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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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Zeitungslektüre, Essen, Schwimmen und Sex sowie damit zu verbringen, anderen Kriminellen brüderlich auf die Schulter zu klopfen. Als ich mich einmal ziemlich sarkastisch über ihre Fähigkeiten als Gangster äußerte - ich nannte sie »sehr, sehr kleine Kleinganoven« -, fragte mich Wolf, ob ich, da ich ja offenbar so schlau sei, vielleicht bessere Ideen hätte. Das bejahte ich.
    Eines Morgens nahm ich Valentin und Wolf mit zu Ajita. Dort zeigte ich ihnen das Haus gegenüber und erklärte ihnen, dass das darin wohnende Paar stets am Donnerstag wegfahre und am Montagvormittag zurückkehre.
    Ein paar Tage später, an einem Freitag, als Ajita im College, ihr Vater bei der Arbeit, ihr Bruder in der Schule und die Tante auf dem Markt war, brachen wir in das Haus gegenüber ein und stahlen einen Haufen Zeug. Befremdlich war, dass Wolf darauf bestand, auch Besen und Kehrblech zu entwenden, um hinterher durchfegen zu können. Wie Valentin mir erzählte, hatte ein krimineller Kumpel Wolf erzählt, dass echte Schurken immer sehr ordentlich seien. Wir schleppten die Beute zur Hintertür hinaus, durch Ajitas Garten und in die Garage. Sobald Wolf und Valentin fertig waren und es dunkel zu werden begann, verschwanden sie.
    Bei den Opfern handelte es sich um ein altes Ehepaar. Wir hatten die Ersparnisse ihres Lebens geplündert und ihnen aus nichtigen Gründen das Herz ihres Lebens herausgerissen. Die Sache war einfach gewesen; so einfach, dass ich nachhaltig beeindruckt war. Es gab nicht einmal Fensterschlösser. Wolf hatte früher als Bauhandwerker gearbeitet und wusste, wie man Scheiben herausnahm. Da ich klein war, konnte ich hindurchkriechen und die anderen einlassen. Ich fand es schrecklich, ein fremdes Haus zu schänden und mich darin aufzuhalten, obwohl Einbrecher natürlich nicht daran denken dürfen, was die Bewohner bei ihrer Heimkehr empfinden. Als Krimineller kann man vor allem eines nicht gebrauchen, und das ist Phantasie.
    Ich wusste nicht so genau, was Valentin und Wolf geklaut hatten. Sie hatten mehrere Beutel gefüllt: mit Wand- und Armbanduhren, Zierrat, Bildern und vermutlich auch mit Silber und Schmuck. Ich schlug den beiden vor, die Beute zurückzubringen, falls sie das wollten, noch hätten wir Zeit dazu. Wenn ich bedenke, wie massiv die Schuldgefühle waren, die mich wegen des Diebstahls plagten, kann ich nur zu dem Schluss gelangen, dass ich kein geborener Gangster war.
    Es sollte ein Fest der Verbrecher werden. Valentin und Wolf verhökerten umgehend die Beute und verbrachten den restlichen Tag mit dem Kauf von Anzügen und Schuhen. Sie luden mich zum Dinner ein, und im Anschluss besuchten wir einen Club - gegenüber vom Museum für Naturgeschichte -, wo Valentin als Rausschmeißer gearbeitet hatte. Ich hatte viel getrunken und hätte am liebsten alle Gesetze gebrochen, denn nun kannte ich ja endlich die ausufernde Lust an Grausamkeit und Korruption.
    In diesem Club setzte sich irgendwann eine Frau neben mich - für mich schon eine ältere Frau, eine Art Colette-Heldin, denn sie war ungefähr Ende zwanzig - und schob meine Hand unter ihr Kleid. Am Ende des Abends, als ich sagte, ich müsse den Zug in die Vororte nehmen, schlug sie vor, zu der Pension in Westkensington zu fahren, wo Wolf und Valentin später zu uns stoßen würden. Dort angekommen, ging sie mit den Worten in Wolfs Zimmer, sie müsse sich »vorbereiten«. Als sie mich hereinbat, war sie nackt bis auf einen ellenbogenlangen Samthandschuh und mehr als willig, mir einen zu blasen. Bevor sie ging, fragte ich noch, ob sie sich am nächsten Nachmittag einen Film mit mir anschauen wolle. Das gehe nicht, erwiderte sie, denn sie habe einen »Kunden«. Welche Art von Kunde, wollte ich wissen. Einen Mann, erwiderte sie, was denn sonst?
    Ich hatte Valentin und Wolf schon erzählt, dass mit Ajita und mir etwas nicht stimmte, dass sie mich betrog und mir nicht sagen wollte, mit wem. Sie wussten zwar, dass ich es mit der Nutte gemacht hatte, aber sie mochten Ajita und rieten mir, die Sache wieder einzurenken. Andererseits wollten sie nicht, dass ich emotional verletzt wurde.
    Wir schliefen noch miteinander, wenn wir uns trafen, aber es war unfroher Sex, die schlimmste Form, und mein Gefühl der Einsamkeit wurde dadurch noch stärker. Meine Nerven knisterten und knackten in einem fort wie bloßgelegte Elektrokabel. Ich redete mir ein, meine Gedanken unter Kontrolle zu haben und in jene Richtung lenken zu können, die ich für notwendig hielt, doch ich

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