Das Sakrament

aus den Gefechtslinien zu holen, damit Ihr Eure Auswahl treffen könnt.«
    So schnell wie sie aufgestiegen war, sank ihre Hoffnung wieder in sich zusammen. Carla hatte die ganz Reise hierher auf einem Märchen aufgebaut, war von den Abenteuern in der weiten Welt so fasziniert gewesen, daß sie die einfachsten praktischen Erwägungen vernachlässigt hatte. Sie war eine Närrin, doch Tannhäuser war keineswegs ein Narr, wie ihr nun immer klarer wurde.
    »Die Malteser haben die Römische Kirche im Blut«, sagte er. »Der Junge muß getauft sein, Bastard oder nicht, und dann wurde sein Name sicherlich in ein Taufregister eingetragen. Wenn Ihr mit der Vermutung über das Waisenhaus recht habt, sollte auch ein Eintrag im Hospital des Ordens zu finden sein.«
    »Aber wie Ihr schon bemerkt habt, kennen wir seinen Namen nicht.«
    Die Mühe, die es ihn kostete, seinen Gesichtsausdruck zu beherrschen, ließ sie die Dummheit ihrer Bemerkung nur noch mehr spüren. »Richtig, aber Ihr werdet Euch doch zumindest an sein Geburtsdatum erinnern.«
    »Der letzte Tag im Oktober fünfzehnhundertzweiundfünfzig.«
    Genau wie das Alter des Jungen schien ihm sein Geburtsdatum von besonderer Bedeutung zu sein.
    »Der Vorabend von Allerheiligen«, sagte er, »und die Sonne stand im Skorpion.« Er schüttelte den Kopf. »Seltsame Pfade,Contessa, haben uns hier in diesem Garten über dem Meer zusammengeführt.«
    Er führte diese Bemerkung nicht weiter aus, und ehe sie nachfragen konnte, ballte er die Faust.
    »Aber warum seid Ihr nicht schon viel früher zu mir gekommen? Sechs Wochen seid Ihr nun schon hier? Nun, da hätten wir schon in Malta und wieder zurück sein können und hätten keine Gefahr zu bestehen gehabt, außer vielleicht der, in der Meerenge zu ertrinken.«
    Carla schmeckte Galle im Mund. »Bis heute morgen war mir Eure Existenz unbekannt.«
    Mißtrauen zeigte sich auf seiner Stirn. »Und wer hat Euch nun darauf aufmerksam gemacht?«
    »Bruder Oliver Starkey von der englischen Zunge.«
    Sie bemerkte, daß der Zorn in seinen Augen aufflackerte, und fürchtete, nun werde er sie verlassen. Warum ihn der Name Starkey so sehr erboste, wußte sie nicht.
    »Bruder Starkey hat sich sehr lobend über Eure Talente geäußert.«
    »Da bin ich sicher.«
    »Sein Brief –«
    »Sein Brief?«
    »Sein Brief sagte, Ihr wäret ein Mann von bemerkenswerten Fähigkeiten, der nichts fürchtet und für jegliche Autorität nichts als Verachtung empfindet.« Warum ihm dies schmeicheln sollte, war ihr nicht klar, aber sie glaubte, daß er daran Gefallen finden würde. »Er fügte hinzu, daß Ihr vor allem ein Mann seid, der zu seinem Wort steht.«
    »Der Engländer ist gerissener, als ich gedacht hätte.«
    Endlich hatte sie das Gefühl, daß sie ihm wertvolle Neuigkeiten zu vermitteln hatte. »Bruder Starkey sagte, er könnte uns eine Überfahrt auf der Couronne anbieten.«
    Es sah nicht aus, als besserte sich seine Laune. »Zweifellos.«
    »Die Couronne läuft mit der Mitternachtsflut aus.«
    »Sie wird ohne uns auslaufen.«
    Tannhäuser unterdrückte seine Wut und lächelte.
    »Der Krieg hat einen langen Arm und seine Finger bereits um meinen Hals geschlossen, aber ich entwische ihm doch noch.«
    »Wäre die Couronne nicht die sicherste Art, nach Malta zu kommen?«
    »Vielleicht, aber einen Pakt mit dem Teufel hebt man sich besser für eine Zeit größerer Verzweiflung auf.«
    Tannhäuser hielt inne, als stünde er am Rande eines Abgrunds. Dann nickte er. »Vertraut mir nur alle Planungen an, und vergeßt Bruder Starkey. Ihr hört in spätestens zwei Tagen von mir.«
    Carla brauchte eine Weile, ehe sie begriffen hatte, daß er mit diesen Worten zugesichert hatte, er würde ihrer Bitte nachkommen. Sie wollte sprechen, aber ihr fehlten die Worte. Tannhäuser erhob sich von der Bank und verneigte sich mit bemerkenswerter Galanterie. Er deutete auf das Haus.
    »Nun würde ich gern das Zauberglas des Mädchens sehen.«
    Carla stand auf. »Wir haben noch nicht über Eure Bezahlung gesprochen.«
    Er zögerte, als hätte er bereits einen Preis im Kopf, hielte ihn aber für überzogen.
    Er antwortete: »Wenn ich Euch und Euren Sohn sicher von Malta hierher zurückbringe, möchte ich, daß Ihr mich heiratet.«
    Carla war wie benommen. Sie glaubte, ihn falsch verstanden zu haben. »Euch heiraten?«
    Tannhäuser schien verlegen und hüstelte. »Heirat, der heilige Ehestand, Aufgebot verlesen und so weiter.«
    Carla schwankte, weil ihr plötzlich schwindelig