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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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große
Schalterhalle, geradewegs auf den beinahe menschenleeren Querbahnsteig zu.
Vermutlich angetrunken, pöbelten und grölten sie aus vollen Kehlen. Um alle
Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, schleuderten sie Gepäckwagen umher,
entleerten Papierkörbe und sangen lauthals „We Are The Champions“.
    Durch
den ungewöhnlichen Krawall aufgeschreckt - es war sieben Uhr fünfzehn -,
formierte sich die Bahnpolizei, um die Randalierer aufzuhalten. Nachdem die
krakeelende Horde die Polizisten hinter sich bemerkte, versuchte sie
davonzurennen, in einem Tempo allerdings, in dem sie für die Verfolger noch in
Sichtweite blieben. Die Jagd ging über Gleise und Schotter, durch Schneewehen
und Glatteis in Richtung Lokomotivausbesserungswerk. Fast gleichzeitig
erreichten sie ein kleines Gebäude, das sich an der Rückseite der Werkstatt
befand. Zu dieser Zeit versah Franz Stottinger nichts ahnend seinen Frühdienst.
Daniel, gefolgt von seiner johlenden Meute, stieß die Tür, an der das schlichte
Namensschild „F. Stottinger (Abteilungsleiter)“ befestigt war, auf und stellte
sich breitbeinig vor den Schreibtisch, hinter dem - völlig verstört und
geistesabwesend - Franz, der Schrank, saß. Mit seinem Holzknüppel umher
fuchtelnd, wartete Daniel bis seine Freunde in dem winzigen überheizten Büro
Aufstellung genommen hatten.
    „Was
soll das?! Bist du verrückt geworden? Was willst du? Hat dir diesen Quatsch
deine Mutter eingeredet? Verschwindet! Ich werde sofort die Polizei rufen
lassen“, brüllte Franz, während er von seinem Stuhl aufsprang und automatisch
zum Telefon griff. Als er aber im selben Augenblick sah, wie sich der erste
Polizeibeamte durch den verstellten Eingang zwängte und sich bis zu seinem
Schreibtisch vorgekämpft hatte, verstummte Franz plötzlich und sank kraftlos
auf seinen Stuhl, den Telefonhörer noch in der Hand. Langsam kühlte der Raum
aus, denn niemand schloss die Tür.
    „Was
geht hier vor, Herr Stottinger? Kennen Sie diese jungen Männer?“
    „Jawohl,
Herr Stottinger kennt uns“, fuhr Daniel dazwischen. „Mein Name ist Daniel
Wegner, und das ist mein Personalausweis. Hier, nehmen Sie den vorläufig an
sich, Herr Inspektor, denn ich brauche Sie als Zeugen. Ich weiß gar nicht warum
Herr Stottinger so aufgeregt ist. Meine Freunde und ich sind hergekommen, um
von diesem Herrn zu erfahren, wer sein Auftraggeber beziehungsweise sein
Komplize bei der Polizei ist. Das möchten wir gern wissen. Und das bitte
sofort. Dieser Herr Stottinger - hier! - versucht nämlich meine Mutter zu
erpressen und mich zu bedrohen. Franz, es stimmt doch, dass du und dein
Polizeispezi hunderttausend Mark von meiner Mutter erpressen wollt? Das stimmt
doch, oder?“ kreischte Daniel und schlug mit seinem Schläger energisch auf den
mit Papieren überfüllten Tisch. Durch die heftige Erschütterung fiel eine
Kaffeetasse klirrend zu Boden und zersprang.
    „Hören
Sie nicht auf den Jungen, Herr Obermayr. Er bringt da einiges durcheinander.“
Franz lächelte gezwungen, und Schweiß stand auf seiner Stirn. „Die Mutter des
jungen Mannes und ich kennen uns seit mehreren Jahren, und wir lebten für kurze
Zeit zusammen, ja . . . äh, es stimmt, ich hatte sie in der letzten Woche
besucht und wir haben bei einer Tasse Kaffee über dies und jenes geplaudert.
Das war etwas rein Privates. Und nun bildet sich der Junge ein, ich wolle
wieder bei seiner Mama anbändeln. Sie kennen ja die Probleme, Herr Obermayr,
die Kinder manchmal veranstalten, um niemand an die alleinstehende Mutter
heranzulassen.“
    „Franz,
ihr habt euch nicht übers Anbändeln unterhalten, sondern über eine handfeste
Erpressung, du Dreckskerl - redest solch ein saudummes Zeugs daher! Man müsste
dich tatsächlich auf der Stelle erschlag. . .“ Daniel hob zum zweiten Mal
seinen Baseballschläger in die Höhe. Rein automatisch traten seine Freunde
einen Schritt näher zum Schreibtisch.
    „Halt,
junger Mann! Legen Sie endlich Ihren Knüppel weg. Wir wollen uns doch nicht
wegen tätlicher Bedrohung eine Jungendstrafe einhandeln? Und überdenken Sie,
was Sie sagen, junger Freund, sonst kommt Beleidigung dazu. Also, ich bitte
Sie, Herr Stottinger, und Sie, Herr Daniel, ihre privaten Angelegenheiten nicht
innerhalb unseres Betriebsgeländes zu erörtern, anderenfalls muss ich Sie und
Ihre jungen Genossen wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit
vorübergehend festnehmen. Denn was ihr Typen im Bahnhofsgebäude veranstaltet
habt, reicht aus, um

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