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Das Rote Kornfeld

Das Rote Kornfeld

Titel: Das Rote Kornfeld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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eine gewaltige Flussratte. Das gefleckte Weibchen stand neben dem Roten und wedelte gehorsam mit dem Schwanz.
    Der Grünliche bellte den Roten an, als wolle er hämisch über ihn grinsen.
    Der Rote bellte den Grünlichen an, als wolle er das hämische Grinsen erwidern.
    Der Schwarze drängte sich als Friedensstifter zwischen seine zwei alten Kumpane.
    Jetzt, wo die Meute sich im neuen Rudellager versammelt hatte, tranken sie emsig Wasser und leckten ihre Wunden, und die alternden Strahlen der Sonne tanzten über dem sanft dahinströmenden Schwarzwasserfluß. Ein kleines Wildkaninchen hob den Kopf über die Böschung und erschrak bei dem Anblick, der sich ihm bot. Leise huschte es davon.
    Trägheit überkam die Hundemeute unter der warmen Mittagssonne. Die drei Hunde unserer Familie saßen mit gesenktem Blick da, als durchlebten sie die Vergangenheit noch einmal.
    Der Rote dachte an das friedliche Leben zurück, das er als Wachhund in der Brennerei geführt hatte. Damals lebten die zwei alten Gelben noch, und wenn sich die fünf Hunde auch gelegentlich stritten, so hatten sie doch meist wie eine glückliche Familie gelebt. Er war der Schwächling in der Gruppe, und als er einmal Räude bekam, hatten die anderen ihn verjagt. Er lief sofort ins östliche Gehöft und wälzte sich in Hirsespreu, bis seine Haut wieder rein war. Danach war er nicht mehr so gesellig, und es ekelte ihn an, wie der Schwarze und der Grünliche den Starken schmeichelten, die Schwachen tyrannisierten und diensteifrig mit dem Schwanz wedelten. Er wusste, dass es sich bei den heutigen Wirren um einen Machtkampf handelte. Da die Spannungen jetzt offen zwischen den drei Leithunden ausgetragen wurden, verhielten sich die übrigen Hunde einigermaßen friedlich. Aber der räudige kleine Köter, der sich trotz mehrfacher Warnung nicht gebessert hatte, versuchte jetzt, die anderen Hunde der Meute aufzuwiegeln.
    Zum endgültigen Ausbruch der Kämpfe kam es, als eine alte Hündin mit einem Riss im Ohr auf den Schwarzen zulief, ihre nasse eiskalte Nase an die seine legte und sich dann umdrehte und anfing, mit dem Schwanz zu wedeln. Der Schwarze stand auf und begann, unter den Augen des Roten und des Grünlichen mit seiner alten Geliebten herumzutollen. Leise kauerte sich der Rote nieder und warf dem Grünlichen einen Blick zu. Der sprang blitzartig auf und warf den verliebten Schwarzen zu Boden.
    Gebannt standen die Hunde da und beobachteten den Kampf auf Leben und Tod, der vor ihren Augen ausbrach.
    Der Grünliche, durch das Überraschungsmoment im Vorteil, grub seine Zähne in den Hals des Schwarzen und schüttelte ihn wild. Sein Nackenfell sträubte sich, und Donnergebrüll entsprang seiner Kehle.
    Der Schwarze, dem bei dem Angriff schwindlig wurde, zuckte erschreckt zusammen und versuchte, seinen Hals aus den Fängen des Angreifers zu zerren. Dabei verlor er ein Fleischstück, so groß wie eine menschliche Hand. Von unerträglichem Schmerz gepackt, halb wahnsinnig vor Wut, erhob er sich schwankend. Der hinterhältige, unhündische Überfall des Grünlichen ließ ihn vor Zorn kochen. Die versteckte Bösartigkeit befleckte sein heroisches Selbstbild und machte von vornherein den Ruhm zu Staub, den der Sieg ihm hätte bringen können. Der Schwarze bellte wütend, senkte den Kopf und stürzte sich auf den Grünlichen. Er sprang direkt auf seine Brust zu und vergrub die Zähne in seinem Fell. Sofort machte sich der Grünliche wieder über den verwundeten Hals des Schwarzen her. Aber diesmal biss er nicht zu, sondern begann, das abgerissene Fleisch zu verschlingen. Schlapp öffnete der Schwarze das Maul. Der Grünliche tat das gleiche. Die Zähne des Schwarzen hatten einen großen Hautfetzen aus seiner Brust gerissen.
    Langsam erhob sich der Rote und blickte den Grünlichen und den Schwarzen aus kalten Augen an. Der Hals des Schwarzen war gebrochen. Er hob den Kopf, aber er fiel ihm wieder auf die Brust. Er hob ihn noch einmal, und wieder fiel er herab. Aus der Wunde strömte Blut. Es ging zu Ende mit ihm. Der Grünliche starrte den Schwarzen, den er schwer verwundet hatte, an, zeigte hochmütig die Fangzähne und bellte triumphierend. Dann wandte er sich um und sah direkt in das lange, eiskalte Gesicht des Roten. Der Grünliche erschauerte. In den starren Augen des Roten tanzte grausames Gelächter. Ohne Vorwarnung stürzte er sich auf den Grünlichen und rollte den verwundeten Hund auf den Rücken. Bevor der auf die Beine kommen konnte, hatte der Rote die

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