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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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einem Priester spricht?«
    »Ein einzelner Priester kann kaum überprüfen, ob sie ihre Buße mit der nötigen Ernsthaftigkeit betreibt. Ich rate ihr, sich den Frommen Frauen anzuschließen. In Varennes gibt es einen neuen Beginenhof, wo man ihr für die Dauer ihrer Buße ein Leben in Keuschheit und Armut ermöglichen kann. Sprecht mit Magistra Frédégonde. Sie ist barmherzig und gütig. Gewiss wird sie Isabelle mit offenen Armen aufnehmen. Ich wünsche Euch alles Gute, Herr de Fleury. Mein Diener wird Euch hinausgeleiten. Pax vobiscum. «
    Michel küsste de Lorraines Ring, und der Bischof schritt davon.
    Sie hatten kaum den Palast verlassen, als Isabelle ihre Haube vom Kopf riss und zu Boden warf. »Ich habe es gewusst! Er ist genau wie alle anderen. Er hasst Frauen! Es hat ihm gefallen, mich zu demütigen. Er hat es richtig genossen.«
    »Beruhige dich«, sagte Michel, als sich die Leute nach ihnen umdrehten. »Bitte.«
    »Ich will mich nicht beruhigen. Die Kirche und alle Pfaffen – sie sollen zur Hölle fahren!« Sie begann zu weinen, und er nahm sie in die Arme. »Wann hört das endlich auf?«
    Er strich ihr über das Haar und küsste ihre Stirn. »Komm. Fahren wir nach Hause.«
    Während der Heimreise schimpfte sie ununterbrochen auf Bischof Mathieu, den Klerus und seine unmenschlichen Gesetze, sie verfluchte Gott, die Kirche, die ganze Welt.
    Und am Tag nach ihrer Ankunft trat sie den Beginen von Varennes-Saint-Jacques bei.

April und Mai 1199

    V ARENNES -S AINT -J ACQUES
    M it nichts als dem Gewand an ihrem Leib und einem Beutel mit Ersatzkleidern für ihren Sohn stand Isabelle zwei Tage vor Karfreitag vor der Pforte des Beginenhofs und hielt Rémys Hand.
    Der kleine Gebäudekomplex stand in der Nähe des Salztores und grenzte im Südosten an die Judengasse und im Nordosten an den Kanal der Unterstadt an. Eine fünf Ellen hohe Mauer umgab die Kapelle sowie mehrere Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude, zwischen denen ein Innenhof mit einem Brunnen und einem kleinen Kräuter- und Gemüsegarten lag. Zweiundzwanzig Frauen bewohnten den Hof, unter der Führung von Magistra Frédégonde, ihrer Vorsteherin.
    Obwohl die Beginen kein Gelübde abgelegt hatten, lebten sie in einer klosterähnlichen Hausgemeinschaft mit täglicher Arbeit und regelmäßigem Gebet. Sie folgten Christus nach und widmeten ihr Dasein Bedürftigen, Kranken und Sterbenden; Keuschheit und Armut waren ihr höchstes Gebot. Folglich hatte Isabelle all ihre Habe zurücklassen müssen. Das Geld, das sie für Thomasîns Hof bekommen hatte – sie hatte ihn der Benediktinerpriorei bei Altrip verkauft –, würde Michel bis zu ihrer Hochzeit verwahren.
    Davon abgesehen wusste Isabelle nur wenig über die Beginen. Es war eine neue Bewegung, die vor einigen Jahren in Flandern entstanden war und sich allmählich im ganzen Römischen Reich verbreitete. Der Kirche waren sie nicht selten ein Dorn im Auge, da sie offen den Reichtum der bischöflichen Herren anprangerten. Bei den Stadtbürgern hingegen erfreuten sie sich wegen ihrer barmherzigen und mildtätigen Arbeit wachsender Beliebtheit.
    Magistra Frédégonde empfing Isabelle voller Wärme und Freundlichkeit, erklärte ihr die Regeln des Frauenkonvents, während Isabelle die graue Kutte der Gemeinschaft anlegte, und zeigte ihr, wo sie in den nächsten vier Jahren schlafen, essen und arbeiten würde. Die Magistra war eine kleine, mollige Person, die erfüllt war von der Liebe zum Leben und zu Christus und geradezu vibrierte vor Tatkraft. Sie hatte die Beginenbewegung in Niederlothringen kennengelernt und vor zwei Jahren nach Varennes gebracht. Das Domkapitel und die meisten Pfarrer beobachteten den neuen Konvent mit Argusaugen, denn sie unterstellten den Beginen Häresie und gottlose Machenschaften. Bischof Mathieu de Lorraine jedoch hatte Frédégonde von Anfang an unterstützt und ihr gegen den Widerstand des hiesigen Klerus’ Land, Geld und Wohngebäude zur Verfügung gestellt.
    Isabelle mochte die Magistra auf Anhieb. Auch die anderen Beginen begrüßten sie herzlich und nahmen sie sogleich in ihrer Mitte auf. Dass sie ihren Sohn mitbrachte, sorgte für allgemeines Entzücken. Rémy war das einzige Kind in der Gemeinschaft, und die Frauen überschütteten ihn nur so mit Zuneigung. Anfangs befremdete ihn das Übermaß an Aufmerksamkeit, das ihm zuteilwurde, doch bald schon gewöhnte er sich daran und genoss es sogar. Statt einer Mutter hatte er plötzlich dreiundzwanzig, die ihm jeden Wunsch

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