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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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kränklichen
Eindruck auf mich. Seine Augen starrten verwirrt um sich, die Wangen wirkten
eingefallen und das Gesicht hatte eine ungesunde Farbe - es war blass, fast
weiß. Die Haare hingen zerzaust in der Stirn und seine Kleidung musste man
beinahe als ungepflegt bezeichnen. Weshalb brachten sie diesen Mann zu mir? Was
hatte das zu bedeuten?
    Ich
hob den umgefallen Stuhl auf und sagte: „Bitte, setzen Sie sich.“ Und zu Maria
gewandt: „Bring ihm was zu trinken und dann räume den Schutthaufen da weg.“
    Widerspruchslos
befolgte sie meine Anweisungen. Nachdem sie dem Mann ein Glas Wasser zum Mund
geführt hatte und er es in einem Zug austrank, begann sie das Zimmer
aufzuräumen. Ich bemühte mich den Fremden mit einigen belanglosen Worten zu
beruhigen, doch er brach in Tränen aus.
    „Wer
sind Sie?“ fragte ich ziemlich hilflos und stellte dabei den umgestürzten Tisch
wieder an seinen Platz.
    „Mein
Name ist Peter Lutze“, brachte er stockend heraus. „Ich komme aus Bremen. Meine
Firma delegierte mich zu einem Seminar für ‚Kommunikationstraining von
Führungskräften‘. Ich bin Leiter der Personalentwicklung bei der ‚Baumann
Consulting Group‘. Wir sind Unternehmensberater. Ich hatte mich so gefreut,
dass meine Firma dieses Seminar noch vor der Sommerpause für mich organisieren
konnte. Das war im Juni. Seitdem werde ich hier gefangengehalten. Kein Mensch
wird mich vermissen. Ich lebe allein, und meine Kollegen denken, ich fliege
gleich nach dem Seminar in den Urlaub auf die Malediven. Man erwartet mich erst
Anfang Oktober zurück. Bevor die mich suchen lassen, lebe ich nicht mehr. Sind
Sie auch Gefangener? Müssen Sie auch Frauen schwängern?“
    Fassungslos
blickte ich ihn an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Den hatten sie also
ebenfalls auf ihrer Erzeugerliste, dachte ich. Somit bin ich nicht allein für
den Nachwuchs in diesem Nest verantwortlich.
    „Ich
habe denen gesagt, ich werde das nicht tun und musste obendrein noch erklären,
aus welchem Grund ich das nicht tun werde. Ich hatte von jeher Probleme mit
Frauen, wissen Sie? Mein ganzes Leben lang fügten mir Frauen Schmerz und Leid
zu. Dadurch kam es . . ., ich bin . . . ich will nicht . . . verstehen Sie? In
mir ist solch ein Ekel, das geht bis zum Erbrechen. So was kann sich wahrscheinlich
niemand vorstellen. Ich hasse Frauen, ich hasse ihre Körperlichkeit. Wenn ich
nur eine berühren müsste, nur berühren, drehte sich mir sofort der Magen um. In
meiner Firma weiß das natürlich keiner. Begreifen Sie, was ich sagen will? Ich
bin homosexuell! Schwul! Na ja, die Hansen hat mir etwas Zeit gegeben, um zu
mir selbst zu finden. Und diese Psychologin wollte mir laufend einreden, dass
ich als Mann geboren wurde und Gott mein Glied für eine Frau erschuf, um damit
die Menschen nach seinem Abbild zu vermehren. Als ich es auch weiterhin
ablehnte auf ihre absurden Forderungen einzugehen, kam diese Frau Doktor
Johannsen zu mir ins Zimmer gestürzt, fesselte mich ans Bett, stach mir eine
Betäubungsspritze in die linke Hand und operierte mir meinen kleinen Finger ab.
Vier Wochen später war mein rechter Daumen dran. Hier, sehen Sie sich das an.“
    Er
stand auf und drehte mir seinen Rücken zu, wo ich die Handschellen und die
Verbände an beiden Händen sah.
    „Sollte
ich mich auch künftig weigern einen Geschlechtsverkehr zu vollziehen, schneiden
die mir ein Bein ab und zu guter Letzt werfen sie mich lebendig in den Brunnen.
Bitte, helfen Sie mir doch! Bitte, ich flehe Sie an . . .“
    „In
welchen Brunnen denn?“ unterbrach ich ihn ungläubig.
     
    Wichtig war Salz
schon seit prähistorischen Zeiten. Damals wurde es nicht nur als Würzmittel und
zum Konservieren von Lebensmittel benutzt, sondern war auch eine
gewinnbringende Handelsware. Griechen, Römern, Hebräern und Christen
gebrauchten es außerdem für religiösen Riten.

25. Eine Winterreise
     
    „Mein
Junge, du müsstest doch eigentlich selbst am besten wissen, dass man einen
zerbrochenen Krug nicht mehr kitten kann“, meinte Mutti fröstelnd.
    „In
Ausnahmefällen soll es immerhin schon funktioniert haben“, behauptete ich
starrköpfig, zog sie fester an mich und drückte ihren verfrorenen Körper tief
in meinen dicken Wintermantel. Auf dem völlig überfüllten Berliner Ostbahnhof
gab ich ihr einen letzten Kuss auf die kalte Wange. Trotz meiner
Aufbruchstimmung, wusste ich, dass zugige Bahnhöfe wegen unserer Gefühle nicht
wärmer, Trennungen nicht heiterer und Abfahrten

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