Das Schloss Im Moor
vollzieht sich für den aufmerksamen
Beobachter ganz deutlich, Fräulein Olga wird demnächst Wurms Braut werden, sie wird diese Wahl nicht zu bereuen
haben, Wurm ist Kavalier, Hofmann durch und durch, ein nobler Mensch, dem anzugehören ein Weib geradezu beglücken
muß! Das weiß ich! Ist Olga mal Wurms Braut, so geht es in einem Aufwaschen, wenn auch wir mit unsern Absichten
herausrücken. Wir feiern dann eine Doppelhochzeit!«
»Ich trau' mich nicht, zu Mama mit solchen Neuigkeiten zu kommen!«
»Auch recht! Dann werde ich Frau Tristner von meinem Herzenszustand in Kenntnis setzen und mir ihre Zustimmung
erschmeicheln! Meinem geliebten Ritter Toggenburg aber gewähre ich die Huld und Gnade, ihm zu sagen, daß er die
Katze nicht im Sack zu kaufen braucht!« Senta warf sich in wilder Leidenschaft an Theos Brust und küßte
seine Lippen mit verzehrender Glut.
»Gott, wenn wir erwischt werden!« stotterte Theo und naschte an Sentas Lippen.
»Tant mieux! Wir sind einmal füreinander geschaffen!« jauchzte das Fräulein, ließ Theo los und
vollführte einen sinnverwirrenden Tanz.
Und haschend, trunken von jäh entfachter Sinnenlust, sprang der junge Schloßherr hinter Senta drein, die sich
leicht fangen ließ und stürmisch an »Ritter Toggenburg« preßte.
Der scharfe, durch das Schloß gellende Ton der Pförtnersglocke riß Theo aus dem Taumel, erschrocken
stieß er das üppige Weib von sich und beugte sich zum Fenster hinaus, um eiligst mit dem Kopf
zurückzufahren.
»Die Zanksteinerin!« rief er und eilte hinweg.
»Zu dumm diese Störung!« grollte Senta und legte sich atemschöpfend auf den Diwan. »Aber
angebissen hat er endlich, der langweilige, blödschüchterne Karpf!«
Benedikte von Zankstein hatte hinsichtlich ihrer Kleidung eine Wandlung vorgenommen, die sehr zugunsten der stattlichen
jungen Dame war, und Theo in helles Entzücken versetzt haben würde, wenn Tristners Gewissen ganz rein gewesen
wäre. Zur Begrüßung der Nachbarin erschien Theo wohl flink und rechtzeitig, fast atemlos, aber den herzlichen
Ton echter Freundschaft und Verehrung konnte er nicht finden, er blieb in gedrückter Stimmung und erweckte den Eindruck
einer gewissen Hilflosigkeit.
»Was stehen Sie denn, lieber Herr Tristner, wie ein ertappter Quartaner? Schlechtes Gewissen, he? Kein Wunder!
Abbruch diplomatischer Beziehungen ohne Angabe der Gründe, was soll das heißen? Was trieb denn der junge Herr seit
vierzehn Tagen?« forschte halb im Ernst, halb im Scherz Benedikte und behielt Theo fest im Auge.
Verlegen suchte sich der Schloßherr zu entschuldigen: »Alle Tage kann ich doch nicht in Zankstein vorsprechen!
Was würde die Welt sagen?«
»Ei, wie kläglich ist doch solch eine Ausrede! Wer hat denn tagtäglichen Besuch verlangt? Ich gewiß
nicht, würde mich auch schönstens bedanken, Tag für Tag in der Arbeit behindert zu werden! Aber völlig
fernzubleiben, ohne ein Wort der Entschuldigung, das hätte ich von Ihnen nicht erwartet! Nebenbei bemerkt: ich tue
niemals Unrechtes, es ist mir daher gleichgültig, was die sogenannte Welt, bei uns im Moor die Torfbauern und
Bräuburschen, sagen! Was also trieb man in letzter Zeit?«
Die Ausflucht, Vorschützung von dringender Arbeit, verschmähte Theo, er vermochte aber auch nicht, die Wahrheit
zu sagen, beklommen, zögernd meinte er, Schloß Ried habe Besuch und der Herr daher Hofdienst.
»Also eine Dame! Ist mir eine große Neuigkeit! Wer beglückt uns denn mit ehrender Anwesenheit? Doch nicht
die Gräfin Pappendeckel?« spottete Benedikte.
Theo errötete und biß sich ärgerlich in die Unterlippe.
»Noch höherer Rang? Ich sterbe vor Ehrfurcht! Na, Scherz beiseite, wer ist denn zu Besuch? Ich werde Sie dann
sofort von Schuld und Strafe freisprechen!«
»Eine Kusine unseres Verwalters!«
»Und deshalb hat der junge Schloßherr Hofdienst? Recht schmeichelhaft für die vernachlässigte
Zanksteinerin! Wo finde ich Mama Tristner?«
»Ich bitte um die Ehre, gnädiges Fräulein zu Mama geleiten zu dürfen!«
»Danke sehr, ist nicht nötig, ich kenne Weg und Steg im Schlosse Ried, will der allergnädigsten Dame den
Kavalier-Flügeladjutanten vom Dienst nicht rauben! Auf Wiedersehen, Sie Zitronenfalter!« Dikte führte
spöttisch einen Hofknicks aus und rauschte in den Flur, einer beleidigten Göttin nicht unähnlich.
Theo brummte, wütend auf sich selbst und seinen Mangel an Entschlossenheit, die Schnurrbart-Enden kauend:
»Recht hat sie,
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