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Das Schiff der Hoffnung

Das Schiff der Hoffnung

Titel: Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geschossen?«
    Dann sah sie das zersplitterte Bullauge und davor den Matrosen auf seinem pendelnden Anstrichbrett. Sie preßte die Hände gegen den Mund und sah sich entsetzt um.
    »Es ist nichts geschehen«, sagte Haußmann und führte Marion zur Tür zurück. An der Blutlache auf der Erde stockte sie, ein Zittern lief über ihren Körper. »Gar nichts! Spiel weiter Kricket oder tanze Twist, schließlich sollte es eine Vergnügungsreise sein.«
    »Bärchen …«, stammelte Marion mit weiten Augen.
    »Bitte geh –«, sagte Haußmann rauh.
    »Was habe ich dir getan?«
    »Nichts! Und das ist gut so.«
    »Was … was ist denn hier geschehen? Was ist mit deiner Frau?«
    »Sie schläft. Laß ihr die Ruhe. Geh an Deck und amüsiere dich.«
    Er drängte Marion auf den Flur und sah den I. Offizier an, der etwas verlegen allein noch im Flur stand. Die Menschenmenge hatte sich zerstreut. Die Nachricht von dem Geschehen unter Deck verbreitete sich nun über das ganze Schiff und wurde zur willkommenen Urlaubssensation. Der Matrose wurde wieder hochgezogen. Er wurde an der Reling empfangen wie ein siegreicher Weltmeister im Boxen.
    »Kann man die Tür ersetzen?« fragte Haußmann.
    »Der Bordschreiner wird sofort ein paar Bretter davornageln.« Der I. Offizier kaute an der Unterlippe. »Noch eins, mein Herr …«
    »Bitte?«
    »Ich hatte mich unhöflich benommen. Bitte, verzeihen Sie.«
    Mit einem Ruck wandte sich der I. Offizier ab und verließ schnellen Schrittes den Gang. Marion folgte ihm mit gesenktem Kopf. Wie geprügelt kam sie sich vor, und sie erlitt es stumm wie eine Buße für die Monate, die hinter ihr lagen.
    Karl Haußmann trat in die Kabine zurück und hängte eine Decke vor die zersplitterte Tür. Dann setzte er sich neben Erika auf das Bett, nahm ihre kalten Hände zwischen seine Hände und wartete, bis sie aus der Ohnmacht erwachte.
    Eine Stunde später erhängte sich Uve Frerik in seinem Verschlag mit einem in Streifen zerrissenen Hemd.
    Und Dr. Mihailovic stellte sachlich den Tod durch Ersticken fest. Er roch schon wieder nach gutem, altem Slibowitz.
    In Dubrovnik war man zunächst nicht erstaunt, daß die ›MS Budva‹ nicht pünktlich um 8 Uhr morgens in den Hafen einlief. Die Abfahrt aus Bari war gemeldet, die Nacht war ruhig und fast windstill, also gar kein Anlaß, sich Gedanken zu machen. Der Hafenkommandant und der Geschäftsführer der Linie telefonierten nur kurz miteinander und versicherten sich gegenseitig, daß alles normal sei.
    »Die ›Budva‹ ist ein alter Kahn, Genosse Mirko«, sagte der staatliche Reederei-Sekretär. »Wir müssen mit Verspätungen rechnen. Die Reparaturen an der ›Sveti Stefan‹ werden noch zwei Tage dauern, dann läuft wieder alles normal.«
    »Natürlich, Genosse«, sagte der Hafenkommandant. »Ein alter Gaul springt über keine Zäune mehr.«
    Nachdenklich wurde man erst, als gegen 10 Uhr noch immer keine ›MS Budva‹ am Horizont erschien und auch kein Funkspruch kam, obgleich man seit einer halben Stunde das Schiff anrief.
    »Verstehen Sie das?« fragte der Reederei-Sekretär nervös. Er saß bei dem Hafenkommandanten im Zimmer und sah mit einem starken Feldstecher über das blau flimmernde Meer. »Aus Bari ist uns bestätigt worden, daß die ›Budva‹ pünktlich abgelegt hat. Sie muß etwas an der Funkanlage haben, denn niemand antwortet.«
    »Es ist eine blöde Situation, Genosse.« Der Hafenkommandant sah auf seine drei Telefone und die vielen Knöpfe, die ihn mit den verschiedensten Dienststellen verbanden. Ein Druck auf einen dieser Knöpfe, und ein wohlgeordneter Apparat lief an: Auslaufen von kleinen, schnellen Motorbooten, Alarm bei der Flugstaffel, Alarm beim Kommandeur der Seeflugzeuge, Einsatz einer Funksuchmeldung an alle Schiffe auf dem Adriatischen Meer. »Geben wir Alarm, und die mistige ›Budva‹ taucht da hinten am Horizont auf, sind wir blamiert. Geben wir keinen Alarm, und es ist wirklich etwas passiert, sind wir ebenfalls blamiert. Ich sage es ja … eine blöde Situation!«
    Man wartete bis 10.30 Uhr, suchte den Horizont ab und fragte mit harmlos klingenden Worten ein aus Brindisi kommendes Frachtschiff, ob es der ›MS Budva‹ begegnet sei.
    »Nein!« funkte das Schiff zurück. »Nicht gesehen.«
    Der staatliche Reederei-Sekretär wurde rot und begann kalt zu schwitzen. »Geben wir Alarm, Genosse«, sagte er mit belegter Stimme. »Ich bin verantwortlich für die Schiffe. Man wird mir in Belgrad die Hose ausziehen, wenn ich nichts tue.

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