Das Rote Kornfeld
geschüttelt, «mein Sohn ... unsere Dorfgenossen kommen ...»
Mehrere hundert Männer, Frauen und Kinder scharten sich um sie. Wer keine Fackel hielt, war mit Hacken, Rechen oder Keulen bewaffnet. Vaters Freunde und Spielkameraden drängten sich vor, sie hielten Fackeln aus Hirsehalmen und in Öl getränkter Baumwolle.
«Kommandant Yu, du hast die Schlacht gewonnen.»
«Kommandant Yu, wir haben Rinder, Schweine und Schafe für dich und deine Männer geschlachtet.»
Großvater fiel im feierlichen Fackelschein über dem gewundenen Fluss und der mächtigen Hirse auf die Knie. «Dorfgenossen», sagte er mit zitternder Stimme, «mich, Yu Zhan’ao, sollte man auf ewige Zeiten verachten, weil ich mich von dem pockennarbigen Leng habe betrügen lassen ... meine Männer . ..sie sind alle in der Schlacht gefallen.»
Der Fackelkreis schloss sich um ihn, Rauch stieg zum Himmel auf, unruhig zuckten die Flammen, und brennende Öltropfen fielen zischend wie rote Fäden zu Boden. Ein Blumenmuster rotglühender Asche bedeckte die Böschung. Ein Fuchs heulte im Hirsefeld. Vom Licht angezogen, sammelten sich Fische dicht unter dem Wasserspiegel. Die Dorfbewohner verstummten. Hinter dem Knistern der Flammen rollte von fern in den Feldern her Donnergrollen auf sie zu.
Ein alter Mann mit dunklem Gesicht und weißem Bart, der ein großes und ein kleines Auge hatte, gab seine Fackel an einen Nachbarn weiter, bückte sich und schob Großvater die Arme unter die Schultern. «Steh auf, Kommandant Yu, steh auf!»
«Steh auf», wiederholten die anderen, «Steh auf, steh auf!»
Unter den warmen Händen des alten Mannes löste sich die Eisesstarre in Großvaters Muskeln. Langsam stand er auf. «Dorfgenossen», sagte er, «lasst uns zur Brücke gehen und nachsehen.»
Ihre Fackeln in den Händen, folgten die Dorfbewohner Großvater und Vater. Das Licht reichte über die verschwommenen Umrisse des Flussbetts und der Hirsefelder an beiden Ufern bis hin zum Schlachtfeld an der Brücke. Es war der neunte Tag des achten Monats nach dem alten Kalender, und grünliche Wolken sammelten sich wie Wachposten um einen blutroten Halbmond. Die Schatten der ausgebrannten Lastwagen lagen im Fackelschein geheimnisvoll und bedrohlich über der Brücke. Der Geruch von geronnenem Blut, den die auf den Feldern verstreuten Leichen ausströmten, mischte sich mit Brandgestank und dem zarten Duft der Hirse am Fluss, der seiner Quelle fern war.
Brennendes Öl tropfte von den Fackeln auf Hände und Füße der Menschen. Dutzende von Frauen brachen in eintönige Klagegesänge aus. Im Fackelschein glichen die Gesichter der Männer geschmolzenem Stahl, der aus dem Hochofen strömt. Die weiße Steinbrücke lag als scharlachfarbener Bogen in der Dunkelheit.
Der Alte mit dem dunklen Gesicht und dem weißen Bart rief aus: «Was meint ihr? Es war doch ein großer Sieg! Es gibt 400 Millionen Chinesen. Wenn sich jeder von uns über einen Japaner hermacht, was wird dann aus ihrem kleinen Land? Wenn 100 Millionen von uns den Kampf auf Leben und Tod aufnehmen, werden sie alle ausgerottet, und von uns bleiben immer noch 300 Millionen. Also sind wir die Sieger! Kommandant Yu, es war ein großer Sieg.»
«Onkel», sagte Großvater, «du sagst das nur, damit ich mich besser fühle.»
«Nein, Kommandant Yu, es war wirklich ein Sieg. Gib den Befehl, sag uns, was wir tun sollen. Auch wenn China sonst nichts hat, wir sind viele.»
Großvater nahm Haltung an und befahl: «Leute, sammelt die Leichen unserer gefallenen Kameraden auf!»
Die Dorfbewohner verteilten sich über die Hirsefelder zu beiden Seiten der Landstraße, sammelten die Leichen auf und legten sie mit dem Gesicht nach Süden und den Füßen nach Norden in einer langen Reihe auf der Böschung nebeneinander. Großvater schritt die Reihe ab und zog Vater neben sich her, während er die Leichen zählte. Vater erkannte Wang Wenyi, Wangs Frau, Fang Sechs, Fang Sieben, Hornist Liu, den Schwindsüchtigen Nummer Vier ... fremde Gesichter und bekannte. Die Falten in Großvaters Gesicht zuckten im Fackelschein, Tränen liefen wie Ströme geschmolzenen Stahls über seine Wangen.
«Was ist mit dem Stummen?»» fragte Großvater.
«Douguan, hast du den Stummen gesehen?»»
Das Bild des rasiermesserscharfen Säbels, mit dem der Stumme dem Japaner den Kopf abgeschlagen hatte, kam Vater in den Sinn. «Auf dem Lastwagen», sagte er.
Die Fackeln bildeten einen Kreis um einen der Lastwagen. Drei Männer kletterten auf die
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