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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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packte verzweifelt an seine Scham. »Man hat mir befohlen, die Angelegenheit den Behörden zu übergeben.«
    »Da muß noch mehr dahinter stecken«, sagte Tannhäuser. »Erzählt mir alles, was zwischen Euch beredet wurde.«
    Gonzága gab sich alle Mühe, seine Gedanken zusammenzuhalten. »Es war noch eine zweite Aufgabe zu erledigen. Ludovico hat befohlen, daß eine Edelfrau hinter Klostermauern verschwinden sollte, im Kloster zum Heiligen Grab in Santa Croce.«
    Obwohl er die Antwort bereits kannte, fragte Tannhäuser: »Und wie hieß diese Edelfrau?«
    »Carla de la Penautier.«
    Sabato und Bors wandten sich beide um und starrten Tannhäuser an.
    »Wann sollte das geschehen?«
    »Es ist bereits ausgeführt worden.«
    Tannhäuser erinnerte sich an den Priester in der Kutsche beim Tor. »Wer hat es getan?«
    »Der Qualifikator unserer Heiligen Inquisition, Pater Ambrosio.«
    »Hat dieses Geschöpf ein Rattengesicht?«
    Gonzága wimmerte. »O ja, genau, Euer Exzellenz.«
    Tannhäuser schaute zu Bors, der daraufhin dem Priester einen Faustschlag versetzte. Gonzága ging zu Boden. Tannhäuser riß ihn an einem Ohr wieder hoch.
    »Wird man der edlen Frau ein Leid zufügen?«
    Gonzága rang um Luft. »Nein. Ludovico hat es strikt verboten.«
    Der geheimnisvolle Mönch, der der jungen Contessa die Jungfräulichkeit geraubt und sie ohne sein Wissen mit einem Kind unter dem Herzen zurückgelassen hatte, war also Ludovico Ludovici gewesen. Der Inquisitor wollte reinen Tisch machen. Dies war ein verworrenes Gespinst wie noch keines, in das sich Tannhäuser je verstrickt hatte. Aber woher hatte Ludovico gewußt, daß Carla ihn um Hilfe bitten würde, um nach Malta zu gelangen? Von Starkey? Vielleicht hatte der Engländer es ihm unabsichtlich verraten.
    »Wo sind die Anklagen gegen uns niedergeschrieben?« fragte Tannhäuser.
    »Es wurden keine Anklagen erhoben. Man hat uns verboten, irgend etwas aufzuschreiben.«
    Das war zumindest eine gute Nachricht. »Wo ist Ludovico jetzt?«
    »Er ist am Nachmittag aufgebrochen, um bei Vizekönig Toledo vorzusprechen. Von Palermo reist er nach Rom weiter.«
    »In welcher Angelegenheit?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht für den Großmeister La Valette. Und in eigenen Angelegenheiten. Derlei Dinge würde er mir niemals anvertrauen.«
    Tannhäuser dachte nach. Er nickte Bors zu. »Er hat uns nichts weiter zu sagen.«
    Sabato Svi ging fort.
    Bors zog den Dolch. Er zögerte. »Ich habe noch nie einen Priester getötet.«
    Gonzága begann lateinische Wörter zu brabbeln: »Deus meus, ex toto corde poenitet me omnium meorum peccatorum eaque detesto …«
    Tannhäuser nahm Bors den Dolch ab. »Ich auch nicht.«
    Er brachte Gonzága zum Schweigen, indem er ihm den Dolch hinter das Schlüsselbein rammte und ihn bis ins Herz traf. Während der Rebellion des treulosen Mustafa, als die Janitscharen auf den Straßen von Adrianopel Tausende massakrierten, hatte Tannhäuser gelernt, daß diese Methode weitaus sicherer war, als jemandemdie Gurgel durchzuschneiden. Gonzága starb ohne einen Seufzer. Tannhäuser ließ ihn fallen und gab Bors den Dolch zurück.
    Bors wischte den Dolch am Oberschenkel ab und schob ihn zurück in die Scheide. »Und jetzt?«
    Tannhäuser überlegte. Santa Croce lag in den Bergen im Landesinneren, südwestlich des Ätnas. Der Weg von der Villa Saliba dorthin – die Straße nach Syrakus – verlief westlich vom »Orakel« durch das südliche Tor von Messina. Ambrosio und sein Begleiter hatten wohl die Villa Saliba noch nicht erreicht. Carla, so hoffte Tannhäuser, würde klug genug sein, keinen Widerstand zu leisten. Und Amparo? Alle Spekulationen waren müßig. Tannhäuser hatte noch genug Zeit, ihnen auf der Straße nach Syrakus den Weg abzuschneiden.
    Tannhäuser tränkte Buraq, rieb ihm die Flanken mit einem Sack trocken und ließ ihn draußen mit einem Sack Hafer und Klee zurück. Als er wiederkehrte, hatte Bors den Boden mit Essig abgespült, um den Gestank zu vertreiben. Der arme Gasparo lag auf einem Biertisch aufgebahrt. Während Bors in der Küche etwas zu essen suchte, eilte Tannhäuser in seine Kammer, um sein Arzneikästchen zu holen.
    Als er zurückkehrte, hatte Bors den Tisch mit Brot, Käse und Wein gedeckt und noch ein Viertel von einem gebratenen Schwan aufgetragen. Er fügte noch eine Flasche Branntwein und drei zierliche Gläschen hinzu. Sabato Svi saß da und hielt den Kopf in die blutigen Hände gestützt. Seine Schultern bebten. Tannhäuser setzte das

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