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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Prächtls Autowerkstatt vorbei zu fahren, um zu sehen, was
sich in den vergangenen Jahren verändert haben mochte. Außer einem frischen
Fassadenanstrich nicht viel, stellte ich fest, als ich vor seiner Werkseinfahrt
kurz abbremste. Mensch, Freddy, hier hast du mal gearbeitet. Zu jener Zeit war
meine Welt noch in Ordnung, sagte ich zu mir, bevor ich die Tankstelle an der
Autobahnauffahrt erreichte. Vollgetankt raste ich mit meinem neuen Fahrzeug auf
der A 8 in Richtung München. Während der ganzen Fahrt stellte ich mir die
gleichen Fragen: Was würde mich erwarten? Was erhoffte ich? Offene Arme?
    Nieselregen
und einige kleinere Staus hielten mich auf. Ich brauchte knapp zwei Stunden,
und eine weitere, um die Straße und Hausnummer in Münchens Innenstadt zu
finden. Mit dem Fahrstuhl erreichte ich die vierte Etage. Es war sieben Uhr
abends.
    „Vati?
Bist du das?“ fragte mich Gaby ungläubig. Dann ließ sie mich in die Wohnung.
Danny sei zum Reiten. Mutti wäre beim Friseur, weil die heute Abend im
Krankenhaus eine kranke Feier feiern, erläuterte sie mir schmunzelnd. Die
kranken Schwestern feierten dort andauernd kranke Feiern im kranken
Krankenhaus. Ihren Humor hatte sie wahrscheinlich von Vroni geerbt.
    „Nun
setz dich doch endlich hin. Mann, bist du aber braungebrannt. Da warst du
bestimmt lange im Urlaub. Bleibst du jetzt für immer bei uns?“ Sie fragte und
fragte. Ich konnte gar nicht schnell antworten und wusste auch nicht, wie ich
ihr mein vergangenes Leben erklären sollte. Sie hüpfte von einem Sessel zum
anderen. Sie war so ein hübsches, großes Mädchen geworden, dachte ich. Hinter
meinem Taschentuch versteckte ich meine Tränen.
    Die
Schule mache ihr Spaß. Danny wird dieses Jahr im Herbst seine Lehre beginnen.
Er will Koch werden. Oma und Opa? Denen ginge es gut. Die wohnten noch in
Berlin. Die wollten da einfach nicht weg. Mutti hätte ihnen schon öfters eine
Wohnung hier in unserem Viertel besorgen können, aber nee, die wollten einfach
nicht weg aus ihrem doofen Berlin. Einen Mann?
    „Was
denn für einen Mann? Na, hör mal! Mutti hat doch keinen anderen Mann.“ Seit sie
in München lebten, lebten sie allein. Das würde Danny niemals zulassen, dass
sich bei ihnen wieder irgendein Fremder breit macht. Das hatte er Gaby ganz
fest versprochen.
    „Siehst
du, Vati? Da hast du aber Glück, dass jemand zuhause ist. Wäre meine Lehrerin
nicht krank geworden, hättest du umsonst geklingelt. Ich komme direkt von
meiner Klavierstunde und die ist, Gott sei Dank, ausgefallen, sonst würdest du
hier nämlich gar keinen angetroffen haben.“
    „Du
nimmst Klavierunterricht?“
    „Na,
klar. Mutti meinte, ich soll mir ein Beispiel an meinem Vati nehmen, und das
bist ja wohl du. Denn du wärst sehr stolz, wenn ich besser Klavierspielen
könnte als du. Heute tun mir meine Finger mal nicht so weh wie sonst – nach all
diesen verfluchten Tonleiterübungen. Ich weiß nicht warum, jedenfalls will
meine Klavierlehrerin, dieses Fräulein Zeschke, plötzlich anfangen mir in den kommenden
Wochen das Klavierkonzert Nr. 21 in C-Dur von Mozart draufzudrücken.
Köchelliste 467, oder so was. Die Nummer soll der Wolfgang 1785 geschrieben
haben. Den Song kennt doch heute kein Mensch mehr. Schau dir mal meine kurzen
Fingerchen an. Können die schon so etwas spielen?“
    „Gaby,
es geht nicht um deine Finger, die werden ja bestimmt noch wachsen. Es geht um
deinen Kopf. Ich meine, in deinem Kopf musst du es erst einmal spielen und
begreifen lernen. Später werden dir auch deine Fingerchen gehorsam sein.“
    „In
meinem Kopf spielen aber ständig die Beatles herum. Ich hämmere lieber ‚Sexy
Sadie‘ oder ‚Strawberry Fields‘ auf die Tasten, als irgendeine C-Durtonleiter
von einem toten Genie. Ich glaube solche verrückten Harmoniewechsel wie die von
John und Paul, kannte unser lieber Amadeus anno dazumal noch gar nicht.“
    „Wer
hat dir denn diesen Unsinn erzählt? Und wieso spuken dir überhaupt die Beatles
im Kopf herum? Die gibt’s doch seit fast dreißig Jahren gar nicht mehr.“
    „Sagte
ich ja schon: weil ich ihre Musik mag, und weil du sie auch magst. Ich habe
alle Titel. Mutti hatte mir damals erlaubt, jeden Monat eine CD von meinem
Taschengeld zu kaufen. Jetzt habe ich sie halt alle. Alle! Und stell dir mal
vor, meistens schiebt Mutti die Dinger in den Player. Merkwürdigerweise bekommt
sie dann beim Zuhören meistens feuchte Augen, bei den heftigsten Titeln. Ich
verstehe das nicht. Vati, erzähle ihr

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