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Das schönste Wort der Welt

Das schönste Wort der Welt

Titel: Das schönste Wort der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Mazzantini
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Augen zwischen seinen ungewaschenen Haaren. Er schiebt mir
die Flasche unter die Nase.
    »Tief einatmen,
schöne Frau, riech doch nur mal diesen himmlischen Tropfen.«
    Es ist Grappa aus
Montenegro, der legendäre Tredici Luglio, eine Rarität. Die beiden sind wohl
ein bisschen angesäuselt, denn Diego hat trotz der Kälte warme Hände. Und Gojko
ist in Hochstimmung, sein Zahn ist draußen. Er macht den Mund auf, zeigt mir
das schwarze Loch und lacht mit blutroten Zähnen.
    Im klebrigen Dunst
meiner Benommenheit sehe ich Aska, mit dem Kopf an der Wand. Sie sinkt zwischen
den Waschbecken zusammen und steht nun auf allen vieren.
    »Brauchst du was?«
    »Eine Zigarette.«
    Ich bitte Gojko um
eine Drina, knie mich hin und stecke sie ihr schon angezündet in den Mund.
    Während sie
inhaliert, zittert sie, ihr Gesicht ist schmerzverzerrt.
    Da spüre ich hinten
einen starken Stich. Daran kann ich mich noch gut erinnern, an diesen
aufgespaltenen Schmerz, der den Rücken herabläuft und sich in den weichen
Tiefen festsetzt. Zwei Messerklingen in meinen Lenden stoßen weiter zu, um sich
in meinem Unterleib zu vereinen.
    Das ist Askas
Schmerz, die sich an mich klammert. Darauf war ich nicht gefasst. Ich ziehe
mich zurück und setze mich wieder auf die Treppenstufe.
    Diego geht zu Aska
und massiert ihr ein wenig den Rücken. Dann taumelt er mit gesenktem Kopf zu
mir.
    Sie ist nun hässlich,
von der Anstrengung entstellt wie ein tollwütiger Hund. Die Zigarette ist auf
den Boden gefallen. Ich sollte Pietro von diesem Kopf erzählen, der gegen den
Fuß eines Waschbeckens schlägt, von dieser Zigarette, die in den Dreck gefallen
ist und die ich wegwerfen möchte, die seine Mutter jedoch wiederhaben will, sie
schreit es in ihrer Sprache.
    Ich stecke ihr den
Stummel wieder zwischen die Lippen. Der Rauch kommt schwallartig aus ihrem
Mund, vielleicht vertreibt er den Schmerz. Sie schreit erneut auf, so
unterdrückt wie vorher, als hätte sie einen Lappen oder einen Korken im Mund.
    Frauen verstehen es,
sich zu verstecken, sich zu vergraben, wie Erde bei Nacht, doch bei der
Entbindung kommen sie heraus wie Zähne aus der Dunkelheit, dann zeigt sich ihre
Seele, ihr Mut, während der Nagel pocht. Während das Schicksal ihnen ein
Hufeisen an die Lenden nagelt und sie ein Stück Leben hervorbringen, ein neues
Skelett, das durch ihres zieht, wie ein Fluss durch einen Fluss.
    Ich bin im Schatten
geblieben wie der Mond, der von der Erde verdeckt wird, ich musste mich nicht
zeigen.
    Aska dagegen ist
gezwungen, die Deckung zu verlassen. Wie oft habe ich beim Anblick der Berge an
ihren Bauch gedacht, der auf mich gerichtet war wie eine Kanone.
    »Man muss atmen«,
sagt Gojko.
    »Woher weißt du das?«
    »Von meiner Mutter.«
    Wir atmen alle
zusammen, ziehen die Luft bis in den Bauch und stoßen sie abrupt wieder aus,
wie kaputte Öfen. Aska spuckt ein paar Atemzüge mit uns aus, dann stöhnt sie
und scheucht uns weg. Gojko erzählt ihr, Entbinden sei genauso wie Zahnziehen,
bald werde es ihr so gut gehen wie ihm. Er reißt den Mund auf und zeigt ihr die
Lücke. Aska will noch eine Zigarette. Gojko sieht mich an: »Mach dich auf was
gefasst, meine Schöne, dieses Kind wird nach Sarajevo stinken, nach
Aschenbecher.« Er lacht, und wenn es nicht so traurig wäre, könnte es ein Witz
sein. Wie vier Idioten in einem Irrenhaus winden wir uns zusammen mit den Wehen
dieses Lamms.
    Aska zieht sich hoch.
Wälzt sich an der Wand entlang wie ein dicker Käfer und schiebt sich zum
Klofenster, das von einer Militärplane aus Plastik verdeckt ist. In der Mitte
klafft ein Riss, wohl um den Gestank abziehen zu lassen. Durch diesen Riss schlüpft
Aska. Sie schaut in den Himmel, der vom Schein eines Leuchtspurgeschosses
durchzogen wird, schaut auf Sarajevo, zu den Häusern in Schutt und Asche, zu
dem auf einen Friedhof reduzierten Fußballplatz.
    Ich sollte Pietro
auch von diesem Blick Askas erzählen, die noch immer raucht und die tote, in
die Lethargie von Frost und Dreck gezwängte Stadt betrachtet.
    Es sind die letzten
Augenblicke, in denen er in ihr ist.
    Ihr lebender Bauch
setzt sich zum letzten Mal dem Roulette von Sarajevo aus.
    Warum tut sie das?
Die Scharfschützen sind nicht weit, auf der Lauer in den Häuserruinen im
Westen. Und sie hält diese brennende Zigarette, diese Glut, die eine
Zielscheibe ist.
    Ihr Bauch ist jetzt
die Kuppel einer Moschee … der Ferhadija-Moschee, wo ich sie eintreten und sich
zu Boden neigen sah.
    Trotzdem lasse ich
sie

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