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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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für Sie tun. Nehmen Sie Platz, bitte, und beantworten Sie meine Fragen, die ich dienstlich an Sie zu
richten habe. Herr Baron können übrigens den immer peinlich wirkenden Fragen dadurch ausweichen, daß Sie
freiwillig mir vollen Aufschluß über Ihre Person und Verhältnisse geben.«
    »Danke! Ich ziehe es vor, über meine Verhältnisse selbst zu sprechen.« Nun begann Hodenberg zu
erzählen, daß er der Sohn des Barons Hodenberg, Rittergutsbesitzers aus Hannover sei, daß sein Geschlecht
direkt von Heinrich dem Löwen abstamme und eng befreundet mit den Familien Platen, Hallermünde, Borries, Veltheim,
Hammerstein sei. Er befinde sich seit Jahren auf Reisen, vergeblich Heilung von Nervosität und Gemütskrankheit
suchend.
    Thein hatte aufmerksam zugehört und mußte sich selbst sagen, daß das von Hodenberg Vorgebrachte durchaus
glaubwürdig erscheine. Besonders gefiel es dem Richter, daß der Baron mit keinem Worte sein Verweilen auf
Schloß Ried erwähnte, also mit den Beziehungen zu Tristners nicht prunken wollte, was entschieden zugunsten des
Verhafteten sprach. Wäre Hodenberg ein Schwindler oder Hochstapler, so würde er sicherlich zur Erhöhung seines
Ansehens auf Tristners sich berufen. Aber das Gericht mußte Beweise für die vorgebrachten Behauptungen haben.
Höflich bat Doktor Thein, es möge der Baron ihm die Legitimationspapiere vorlegen.
    Hochfahrend erwiderte Hodenberg: »Pardon, mein Herr! Mein Wort muß Ihnen genügen. Ein Mann meiner
Herkunft pflegt Ausweispapiere à la Handwerksbursch nicht mit sich zu führen!«
    »Hm! Wenn ich allenfalls begreiflich finden würde, daß Sie dem übereifrigen Gendarmeriewachtmeister
die Ausweisleistung verweigerten, so ist es hier anders; Sie befinden sich als Häftling vor Gericht, es fordert Sie der
Gerichtsvorstand auf, die Legitimationspapiere vorzulegen. Es ist dies lediglich eine Formalität. Bestätigen Ihre
Papiere Ihre Angaben, so nehme ich keinen Anstand, die Haft aufzuheben und Ihnen die Freiheit wiederzugeben.«
    »Ich führe keine sogenannten Legitimationspapiere mit, besitze solche auch gar nicht! Wußte übrigens
nicht, daß in Bayern Paßzwang herrscht!«
    »Wir haben keinen Paßzwang, wir fordern aber Ausweisleistung von Personen, die als verdächtig dem Gericht
eingeliefert sind!«
    »Fordern Sie nur! Ich habe die gewünschten Papiere nicht, kann sie also auch nicht vorlegen. Trauriges Land,
das ein Ehrenwort nicht respektiert!«
    »Mein Herr! Die Untersuchung wird ergeben, ob Sie ein Ehrenmann sind oder nicht. Inzwischen bleibt es für
Bayern völlig bedeutungslos, ob Sie, ein wegen Hasardspieles und unsinniger Geldverschleuderung verdächtiger und
deshalb verhafteter junger Mann, unser Land ›traurig‹ nennen oder ›lustig‹. Sie sind also nach
eignem Geständnis ausweislos. Ich meine es gut mit Ihnen, wenn ich Ihnen vorschlage, mir die Adresse eines
Familienmitgliedes anzugeben.«
    »Wozu?«
    »Zum Zwecke einer telegraphischen amtlichen Erkundigung bei Ihren Verwandten. Bestätigt jemand aus Ihrer
Familie Ihre Behauptungen, so können Sie noch heute abend aus der Haft entlassen werden.«
    Hodenberg erhob sich vom Stuhle und sprach in aller Ruhe: »Ich danke Ihnen, Herr Amtsrichter, für Ihren
Vorschlag, lehne denselben jedoch ab, weil ich mich schämen müßte, wenn an meine durchweg hochgestellten
Verwandten und Bekannten eine gerichtliche Anfrage käme, die zugleich meine ganze Zukunft ruinieren, meine Stellung in
der Gesellschaft vernichten würde. Ich bin, wie Herr Amtsrichter ja selbst zugeben müssen, völlig schuldlos,
die Untersuchung wird dies zweifellos ergeben, ich bleibe lieber in Haft, als daß ich in eine Belästigung meiner
Verwandten einwillige.«
    »Aber, Herr Baron, eine gerichtliche, in höfliche Form gekleidete Anfrage ist doch keine
Schändung!«
    »In Ihren Augen vielleicht nicht; in unsren Kreisen aber sicher. Lieber den größten Schaden erleiden, als
mit dem Gericht zu tun haben!«
    »Auch eine Auffassung! Und recht schmeichelhaft für die Gerichtsbehörden! Empfinden Sie denn nicht selbst,
daß Ihre Weigerung auffällig, Ihre Bevorzugung einer vielleicht langen Haft unerklärlich und daher
verdächtig ist?«
    Hodenberg zuckte die Achseln und schwieg.
    »Mit Ignorierung meiner gewiß gut gemeinten Vorschläge werden Sie Ihre Lage nur verschlechtern. Ich mache
Sie aufmerksam, daß die Haft bis zu drei Monaten währen kann. Ergibt die langwierige Untersuchung, die mit aller

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