Das Schloss in Frankreich
Aufgabe, mein Vergnügen und meine Bestimmung.«
Er blickte in die hellen Augen, die weit und offen auf sein Gesicht gerichtet waren. Irgendetwas verband sie miteinander. Es glänzte und dehnte sich aus, bis Shirley seiner Faszination erlag. Er zog sie an sich. Der Wind wirbelte um sie herum wie ein Band, das sie noch fester aneinander knüpfte. Sein Mund forderte völlige Hingabe. Das Meer toste betäubend, und plötzlich drängte sie sich an ihn und forderte mehr.
Sein Gesicht spiegelte in keiner Weise die Ruhe der See wider. Ihren Gefühlen hilflos ausgeliefert, schwelgte sie an seinem Mund in einer wilden Umarmung. Seine Hände ergriffen Besitz von ihr, als hätten sie ein Recht darauf. Sie zitterte, nicht aus Furcht, sondern aus Sehnsucht, ihm zu geben, was er beanspruchte, und hielt ihn noch fester.
Als sich auf einmal sein Mund von ihren Lippen löste, wehrte sie sich gegen die Trennung und zog sein Gesicht an sich, um wieder darin einzutauchen. Bei der erneuten Umarmung gruben sich ihre Finger in seine Schultern. Gierig suchte sein Mund ihre Lippen, um sie zu kosten. Seine Hand glitt unter ihre Seidenbluse und berührte ihre Brust, die vor Sehnsucht schmerzte. Seine warmen Finger glühten wie Funken auf ihrer Haut. Obwohl ihr Mund ihm ausgeliefert war und seine Zunge die Intimität samtiger Feuchtigkeit forderte, stammelte sie in Gedanken immer wieder seinen Namen, bis alles um sie herum versank.
Er zog die Hände zurück und umarmte sie wieder. Der Atem verflüchtigte sich in einer neuen, überwältigenden Kraft. Weiche Brüste schmiegten sich an den schlanken, männlichen Körper, die Herzen klopften im Gleichklang. Shirley fühlte sich dem Abgrund nahe und glaubte, nie wieder festen Boden gewinnen zu können.
Christophe befreite sich so unvermittelt aus der Umarmung, dass Shirley gestolpert wäre, wenn sein Arm sie nicht gestützt hätte. »Wir müssen wieder zurückreiten«, sagte er, als wäre überhaupt nichts geschehen. »Es wird spät.«
Sie strich die ins Gesicht gefallenen Locken zurück. Dabei sah sie ihn mit weiten Augen bittend an. »Christophe.« Unfähig, die Stimme zu erheben, flüsterte sie seinen Namen nur. Er sah sie mit seinem gewohnten nachdenklichen und unergründlichen Blick an.
»Es ist schon spät, Shirley«, wiederholte er, und der unverhohlen ärgerliche Ton seiner Stimme bestürzte sie noch mehr.
Auf einmal fröstelte sie. Sie schlang die Arme um ihren Körper, um die Kälte abzuwehren. »Christophe, warum sind Sie böse auf mich? Ich habe doch nichts Unrechtes getan.«
»Wirklich nicht?« Seine Augen wurden schmal und dunkel, wie bei einem seiner üblichen Temperamentsausbrüche. Trotz der schmerzenden Abweisung sah sie ihn fest an.
»Nein. Was könnte ich Ihnen denn schon antun? Sie sind mir so überlegen, dort oben auf Ihrem kleinen goldenen Thron. Eine Halbaristokratin wie ich könnte sich kaum zu Ihrer Höhe emporschwingen, um irgendwelchen Schaden anzurichten.«
»Ihre Zunge wird Ihnen noch viele Schwierigkeiten bereiten, Shirley, falls Sie sich nicht dazu entschließen, sie im Zaum zu halten.« Seine Stimme war messerscharf und viel zu selbstbeherrscht, doch trotz ihrer wachsenden Wut zwang Shirley sich zur Besonnenheit.
»Gut. Aber bis ich mich dazu entschließe, werde ich sie noch benutzen, um Ihnen genau zu sagen, was ich von Ihrer anmaßenden, selbstherrlichen, herrschsüchtigen und verletzenden Art halte, mit der Sie dem Leben im Allgemeinen und mir im Besonderen begegnen.«
Mit allzu weicher und seidiger Stimme erwiderte er: »Meine kleine Cousine: Einer Frau mit Ihrem Temperament muss man beständig vor Augen führen, dass es nur einen Herrn gibt.« Er umfasste fest ihren Arm und kehrte der See den Rücken. »Ich habe gesagt, dass wir jetzt aufbrechen müssen.«
»Sie, Monsieur, können tun und lassen, was Sie wollen«, erwiderte sie und schleuderte ihm einen glimmenden Blick zu.
Drei Schritte weiter versagte ihre wütende Würde, denn ihre Schultern wurden wie in einem Schraubstock zusammengepresst und dann herumgewirbelt. Im Vergleich zu den wilden Gebärden von Christophe nahm sich ihr eigenes Temperament eher gelassen aus. »Sie bringen mich dazu, darüber nachzudenken, wie weise es ist, eine Frau zu schlagen.« Er presste seinen Mund auf ihre Lippen, unsanft und gewalttätig. Shirley spürte einen heftigen Schmerz. Es war ein zorniger Kuss, ohne Begierde. Christophe packte sie an den Schultern. Aber sie wehrte sich nicht dagegen, blieb ihm jedoch
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