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Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Salz der Erde: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Wolf
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die Torwächter. Sie haben nichts bemerkt.«
    Sie brachten Pierre in die Schmiede, wo die anderen Männer der Bruderschaft kauerten, siebzehn an der Zahl, und legten ihn auf den Tisch. Pierres Weib öffnete das Leichentuch, kniff die Lippen zusammen und streichelte seine Wange. Eine einzelne Träne rann ihr die Wange hinab und tropfte auf ihren Ärmel.
    »Ich habe mit Pater Jodocus gesprochen«, sagte Jean. »Pierre bekommt ein christliches Begräbnis.«
    Die junge Frau – sie war fast noch ein Mädchen – nickte und sank zurück auf die Bank. Adèle gab ihr einen Becher Bier, setzte sich neben sie und nahm sie in den Arm.
    »Wegen vierzig Sous«, sagte Begon, einer der ältesten Schmiede des Viertels und doch ein Bulle von einem Mann. »Diese gottlosen Schweine.«
    »Was sollen wir noch alles ertragen?«, meinte ein anderer. »Wann unternehmen wir endlich etwas? Lassen wir Berengar und seine Kettenhunde unsere Hämmer und Schürhaken spüren!«
    »Ja!«, riefen die Männer.
    »Schlagen wir zu!«
    »Noch heute Nacht!«
    Jean hob beide Hände, und die Schar verstummte. »Es ist an der Zeit, dass wir uns wehren. Aber nicht allein. De Guillorys Leute haben Rüstungen, Schwerter, Armbrüste. Wenn wir gegen sie bestehen wollen, brauchen wir Hilfe.«
    »Ich habe Archambaud Leblanc getroffen«, sagte Begon. »Den Stadtbauern steht es auch bis hier. Gestern erst hat Berengar einen ganzen Wagen Rüben beschlagnahmt, weil zwei Bauern den Marktzoll nicht zahlen konnten. Ich sage dir, sie warten nur darauf, es diesen Schweinen zu zeigen.«
    »Ich rede mit Leblanc und den Führern der anderen Bruderschaften. So lange müsst ihr euch gedulden. Bleibt ruhig, auch wenn es euch schwerfällt.«
    Unzufriedenheit sprach aus den funkenverbrannten Gesichtern. Ihr Zorn war groß, und er verlangte viel von ihnen. Doch sie fügten sich, denn sie hatten bereits vor vielen Jahren gelernt, ihm zu vertrauen. Er hatte sie noch nie im Stich gelassen.
    »Geht jetzt nach Hause«, sagte er. »Wenn ich mehr weiß, rufe ich euch.«
    Prankenhafte Hände schlossen sich um Schürhaken und Hämmerschäfte. Leder knirschte, und Stoff raschelte, als die Männer einer nach dem anderen durch die Hintertür schlüpften und in der Nacht verschwanden. Zurück blieb Pierres Frau, die im Schein des Kienspans kauerte und leise um ihren Mann weinte.
    Erst vor einem halben Jahr haben sie geheiratet. Sie wollten einen Sohn. Jean ballte die Rechte zur Faust, die Muskeln wölbten sich unter seinem Ärmel, und die Fingernägel gruben sich tief in sein Fleisch.
    Etwas lag in der Luft, Berengar konnte es spüren.
    Argwöhnisch beobachtete er die Hütten und Häuser am Straßenrand, während er mit zweien seiner Männer die Grande Rue hinaufritt. Alles sah aus wie immer. Handwerker, die in ihren Werkstätten arbeiteten. Spielende Kinder. Greise, die in der Sonne saßen. Und doch fühlte sich Berengar wie vor einer Schlacht, wenn sich die Heere auf einer weiten Ebene gegenüberstanden, die Rösser unruhig mit den Hufen stampften und die Luft summte vor Anspannung und Blutdurst.
    Ein Schuhmacher starrte ihn bohrend an, spuckte aus und verschwand mit hochgezogenen Schultern in seiner Hütte. Zwei alte Weiber, beide hässlich wie die Nacht, tuschelten miteinander und verfolgten sie mit Blicken.
    Berengar legte die Hand auf den Schwertknauf.
    Ein metallischer Schlag. Einer seiner Männer schrie, und als Berengar herumfuhr, kippte er gerade aus dem Sattel.
    Sämtliche Leute auf der Straße waren verschwunden, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Auf den Hütten- und Schuppendächern erschienen Gestalten, erst drei oder vier, dann ein ganzes Dutzend. Sie schleuderten Steine und Unrat und brüllten wie eine Horde rasender Barbaren.
    »Zurück!«, rief Berengar, während Holzbrocken und faule Rüben gegen sein Panzerhemd, den Schild und den Helm prallten. »Zurück!« Sein Pferd scheute. Hart riss er es herum. Etwas zerplatzte feucht und warm an seiner Schulter, und es stank nach Scheiße.
    Der Waffenknecht hatte seinen Stiefel aus dem Steigbügel befreit und kroch unter einen Karren. Der andere galoppierte bereits in Richtung Domplatz. Berengar folgte ihm, und seine Ohren dröhnten vom Gebrüll der Meute. Sie kamen nicht einmal bis zur Abtei Longchamp. Aus einer Seitengasse fluteten Leute, zwanzig, dreißig, Männer wie Frauen. Sie schrien und schwenkten Mistgabeln, Sensen, Knüppel, Äxte. Ein Weber mit hochrotem Kopf stieß mit der Pike nach Berengar, der Sarjant wehrte den

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