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Das Schicksal in Person

Das Schicksal in Person

Titel: Das Schicksal in Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Schülerin. Als ihre Eltern starben, kam sie eine Weile zu uns, um sich zu entscheiden, was sie werden wollte. Sie war damals achtzehn oder neunzehn. Ein sehr liebes und anhängliches Mädchen. Sie hatte daran gedacht, Krankenschwester zu werden, aber Miss Temple war dafür, dass sie auf die Universität ging, denn sie war sehr intelligent. Sie hat sich hier auf das Studium vorbereitet – bis diese schreckliche Sache passierte.«
    Sie wandte ihr Gesicht ab.
    »Ich – haben Sie etwas dagegen, wenn wir im Augenblick nicht weiter darüber sprechen?«
    »Aber nein, natürlich nicht«, sagte Miss Marple. »Es tut mir sehr Leid, dass ich dieses tragische Thema berührt habe. Ich wusste nicht… Ich dachte…« Was sie sagte, wurde immer zusammenhangloser.
     
    Am Abend erfuhr sie noch etwas mehr. Mrs Glynne kam in ihr Zimmer, gerade als sie sich zum Essen umziehen wollte.
    »Ich dachte, ich müsste heraufkommen, um es Ihnen zu erklären«, sagte sie. »Wegen des Mädchens, wegen Verity Hunt. Sie konnten natürlich nicht wissen, dass unsere Schwester Clotilde sie so gerne hatte und ihr Tod ein schrecklicher Schock für sie war. Wir erwähnen ihren Namen möglichst nicht, doch es wird besser sein, wenn ich Ihnen alles erzähle, damit Sie es verstehen. Wie sich damals zeigte, hatte sich Verity ohne unser Wissen mit einem wenig erfreulichen, ja sogar gefährlichen jungen Mann befreundet, der vorbestraft war. Er machte uns einen Besuch, als er gerade in der Gegend war. Wir kannten seinen Vater sehr gut.« Sie machte eine Pause. »Ich sage Ihnen wohl besser die ganze Wahrheit, wenn Sie sie nicht schon wissen, was anscheinend nicht der Fall ist. Es war Michael, Mr Rafiels Sohn – «
    »Ach je«, sagte Miss Marple. »Ich wusste seinen Namen nicht mehr, aber ich kann mich erinnern, dass es einen Sohn gab, der nicht sehr erfreulich gewesen sein soll.«
    »Mehr als das«, sagte Mrs Glynne. »Er hat immer Scherereien gemacht und stand auch schon vor Gericht wegen der verschiedensten Dinge, Überfall auf ein junges Mädchen und ähnliche Sachen. Leider sind die Behörden zu nachsichtig. Man will das Universitätsstudium eines jungen Mannes nicht gefährden und gewährt ihm Strafaufschub oder wie man das nennt. Wenn man diese jungen Leute gleich ins Gefängnis steckte, würden sie sich vielleicht doch nach besinnen. Er war außerdem ein Dieb. Er hat gestohlen und Schecks gefälscht. Ein durch und durch übler Bursche. Wir waren mit seiner Mutter befreundet. Es war wohl ein Glück für sie, dass sie so jung starb und nicht erleben musste, wie dieser Sohn sich entwickelte. Mr Rafiel hat getan, was er konnte. Er hat versucht, passende Arbeit für den Jungen zu bekommen, hat Bußgelder gezahlt und so weiter. Ich glaube, es war ein großer Schlag für ihn, obwohl er so tat, als sei es ihm gleichgültig, als gehöre es zu den Dingen, die nun mal passieren. Wir hatten – und das können Sie auch von den Leuten im Dorf hören – eine Serie schlimmer Gewalttaten und Morde hier im Bezirk. Und nicht nur hier, sondern auch in der weiteren Umgebung, zwanzig, fünfzig Meilen entfernt. Das Zentrum scheint jedoch hier bei uns gewesen zu sein. Nun, Verity verließ eines Tages das Haus, um eine Freundin zu besuchen – und kam nicht zurück. Wir gingen zur Polizei, es wurde nach ihr gesucht, die ganze Gegend durchgekämmt, aber es war keine Spur von ihr zu finden. Es wurden Suchanzeigen aufgegeben, und die Polizei meinte schließlich, dass sie mit einem Freund durchgegangen sei. Dann wurde bekannt, dass sie mit Michael Rafiel zusammen gesehen worden war. Zu der Zeit verdächtigte man Michael schon der verschiedensten Verbrechen, doch es gab keine Beweise. Verity war mit einem jungen Mann gesehen worden, dessen Beschreibung auf Michael passte. Auch sein Wagen wurde richtig beschrieben. Weitere Anhaltspunkte gab es jedoch nicht, bis sechs Monate später ihre Leiche entdeckt wurde. Dreißig Meilen von hier entfernt, in einer unzugänglichen Waldgegend, in einem Tümpel, bedeckt mit Steinen und Erde. Clotilde musste hingehen, um sie zu identifizieren. Es war tatsächlich Verity. Sie war erwürgt worden, ihr Gesicht war entstellt und der Kopf eingeschlagen worden. Clotilde ist über den Schock nie hinweggekommen. Man hat das Mädchen an verschiedenen Dingen erkannt, an einem Mal, Narben, ihrer Kleidung und der Handtasche. Miss Temple hatte Verity sehr gern. Wahrscheinlich hat sie deshalb kurz vor ihrem Tod an sie gedacht.«
    »Es tut mir Leid«, sagte

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