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Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus

Titel: Das schwarze Haus - King, S: Schwarze Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Stephen;Straub King
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geräuschvoll einen Sabberfaden hoch. »Da heißt’s verdammt viel essen!«
    Jetzt wird’s nicht mehr lange dauern, denkt Henry, bis der grässliche alte Burn-Burn eine größere Anzahlung für den Kauf der Brooklyn Bridge rausrückt.
    »Gomm.«
    »Ich komme«, sagt Burnside. »Aber erst will ich noch eine Nachricht hinterlassen.«
    Danach herrscht Schweigen.
    Als Nächstes hört Henry ein merkwürdiges Zischen und das wiederholte Schmatzen, mit dem durchnässte Pantoffeln sich von dem klebrigen Fußboden lösen. Die Tür des Einbauschranks unter der Treppe fliegt krachend auf; die Studiotür wird zugeknallt. Ozongeruch wird wahrnehmbar und verflüchtigt sich gleich darauf wieder. Sie sind weg. Henry weiß nicht, wie das passiert ist, aber er glaubt, bestimmt zu wissen, dass er nun allein ist. Wen kümmert’s, wie das passiert ist? Henry muss über wichtigere Dinge nachdenken. »Wichdigere Ahbeit ssu duhn«, sagt er laut. »Wenn der Kerl ein Deutscher ist, bin ich eine gesprenkelte Henne.«

    Er kriecht unter dem langen Tisch hervor und stützt sich auf die Tischplatte, um auf die Beine zu kommen. Beim Aufrichten wird ihm schwummrig, sodass er sich Halt suchend an eine Stehlampe klammert. »Nicht umkippen«, sagt er. »Umkippen ist nicht erlaubt, ist das klar?«
    Henry kann gehen, dessen ist er sich sicher. Schließlich ist er sein Leben lang immer gegangen. Er kann übrigens auch Auto fahren. Autofahren ist sogar leichter als Gehen, bloß hat bislang nie jemand den Mumm gehabt, ihn sein Talent am Steuer demonstrieren zu lassen. Teufel, wenn Ray Charles fahren konnte – und er konnte, er kann, Ray Charles biegt wahrscheinlich just in diesem Augenblick scharf links von einem Highway ab -, warum dann nicht auch Henry Leyden? Nun, Henry hat jetzt gerade kein Automobil zur Verfügung, deshalb wird Henry sich damit begnügen müssen, einen flotten Spaziergang zu machen. Na ja, jedenfalls so flott wie möglich.
    Und wohin ist Henry bei diesem reizvollen Spaziergang durch sein in Blut schwimmendes Wohnzimmer unterwegs? »Nun«, antwortet er sich selbst, »die Antwort liegt auf der Hand. Ich gehe in mein Studio. Ich habe Lust, einen Spaziergang in mein hübsches kleines Studio zu machen.«
    Sein Bewusstsein rutscht wieder ins Graue ab, und Grau gilt es zu vermeiden. Aber wir haben Mittel gegen dieses graue Gefühl, nicht wahr? Ja, das haben wir: Das Gegenmittel besteht aus einer kräftigen Dosis Schmerz. Henry schlägt mit der unverletzten Hand an die Stümpfe der abgetrennten Finger … puh, Mann, also echt, der ganze Arm ist sozusagen in Flammen aufgegangen. Flammender Arm, das müsste klappen. Funken, die weiß glühend aus brennenden Fingern sprühen, werden uns ins Studio bringen.
    Lass die Tränen ruhig fließen. Tote weinen nicht.
    »Der Geruch von Blut gleicht einem Lachen«, sagt Henry. »Wer hat das gesagt? Irgendwer. Es steht in einem Buch. ›Der Geruch von Blut glich einem Lachen.‹ Wunderbar gesagt. Setz jetzt einen Fuß vor den anderen.«
    Er erreicht den kurzen Gang zum Tonstudio und lehnt sich dort für einen Augenblick an die Wand. Eine Welle wohliger Erschöpfung schwappt von der Brustmitte ausgehend durch
ihn hindurch. Dann reißt er den Kopf so heftig hoch, dass Blut von seiner aufgerissenen Backe an die Wand spritzt. »Red weiter, du Idiot. Mit sich selbst zu reden ist nicht verrückt. Im Gegenteil, es ist wundervoll. Und weißt du was? Damit verdienst du dir deinen Lebensunterhalt – du redest den ganzen Tag mit dir selbst!«
    Als Henry sich von der Wand abstößt, als er den nächsten Schritt macht, spricht George Rathbun mit seinen Stimmbändern. »Freunde, und ihr seid meine Freunde, eins will ich ganz deutlich sagen: Wir hier bei KDCU-AM scheinen gewisse technische Schwierigkeiten zu haben. Die Betriebsspannung ist abgefallen, und es hat Kurzschlüsse gegeben, ja, die hat’s gegeben. Aber keine Angst, meine Lieben. Keine Angst! Während ich dies sage, sind wir bloß noch kümmerliche zwei Schritte von der Studiotür entfernt und werden in kürzester Zeit wieder in Betrieb gehen, jawohl, das werden wir! Kein uralter Kannibale und sein außerirdischer Kumpan können diese Station lahm legen, ä-äh, nicht bevor wir unsere letzte, abschließende Sendung gemacht haben.«
    Man könnte glauben, George Rathbun hauche Henry Leyden Leben ein, nicht umgekehrt. Er hat den Rücken jetzt gereckt, und hält den Kopf hoch. Zwei Schritte bringen ihn zur geschlossenen Studiotür. »Dieser Ball ist schwierig

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