Das Schloss Im Moor
Gründlichkeit durchzuführen ich verpflichtet bin, kein vollbefriedigendes Resultat, so ist damit noch immer nicht
Ihre Freilassung gewährleistet. Ein einziges Wort, die Angabe einer Adresse kann Ihnen aber die Freiheit
bringen!«
»Ich will nicht!«
»Dann bezweifle ich die Wahrheit Ihrer bisherigen Angaben!«
»Herr, Sie werden beleidigend!«
»Vergessen Sie gefälligst nicht, daß Sie vor Gericht stehen und sich verantworten müssen! Zwingen
Sie mich nicht, Sie wegen Ungebühr vor Gericht aburteilen zu müssen! Und nun sagen Sie mir, wie das Wappen Ihrer
Familie aussieht.«
»Wenn Sie die Wahrheit meiner bisherigen Angaben bezweifeln, kann eine Schilderung meines uralten Familienwappens
keinen Zweck haben, Sie werden ja auch meine Schilderung anzweifeln müssen.«
»Das kommt darauf an! Bitte, reden Sie!«
Hodenberg überlegte, wie wenn er sich besinnen müßte. Zögernd sagte er, im Wappen sei oben ein Helm,
unten ein Schild, ringsum Arabesken, und sehr viel Gold und Silber dabei.
»Das soll die Schilderung eines uralten Familienwappens sein? Heraldiker sind Sie offenbar nicht? Sie haben ja keine
Ahnung von einem Wappen und behaupten, so solle Ihr eignes Familienwappen aussehen! Ein sonderbarer Baron aus uraltem
Geschlecht, der von Helmkleinod und Wappenbild nichts zu sagen weiß!«
»Ich bin kein Fachmann und nie in der Heraldik unterwiesen worden, daher kann ich auch keine Spezialkenntnisse
besitzen. Vielleicht ein Zufall, daß Sie gerade Amateur in der Heraldik sind!«
»Durchaus nicht! Dergleichen Kenntnisse hat jeder Gebildete. Ein Aristokrat, der von Heinrich dem Löwen
abstammen will, muß sein Wappen sehr genau kennen und in der Lage sein, dasselbe eingehendst und überzeugend zu
schildern. Sie können das nicht, also muß ich annehmen, daß Sie mich belogen haben. Rechnen wir hinzu Ihre
auffällige Weigerung einer Namensnennung, so kommen wir zur unabweisbaren Notwendigkeit, Sie bis auf weiteres in Haft zu
behalten. Legen Sie alle Ihre Effekten aus Ihren Taschen hierher auf den Tisch!«
»Belieben Sie vielleicht auch noch eine Leibesdurchsuchung?«
»Möglich! Ich handle nach Vorschrift! Fügen Sie sich nicht, so wird der Amtsdiener die Leibesdurchsuchung
vornehmen.«
»Es wird ja immer hübscher! Sie halten mich wohl für einen Raubmörder, wie? Können mir aber
nichts nachweisen!«
Auf den gebieterischen Blick Doktor Theins hin legte Hodenberg aber doch gutwillig Brieftasche, Geldbörse,
Federmesser, Briefe auf den Tisch.
Doktor Thein stutzte, als er die dicke Brieftasche sah, nahm sie in die Hände und überzeugte sich vom Inhalt.
»Das ist ja ein Vermögen in Wertpapieren und Bargeld deutscher und englischer Währung!«
Stolz nickte Hodenberg und lächelte geschmeichelt.
»Können Sie sich über diesen Vermögensbesitz ausweisen?«
»Lächerlich! Es ist mein Vermögen, das ich aus Sicherheitsgründen und wegen möglichst freier
Bewegung ständig bei mir führe. Soll das vielleicht auch verdächtig sein?«
»Fragen zu stellen, ist meine Sache, nicht die Ihre!« rief Thein und klingelte dem Amtsdiener, der alsbald
eintrat und den Baron mißtrauisch betrachtete.
Doktor Thein befahl die Internierung des Verhafteten mit Krankenkost bei Selbstverpflegung, täglich zwei Glas Bier
gestattet, Rauchen verboten.
Höhnisch lächelnd verbeugte sich Hodenberg und ließ sich willig abführen.
Ärgerlich nahm der Amtsrichter eine Prüfung der Hodenbergschen Briefschaften und des Notizbuches vor, vermochte
aber nichts von Belang zu finden, sofern nicht die äußerst plump gekritzelten Notizen hinsichtlich der ungelenken
Schrift auffällig waren, weil sie absolut nicht zum behaupteten Rang des Besitzers stimmen konnten. Der Inhalt jener
Notizen war völlig harmlos, ohne jede Bedeutung. Es fragte sich also, wer war der angebliche Baron Hodenberg? Und das
scheint eine schwer zu beantwortende Frage werden zu wollen. Nicht minder schwer wird es aber auch sein, die Haftverwahrung
gesetzlich zu begründen, nachdem nichts von Belang gegen den Mann vorliegt. Geldverschleudern ist kein
straffälliges Verbrechen, und Hasardspielen ist Übertretung nach 360 Absatz 14, kaum § 284, denn aus dem
Glücksspiel wird Hodenberg kein Gewerbe gemacht haben. Den Mann nun wochenlang in Haft zu behalten, wird nicht
angängig, nicht zu verantworten sein. Ihn aber vorschnell zu entlassen, kann den Richter in die Gefahr bringen, einen
möglicherweise gefährlichen Hochstapler der Freiheit
Weitere Kostenlose Bücher