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Das Schicksal in Person

Das Schicksal in Person

Titel: Das Schicksal in Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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eines der letzten Worte, die Elizabeth Temple ausgesprochen hatte. Also hieß die Devise: Verity.
    Miss Marple wartete. Was würde passieren? Sicher würde es irgendeine Reaktion geben. Ja, sie hatte sich nicht getäuscht. Ihre wachen Augen hatten sofort eine Veränderung im Verhalten der drei wahrgenommen.
    Mrs Glynne hatte das Buch, das sie in der Hand gehalten hatte, hingelegt und schaute Miss Marple überrascht an. Überrascht offenbar, weil dieses Wort aus Miss Marples Mund gekommen war.
    Clotilde reagierte anders. Ihr Kopf fuhr hoch, sie beugte sich vor, und dann schaute sie nicht zu Miss Marple hinüber, sondern auf eines der Fenster. Ihre Hände krampften sich zusammen, aber sonst blieb sie still sitzen. Miss Marple, die ihren Kopf etwas gesenkt hatte, als ob sie nicht hinsähe, bemerkte, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Clotilde saß bewegungslos da und weinte. Sie holte kein Taschentuch hervor und sagte kein Wort. Miss Marple war von ihrem Kummer sehr beeindruckt.
    Anthea reagierte sehr merkwürdig. Es war eine schnelle, erregte, fast freudige Reaktion.
    »Verity? Sagten Sie Verity? Haben Sie sie gekannt? Das wusste ich nicht. Meinen Sie Verity Hunt?«
    Lavinia Glynne sagte: »Ist das ein Vorname?«
    »Ich kenne niemand, der so heißt«, sagte Miss Marple. »Aber ich meinte einen Vornamen. Ein sehr ungewöhnlicher Name, finde ich: Verity.«
    Sie ließ ihr rotes Wollknäuel fallen und schaute die anderen entschuldigend und etwas bestürzt an, als habe sie einen Fauxpas begangen und wisse nicht, warum.
    »Ich – es tut mir Leid. Habe ich irgendetwas Falsches gesagt? Es sollte…«
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Mrs Glynne. »Es ist nur, weil wir diesen Namen kennen, weil er uns etwas bedeutet.«
    »Er fiel mir gerade ein«, sagte Miss Marple, »weil die arme Miss Temple ihn ausgesprochen hatte. Ich habe sie gestern Nachmittag noch besucht. Professor Wanstead hat mich hingebracht. Er dachte, dass ich sie – ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll – wieder zum Bewusstsein bringen könnte. Sie war im Koma, und so dachte man… Nicht, dass ich eine Freundin von ihr gewesen wäre, aber wir hatten uns auf der Reise miteinander unterhalten und saßen oft nebeneinander. Und da dachte der Professor, ich könnte irgendwie helfen. Leider konnte ich das aber nicht. Ich saß nur da und habe gewartet, und dann sagte sie ein paar Worte, ganz zusammenhanglos. Als ich gehen musste, öffnete sie die Augen und schaute mich an. Ich weiß nicht, ob sie mich mit irgendjemand verwechselte, sie sagte nur das eine Wort: Verity! Und das habe ich mir natürlich gemerkt. Es muss irgendjemand gewesen sein, an den sie gedacht hatte. Aber es könnte – es könnte natürlich auch ganz einfach ›Wahrheit‹ bedeuten. Verity bedeutet doch auch Wahrheit?«
    Sie schaute von Clotilde zu Lavinia und dann zu Anthea.
    »Es war der Vorname eines jungen Mädchens, das wir kannten«, sagte Lavinia Glynne. »Deswegen hat es uns überrascht.«
    »Vor allem wegen ihres schrecklichen Todes«, sagte Anthea.
    Clotilde fiel nun mit ihrer tiefen Stimme ein: »Anthea. Es ist nicht nötig, dass du darüber sprichst.«
    »Ach, es weiß ja doch jeder, was los war«, sagte Anthea. Sie schaute Miss Marple an. »Ich dachte, Sie wüssten es vielleicht, weil Sie Mr Rafiel kannten. Er hat doch Ihretwegen geschrieben, deswegen müssten Sie ihn gekannt haben. Und ich dachte, dass er Ihnen vielleicht alles erzählt hat.«
    »Es tut mir Leid«, sagte Miss Marple, »aber ich verstehe nicht ganz, wovon Sie sprechen.«
    »Man hat ihre Leiche in einem Tümpel gefunden«, sagte Anthea.
    Wenn Anthea einmal loslegt, ist sie nicht aufzuhalten, dachte Miss Marple. Sie merkte aber auch, dass Antheas aufgeregte Erzählung auf Clotilde nicht ohne Wirkung blieb. Sie hatte ihr Taschentuch hervorgeholt, sich die Tränen abgewischt und aufrecht hingesetzt.
    »Verity«, sagte sie, »war ein Mädchen, das wir sehr liebten. Sie hat eine Weile hier bei uns gelebt. Ich habe sie sehr gern gehabt – «
    »Und sie dich«, sagte Lavinia.
    »Ich war mit ihren Eltern befreundet«, erklärte Clotilde. »Sie kamen bei einem Flugzeugunglück ums Leben.«
    »Sie war in Fallowfield«, sagte Lavinia. »Wahrscheinlich hat Miss Temple deswegen an sie gedacht.«
    »Ach, ich verstehe«, sagte Miss Marple. »Wo Miss Temple Schulleiterin war! Ich habe natürlich schon oft von Fallowfield gehört. Eine sehr gute Schule, soviel ich weiß.«.
    »Ja«, sagte Clotilde. »Verity war dort

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