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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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Erleichterung, daß er doch sein Leben behalten könnte, daß er sein Schweigen brach. »O großer Herr, Exzellenz, ich bin Euer Diener.« Er unterdrückte ein Schluchzen. »Ich stehe Euch zu Diensten.«
    Tannhäuser deutete auf den Leichnam. »Trag ihn zur Wand, da drüben hin.«
    Während sich der Hauptmann herunterbeugte, um diese Aufgabe zu erledigen, schaute Tannhäuser zu Bors hinüber und deutete auf den Toten, der blutüberströmt auf dem Biertisch lag. Bors kam herbei, legte seine Waffen ab und hob die Leiche auf die Arme. Er trug den Toten zum Eingang des Lagerhauses und warf ihn in die Dunkelheit. Gonzága stand nackt und zitternd inmitten der schwarz-weißen Fetzen, die einmal seine Kutte gewesen waren. Bors ging zur Bank zurück und nahm die Hakenbüchse auf. Er stieß Gonzága die Mündung des Gewehrs unsanft in die Rippen.
    »Knie dich hin«, sagte er. »Auf alle viere wie ein Hund.«
    Gonzága fiel auf die Hände und würgte an der eisernen Birne.
    Tannhäuser hob die zweite Hakenbüchse vom Boden auf. Er blies auf die Lunte, ging zum Fenster, öffnete den Laden einen Spaltweit und spähte nach draußen. Zwei weitere Büttel und etwa zwanzig Müßiggänger trieben sich vor der Taverne auf der Straße herum. Tannhäuser schnipste mit den Fingern, und der Hauptmann ließ die Leiche an der Wand fallen und kam eilends herbei.
    »Mach deinen Bart sauber«, wies ihn Tannhäuser an.
    Der Hauptmann wischte sich Nase und Kinn am Ärmel ab.
    »Da draußen stehen noch zwei von deinen Leuten«, sagte Tannhäuser. »Du mußt sehr zornig auf sie sein.«
    Verwirrung spiegelte sich auf dem Gesicht des Hauptmanns. »Warum?«
    »Ich bin zornig auf sie. Sie haben nichts getan, um die Gaffer zu vertreiben. Das ist unerhört.«
    »Unerhört, gewiß«, stimmte ihm der Hauptmann zu.
    »Wenn dir ihr Leben lieb ist und deines auch, dann befiehlst du ihnen, ihre Gewehre in die Luft abzufeuern und so die Straße freizumachen. Dann entläßt du sie für den Rest des Abends. Sag ihnen, sie sollen nach Hause gehen. Wenn du sie erwischst, wie sie sich hier noch herumtreiben, werden sie geprügelt.«
    »Geprügelt, bis sie bluten!« plapperte der Hauptmann.
    »Wenn du ihnen diese Befehle gegeben hast, schlägst du ihnen die Tür vor der Nase zu, weil du nämlich wütend bist.«
    »Ich bin wütend!« schrie der Hauptmann.
    Tannhäuser schaute zu Bors, der sich so gestellt hatte, daß er von der Tür aus nicht zu sehen war, die Hakenbüchse geschultert, den Speer zur Hand. Tannhäuser schob den Hauptmann unsanft nach vorn.
    »Wenn du einen Schritt vor die Tür machst«, sagte Tannhäuser, »bringen wir euch alle um.«
    Ehe der Hauptmann Zeit hatte, darüber zu sehr nachzudenken, zog Tannhäuser den linken Türflügel auf. Einen Moment später begann der Hauptmann seine beiden Untergeben mit einem heftigen Wortschwall zu überschütten. Als er ihnen eine Tracht Prügelsowie eine ganze Reihe von schlimmen Martern angedroht hatte, knuffte ihm Tannhäuser mit dem Speerschaft in den Hintern. Mitten im Satz schlug der Hauptmann seinen Leuten die Tür vor der Nase zu. Zustimmung heischend blickte er sich um. Tannhäuser zog ihm die Pistole aus dem Gürtel. Ohne gebeten zu werden, reichte ihm der Hauptmann die Messingflasche mit dem Schießpulver und einen Beutel mit Kugel und Lappen.
    »Geh zu Pater Gonzága«, kommandierte Tannhäuser. »Auf allen vieren.«
    Während der Hauptmann, der überzeugt war, daß er die Gunst seines Widersachers erwirkt hatte, den Befehl rasch befolgte, hörte man draußen zwei Schüsse. Tannhäuser lud die Pistole und schaute noch einmal durch den Spalt im Fensterladen. Die Menge floh, nur zwei stöhnende Körper blieben auf den Pflastersteinen zurück. Die beiden Büttel traktierten eine dritte am Boden ausgestreckte Gestalt mit ihren Gewehrkolben. Tannhäuser steckte die Pistole in den Gürtel und fügte die Hakenbüchse zu Bors’ Waffenarsenal hinzu.
    Bors machte eine Kopfbewegung zu Sabato. »Ich gehe einen Klauenhammer holen.«
    Sabato zuckte ängstlich zusammen, und Tannhäuser schüttelte den Kopf. »Nein, wir wollen es so machen, daß wir ihm dabei nicht auch noch die Hände brechen.« Er nahm eine Lampe von einem der Biertische und eilte damit ins Lagerhaus zu seinem Werkzeugkasten. Er kam mit einer feinen Metallsäge zurück. Er schaute sich die Nägel in Sabatos Händen noch einmal genau an.
    Er sagte: »Ich habe für diesen Sessel einmal fünfzehn Scudi bezahlt.«
    »Da haben sie dich aber

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