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Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Das Schmetterlingsmädchen - Roman

Titel: Das Schmetterlingsmädchen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Moriarty
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New York waren. Außerdem ärgerte sie sich über die Art, wie Alan seinen Vorschlag machte. Sie war sich nicht sicher, ob es das Angeben oder das Daheim war, das ihr das Gefühl gab, alles sattzuhaben, sogar Taft und Seide. Sie wusste nie, wann ein Geschenk wirklich ein Geschenk war, das von Herzen kam, oder nur Teil einer Scharade.
    Wie auch immer, sie hatte eine bessere Idee.
    »Sie sind wieder da«, stellte der Deutsche fest. Er schien sich zu freuen, sie zu sehen, wenn er auch ein bisschen überrascht wirkte. Aber er blieb in der Tür stehen und sah auf seine Uhr. »Die Messe ist fast aus«, sagte er leise. »Die Schwestern kommen gleich runter.«
    Sie nickte. Sie hatte den richtigen Zeitpunkt erwischt. »Ich weiß«, sagte sie. »Heute habe ich eine andere Mission.«
    Er wartete und sah sie freundlich an. Einen Moment lang vergaß sie, was sie hatte sagen wollen.
    »Das Radio«, sagte sie. »Ich habe mich gefragt, ob Sie es reparieren konnten.« Sie achtete darauf, sachlich zu bleiben.
    »Nein. Es war kaputt. Warum?«
    »Nun, ich dachte, wenn Sie es schaffen, wäre es schön für die Mädchen, ein Radio zu haben. Und da ich zufällig ein bisschen Geld übrig habe, habe ich darüber nachgedacht, eines für sie zu kaufen.«
    Er legte den Kopf zur Seite. »Sie sind teuer.«
    Sie nickte. »Ich bin ein paar Blocks von hier entfernt an einem Geschäft vorbeigekommen, wo solche Geräte verkauft werden. Sie hatten eines mit einem Einröhrenempfänger, das einen guten Eindruck machte.« Sie deutete vage hinter sich. »Aber sie liefern anscheinend nicht gern ins Haus.«
    Er zog die Augenbrauen hoch und lachte. »Das wundert mich nicht.«
    Sie war erleichtert. In Wahrheit hatte sie gar nicht wegen einer Lieferung gefragt. »Also, wenn Sie glauben, dass sich die Mädchen über ein Radio freuen, würde ich gern eines kaufen. Aber der Apparat ist sehr schwer. Ich hatte gehofft, Sie könnten mitkommen und mir beim Tragen helfen.«
    Sein Blick ruhte genauso unverwandt auf ihrem Gesicht wie neulich. Sie konzentrierte sich auf die Tatsache, dass sie den Mädchen wirklich ein Radio kaufen wollte.
    »Ich heiße Joseph Schmidt«, sagte er und streckte seine Hand aus.
    »Oh.« Sie lächelte und packte vor Nervosität seine Hand so fest, als wäre sie ein Mann. »Ich heiße Cora.« Es gab keinen Grund, ihren Nachnamen zu nennen.
    Auch als sie ihren Griff lockerte, hielt er ihre Hand länger als nötig. Sein schwieliger Daumen lag rau an ihrer Handfläche. »Cora«, sagte er betont, als würde er ein neues Wort für etwas Bekanntes lernen. »Ich hole nur meine Mütze.«
    Er brachte einen alten Kinderwagen mit, um das Radio zu transportieren. Einen Chelsea Model-T nannte er die Karre, weil hier in der Gegend fast jeder so etwas benutzte, um Sachen von A nach B zu schaffen. Sein Kinderwagen hatte ein zerrissenes grünes Verdeck und einen wackeligen Reifen, aber das Radio passte gut hinein. Sie mussten lachen, als er den Wagen die Straße hinunterschob und sie beide die anderen Passanten anstrahlten wie frischgebackene Eltern. »Er hat Ihre Augen«, sagte sie, weil sie sich auf einmal mutig fühlte, und als er lachte, wurde ihr schwindelig, aber auf eine angenehme Art, als würde sie anders atmen und mehr Sauerstoff aufnehmen als sonst. Er schob den Kinderwagen über Risse im Gehsteig und an schwatzenden Italienern oder vielleicht Griechen und an Kindern vorbei und ging so langsam, dass Cora in ihren Absätzen mithalten konnte, und die ganze Zeit war sie wie berauscht von der Vorstellung, dass sie bei diesem kurzen Ausflug nicht Cora Kaufmann oder Cora Carlisle oder gar Cora X war. Sie war einfach Cora und befand sich in dem Viertel, in dem sie früher einmal gelebt hatte und wo sie jetzt niemand kannte. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte, ohne an die Konsequenzen zu denken oder zu befürchten, dass jemand von daheim etwas davon erfuhr, vorausgesetzt, sie fügte niemandem Schaden zu oder bekam Ärger mit der Polizei.
    »Was ist das für ein süßlicher Geruch?«, fragte sie und hielt ihren Hut fest. Es gefiel ihr, neben einem Mann von ihrer Größe zu gehen und nicht ständig aufblicken zu müssen. »Es riecht hier in der Gegend immer nach süßem Gebäck.«
    »National Biscuit.« Er sah sie an, schaute weg und wieder zu ihr. »Nabisco? Essen Sie Fig Newtons? Hier werden sie hergestellt.«
    Sie musste lachen. Wie viele Packungen Fig Newtons hatte sie wohl im Laufe der Jahre gekauft? Sie kaufte sie für Alan und die Jungs und

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