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Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe

Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe

Titel: Das Scarlatti-Erbe - Ludlum, R: Scarlatti-Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Befehl, bei dem er eigentlich nicht damit rechnete, daß sie ihn befolgen würde, aber sie tat es. Elizabeth ließ den Kopf nach links fallen, ihre Zeitung lag ein paar Zoll von ihrer rechten Hand entfernt. Sie sah so aus, als wäre sie während des Lesens eingeschlafen.
    Die Kabinentür wurde schnell geöffnet und wieder geschlossen.
    Canfield preßte den Rücken gegen die Wand und hielt den kleinen Revolver fest umfaßt. Zwischen Türrahmen und Tür klaffte ein schmaler Spalt, durch den Canfield hinaussehen konnte. Plötzlich wurde ihm bewußt, daß der Eindringling denselben Vorteil hatte, nur das er, Canfield, sich im Schatten befand und der andere, wie er hoffte, nicht mit ihm rechnete.
    Jetzt konnte er den Besucher erkennen, und Canfield ertappte sich dabei, wie er unwillkürlich schluckte, zum Teil aus Verblüffung, zum Teil aus Angst.
    Der Mann war riesengroß, einige Zoll größer als Canfield, mit einer breiten Brust und mächtigen Schultern. Er trug einen schwarzen Pullover, schwarze Handschuhe, und sein ganzer Kopf war von einem halb durchsichtigen, schleierartigen Tuch bedeckt, Seide vielleicht, die dem Riesen ein gespenstisches Aussehen verlieh und sein Gesicht völlig unkenntlich machte.
    Der Eindringling kam jetzt durch die Schlafzimmertür und blieb am Fußende des Bettes stehen, knapp einen Meter von
Canfield entfernt. Er schien die alte Frau prüfend zu mustern, während er ein dünnes Seil aus der Hosentasche holte.
    Jetzt trat er links neben das Bett, beugte sich leicht vor. Canfield sprang aus seinem Versteck, schmetterte dem Mann mit aller Kraft den Revolver gegen den Schädel. Die Haut platzte unter dem Schlag auf, und Blut drang durch das Seidengewebe. Der Eindringling fiel nach vorn, stützte sich mit den Händen ab und wirbelte herum. Er war nur sekundenlang benommen.
    »Sie!« Das klang, als hätte er Canfield erkannt. »Sie Hurensohn! «
    Canfields Erinnerungsvermögen lief auf Hochtouren, tastete sich durch dichte Nebel an vergangene Ereignisse heran, und doch hatte er nicht die leiseste Ahnung, wer dieser hünenhafte Mensch war. Daß er ihn kennen müßte, war offensichtlich – daß er ihn nicht erkannte, möglicherweise gefährlich.
    Madame Scarlatti preßte sich gegen das Kopfende ihres Bettes. Sie beobachtete die Szene voll Angst, aber ohne Panik. Eher erfüllte sie Zorn, weil dies eine Situation war, die sie unmöglich unter Kontrolle bekommen konnte.
    »Ich werde die Schiffspolizei rufen«, sagte sie leise.
    »Nein!« befahl Canfield. »Rühren Sie das Telefon nicht an! Bitte!«
    »Sie müssen von Sinnen sein, junger Mann!«
    »Wollen Sie einen Handel mit mir abschließen, Kumpel?«
    Die Stimme kam ihm auf unbestimmte Weise bekannt vor. Der Buchprüfer richtete seinen Revolver auf den Kopf des Mannes.
    »Kommt nicht in Frage. Runter mit dieser Karnevalsmaske! «
    Der Mann hob langsam beide Arme.
    »Nein, Kumpel. Eine Hand. Setzen Sie sich auf die andere. Mit der Handfläche nach oben!«
    »Schlauer Junge.« Der Eindringling ließ einen Arm sinken.
    »Mr. Canfield, ich muß wirklich darauf bestehen, die Polizei zu verständigen«, sagte Elizabeth. »Der Mann ist in meine Kabine eingedrungen. Weiß Gott, wahrscheinlich wollte er
mich berauben oder töten. Nicht Sie! Ich muß jetzt die zuständigen Behörden rufen!«
    Canfield wußte nicht recht, wie er es der alten Frau klarmachen sollte. Er war keineswegs der Heldentyp, und der Gedanke an formellen Schutz war verlockend. Aber würde es wirklich ein Schutz sein? Und selbst wenn – dieser Hüne zu seinen Füßen war die einzige Verbindung oder mögliche Verbindung, die er oder sonst jemand in der Gruppe 20 mit dem verschwundenen Ulster Scarlett besaß. Canfield war sich klar, daß der Eindringling einfach als gewöhnlicher Dieb geopfert werden würde, wenn man die Schiffsbehörden rief. Es war möglich, daß der Mann ein Dieb war, aber Canfield bezweifelte das stark.
    Der maskierte Charles Boothroyd, der zu Füßen des Buchprüfers saß, gelangte in bezug auf seine Zukunft zu einem ähnlichen Schluß. Die Aussicht des Scheiterns, verbunden mit einem längeren Gefängnisaufenthalt, begann in ihm ein unkontrollierbares Gefühl der Verzweiflung auszulösen.
    Canfield sagte leise zu der alten Frau: »Ich möchte darauf hinweisen, daß dieser Mann nicht eingebrochen ist. Er hat die Tür aufgeschlossen, was darauf hindeutet, daß man ihm einen Schlüssel gegeben hat. «
    »Das ist richtig. Den hat man mir gegeben. Sie wollen doch keine

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