Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schloss der tausend Sünden

Das Schloss der tausend Sünden

Titel: Das Schloss der tausend Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Portia Da Costa
Vom Netzwerk:
alt ist er?»
    «Wie ein Engel» und «ungefähr zweihundertdreißig Jahre» wären die korrekten Antworten gewesen, doch Belinda sagte stattdessen einfach: «Er sieht sehr gut aus. Irgendwie nachdenklich. Er hat blaue Augen und gesträhntes blondes Haar.» Über die Frage nach dem Alter musste sie etwas länger nachdenken. «Ich habe eigentlich keine Ahnung, wie alt er ist», antwortete sie schließlich. «So wie er aussieht, etwa in den Dreißigern.»
    «Das klingt ja toll! Und er hätte bestimmt nichts dagegen, wenn ich einfach so auftauche?»
    «Nicht im mindesten. Da bin ich mir sicher.» Und das war sich Belinda auch. Sie hatte das Gefühl, André würde ihr alles gewähren, was sie begehrte. Sogar ohne dass sie darum bitten müsste   …
    «Na gut», sagte Paula mit freudig-aufgeregter Stimme.
    «Beschreib mir den Weg, dann komme ich, so schnell ich kann. So eine Gelegenheit darf man sich doch nicht durch die Lappen gehen lassen.» Sie machte eine Pause, in der sie nur ein leises, zufriedenes «Mmmm» von sich gab. «Graf André, richtig? Oh Mann, ich kann’s kaum erwarten!» Doch für Belinda tat sich sofort ein gewisses Problem auf. Wie sollte sie den Weg beschreiben, wenn sie nicht einmal wusste, wo sie war? Die beiden hatten sich neulich Nacht schon total verirrt – noch bevor sie das Auto dann verließen. Und auf ihrer Straßenkarte war das Sedgewick-Kloster sowieso nicht eingezeichnet gewesen.
    «Gib mir das Telefon», ertönte plötzlich eine Stimme hinter Belinda und brachte sie fast dazu, das Handy fallen zu lassen. Es war zwar nur Jonathan, aber seine Stimme klang ziemlich merkwürdig. Ausdruckslos, ja fast roboterhaft. Als Belinda sich zu ihm umdrehte, sah sie in ein Gesicht, das voll und ganz zu der befremdlichen Stimme passte. Jonathan streckte die Hand nach dem Gerät aus, sah dabei aber weder das Handy, sie oder sonst irgendetwas an. Er wirkte wie in Trance, und auch Belinda reichte ihm, ohne nachzudenken, das Telefon.
    Was darauf folgte, war das Unheimlichste, was Belinda je gesehen hatte – und das wollte nach den seltsamen Vorkommnissen der letzten Tage schon einiges heißen.
    Jonathan gab eine klare, sehr detaillierte Wegbeschreibung ab, die Paula von der letzten Stadt, die sie passiert hatten, hin zu dem Kloster führen sollte. Dabei verzog er keine Miene. Belinda hörte noch, wie Paula eine Frage stellte, aufdie er nur mit «Hab ich geraten   …» antwortete und dabei immer weiter auf einen unbekannten, fernen Punkt starrte. Dann gab er das Handy ohne jedes weitere Wort zurück an Belinda.
    «Ist mit Jonathan alles okay?», fragte Paula. «Er klingt ein bisschen weggetreten.»
    «Er ist einfach nur müde», entgegnete Belinda und sah dabei erstaunt zu, wie Jonathan sich wieder hinlegte und sofort einschlief. «Die Fahrerei und die Hitze, weißt du. Das ist auch einer der Gründe, weshalb ich hierbleiben will. Dann kann er sich nämlich mal so richtig erholen.»
    «Klingt echt super», kommentierte Paula fröhlich.
    Sie plauderten noch ein paar Minuten und vereinbarten dann, dass Paula nach einem kurzen Besuch bei ihrer Tante zu den beiden stoßen würde.
    Das Handy versagte genau in dem Moment, als das Gespräch der beiden Frauen beendet war. Kein Freizeichen, kein Wählton, nichts. Belinda schüttelte es kräftig und ließ es dann ein wenig ängstlich auf das Sofa fallen. Als sie sich zu Jonathan umdrehte, schlief er immer noch tief und fest.
    Das ist ja gruselig, dachte sie und strich ihrem Freund eine Locke aus der Stirn. Wer zum Teufel hatte nur diese Wegbeschreibung abgegeben? Bestimmt nicht Jonathan – da war sie ziemlich sicher.
     
    Isidora Katori zitterte vor Aufregung – auch wenn sie stark bezweifelte, dass ein durchschnittlicher Betrachter das bemerkte.
    Auf ihre Kräfte konnte sie sich verlassen. Sie hatte die südliche Ausfallstraße aus der Stadt genommen und sich auf der weiteren Strecke ausschließlich von ihren Instinkten leiten lassen. Nach ein oder zwei Stunden hinterm Steuer hatte die Frau das dringende Bedürfnis verspürt, eine Weileanzuhalten, etwas zu sich zu nehmen und über ihre nächsten Schritte nachzudenken. Da kam ihr der Biergarten eines angenehmen Pubs auf dem Lande gerade recht.
    Isidora war für ländliche Aktivitäten nicht unbedingt zu begeistern, spürte aber doch eine wachsende Vorfreude, während sie mit einem kühlen Getränk und einem leichten Lunch im Schatten saß. Als sich eine junge Frau mit Tablett näherte und sie höflich fragte, ob

Weitere Kostenlose Bücher