Das Salz der Mörder
immer legal, allerdings äußerst effizient. Ich werde
demzufolge den offiziellen Teil übernehmen und unser Mann im Hintergrund - den
Sie, nebenbei bemerkt, gar nicht kennen sollten - bearbeitet den inoffiziellen
Teil, die Drecksarbeit also. Akteneinsicht hatte ich bereits. Und wie es
aussieht, sind unseren Herrn Polizisten einige sehr fatale Fehler unterlaufen.
Dies ist die unglaublichste Verkettung von polizeilicher Inkompetenz, mit der
ich jemals konfrontiert worden bin.
So,
liebe Frau Wegner, Sie brauchen sich um nichts zu kümmern, kümmern Sie sich
ausschließlich um meine Schwiegermutter. Sie scheint ja große Stücke auf Sie zu
halten. Ich werde Sie von Zeit zu Zeit über unsere Erfolge informieren.“
Rat und Salz gibt
man dem, der danach fragt. (bretonisches Sprichwort)
41. Das Ende der Pressefreiheit Auszug aus einem Artikel des Nachrichtenmagazins „S.“
Mit
dem Aufruf „Wir suchen Gaby“ haben sich die Itzehoer Nachrichten in ein
gefährliches Zwielicht manövriert. Nach der Veröffentlichung eines Farbfotos in
seiner Wochenendausgabe vom 27. September, auf dem der mutmaßliche Entführer,
Manfred Wegner, seine Tochter Gabriele und die Geliebte des Wegners abgebildet
waren, wurden die Redaktionsräume dieses Blattes sowie die Privatwohnungen
einiger leitender Mitarbeiter durchsucht. Der für die Berichterstattung
zuständige Redakteur und dessen Fotograf sind vorübergehend festgenommen
worden. Begründung: Zurückhaltung von Beweismitteln und Verdacht der
Vorteilsnahme. Weiterhin wurde durch richterlichen Beschluss verfügt, dass
dieses Blatt einstweilen keine weiteren Veröffentlichungen und redaktionelle
Recherchen, die den obengenannten Vorgang betreffen, durchführen darf.
Wir
fragen uns: Ist es wieder soweit? Leben wir immer noch im Oktober 1962, als man
während einer Nacht-und-Nebel-Aktion den Herausgeber, den Verlagsdirektor und
eine Handvoll Redakteure des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ wegen
angeblichen Landesverrats verhaftete, und ein gewisser Franz Josef Strauß
aufgrund unhaltbarer Anschuldigungen gegen dieses Blatt seinen Posten als
Verteidigungsminister niederlegen musste?
Und
heute? Von neuem entzieht man den Medien die Freiheit der freien
Meinungsäußerung und der mündige Bürger hat den Mund zu halten. Oder haben
einzelne kommunale oder überregionale Politiker unter Umständen Angst die
wahren Hintergründe des bundesweit aufsehenerregenden Entführungsfalls Wegner
öffentlich darzulegen? Wir dürfen hier nur spekulieren. Könnte es sein, dass
unliebsame Journalisten von der Staatsgewalt lautlos abgehört worden sind? Ist
George Orwell mit seinem Horrorszenario „1984“ inzwischen zur täglichen
Standardlektüre für bundesdeutsche Verfassungsschützer mutiert? Der so genannte
„Große Lauschangriff“ füllt zurzeit die Spalten aller einschlägigen deutschen
Tageszeitungen. Eine große Koalition aus Union, Liberalen und Sozialdemokraten
übt den Verfassungsbruch, in diesem, unserem Lande. Gemeinsam wollen sie den
Artikel 13 des Grundgesetzes in Luft auflösen. Die Väter unserer Verfassung
meinten nicht zu unrecht bereits am 23. Mai 1949: Die Wohnung ist
unverletzlich. Sollten die Enkelkinder unseres Grundgesetzes tatsächlich diesen
Artikel aus dem Verkehr ziehen, würde das bedeuten, dass Polizei und
Verfassungsschutz künftig ohne vorherige richterliche Erlaubnis Wanzen und
Videokameras in Wohnungen und in - rechtlich der Wohnung gleichgestellt -
Redaktionen, Arztpraxen und Anwaltskanzleien installieren können, wenn nur der
Ansatz einer „dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ gegeben ist -
der präventive Lausch- und Spähangriff. Künftig sind Ermittler befugt Wohnungen
von Verdächtigen zu verwanzen. Dazu gehören jene Räume, in denen Verdächtige
sich „vermutlich“ aufhalten, also ebenso Büros und Wohnungen ahnungsloser
Bundesbürger. Erforderlich ist nicht einmal der dringende Tatverdacht. Sollte
im gleichen Atemzug das Ausführungsgesetz verabschiedet werden, würde in
Zukunft ein schlichter Fahrraddiebstahl zur Wanzenaktion hochstilisiert.
Stellen Sie sich vor, wenn ihre Tochter ein Messer zum Schälen ihres
Frühstücksapfels im Schulranzen mit sich trägt, gäbe dieser Sachverhalt Anlass
einen Lauschangriff auf das Elternhaus zu starten. Was unseren Kollegen von den
Itzehoer Nachrichten widerfahren ist, könnte sich zu jeder Tages- und Nachtzeit
genauso in allen anderen Redaktionsräumen der Republik ereignen. Niemand
Weitere Kostenlose Bücher