen, aber dem Hund war es gelungen, ein mundgroßes Stück Haut aus Vaters Gesicht zu reißen. Klebriges Blut strömte über seine Wange. Erneut griff der Rote an, und diesmal hob Vater das Gewehr, um ihn zurückzuschlagen. Mit den Vorderpfoten schlug der Hund den Gewehrlauf zur Seite, neigte den Kopf, um dem Bajonett zu entgehen, und stürzte sich auf Vaters Brust. Der erkannte den weißen Fellfleck auf der Brust des Roten und versuchte, einen Fußtritt zu landen, als ihn plötzlich Mutter mit sich zu Boden riss. Der Rote ergriff die Gelegenheit, ließ sich über Vater fallen und schnappte nach dem weichen Fleisch zwischen seinen Beinen. Im gleichen Augenblick schmetterte ihm Mutter krachend den Gewehrkolben auf den knochigen Schädel. Betäubt zog er sich ein paar Schritte zurück und sammelte sich zu neuem Angriff. Drei Meter weit hatte ihn sein Sprung durch die Luft getragen, als plötzlich ein Schuss ertönte und der Kopf des Hundes zur Seite fiel. Ein Auge hing als blutiger Brei aus der Höhle. Vater und Mutter blickten auf und sahen einen hageren alten Mann mit weißem Haar und krummem Rücken, der einen verkohlten Stock in der einen, eine noch rauchende japanische Pistole in der anderen Hand hielt. Es war Großvater.
Großvater gab noch ein paar Schüsse auf die Hunde in der Ferne ab. Die erkannten, dass das Schlachtglück sich gewendet hatte, flohen ins Hirsefeld und zerstreuten sich in alle Winde.
Großvater wankte mühsam ein paar Schritte
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