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Das schwarze Manifest

Das schwarze Manifest

Titel: Das schwarze Manifest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Monk auf der Straße anhielt, seine Papiere verlangte und wissen wollte, woher er kam, wohin er ging und warum. Danach schlüpfte er in die Rolle eines Kellners, der sich nach Sonderwünschen bei der Bestellung eines mehrgängigen Menüs erkundigte, oder spielte einen Provinzler, der von einem Moskowiter den Weg erfahren wollte. Bereits nach vier Stunden fühlte sich Monk mit der russischen Sprache schon wieder ganz vertraut.
    Aufgrund des anstrengenden Fischfangs in der Karibik hatte Monk sich, trotz eines Pölsterchens um die Hüften, für ziemlich fit gehalten. Ein Irrtum, wie sich bald herausstellte. Noch vor der Morgendämmerung mußte er am nächsten Tag mit Ciaran und Mitch einen Querfeldeinlauf absolvieren.
    »Wir fangen mit einem leichten an, Boß«, meinte Mitch. Folglich legten sie nur fünf Meilen zurück, immer durch schenkelhohes Heidekraut. Am Anfang dachte Monk, er müsse sterben, wenig später hoffte er es.
    Vom Personal waren nur zwei Leute anwesend. Die Haushälterin, eine resolute Frau namens McGillivray, Witwe eines Bediensteten, die täglich kochte und putzte und unentwegt über den südenglischen Akzent der ständig wechselnden Spezialisten die Nase rümpfte. Ihr Kollege Hector fungierte als Hausmeister, kümmerte sich um den Gemüsegarten und fuhr täglich zum Einkaufen nach Whitehouse. Verkäufer ließen sich während der gesamten Zeit nie auf dem Anwesen blicken. Mrs. McGee, wie die Männer sie bald nannten, und Hector lebten jeder für sich in einem Häuschen hinter dem Schloß.
    Ein Fotograf kam und lichtete Monk in einer ganzen Serie von Aufnahmen ab. Sie wurden für die Dokumente gebraucht, die man gerade in einem anderen Landesteil für Monks neue Identität anfertigte. Ein anderer Mann, eine Art Friseur und Maskenbildner in einem, veränderte mit flinken Fingern Monks Aussehen und brachte dem Amerikaner bei, mit bescheidenen Hilfsmitteln, die überall erhältlich waren und niemandem auffallen würden, ähnliches zu vollbringen.
    Kaum hatte der Stylist Monk ein neues Äußeres verpaßt, schoß der Fotograf noch einmal eine Serie von Fotos für den zweiten Paß. Irgendwo hatte Irvine authentische Dokumente aufgetrieben und sich die Dienste eines Graphikers und eines Kalligraphen gesichert, die die Papiere der neuen Identität anpaßten.
    Stundenlang brütete Monk über einem riesigen Moskauer Stadtplan und prägte sich die Stadt und die vielen hundert neuen Straßennamen ein. So war aus dem Maurice-Thorez-Kai, benannt nach einem französischen Kommunistenführer, wieder der Sofiskaja-Kai geworden; des weiteren waren sämtliche Huldigungen an Marx, Engels, Lenin, Dserschinski und andere Berühmtheiten des Kommunismus aus dem Straßenregister verschwunden.
    Monk prägte sich die hundert wichtigsten Gebäude und ihren Standort ein, ließ sich in das neue Telefonsystem einweisen und lernte, wie man auf die Schnelle ein »Taxi« bekam: Man winkte einem x-beliebigen Autofahrer und bot ihm einen Dollar an.
    Mit einem Mann aus London, der ebenfalls vorzüglich russisch sprach, verbrachte Monk lange Stunden in einem Vorführraum und sah sich Gesichter, Gesichter und immer wieder Gesichter an.
    Dann mußte er lesen – Bücher, Komarows Reden, russische Zeitungen und Zeitschriften. Das schlimmste aber waren die privaten Telefonnummern, die er auswendig lernen mußte. Es waren an die fünfzig, und Zahlen waren noch nie seine Stärke gewesen.
    Zu Beginn der zweiten Woche kehrte Sir Nigel zurück. Er wirkte abgespannt, aber zufrieden. Wo er gewesen war, das verriet er nicht. Aber er brachte etwas mit, das seine Mitarbeiter nach langem Stöbern in einem Londoner Antiquitätenladen aufgetrieben hatten.
    Monk drehte es verwundert hin und her. »Wie haben Sie das nur in Erfahrung gebracht?«
    »Ist nicht so wichtig. Ich habe spitze Ohren. Ist es das gleiche?«
    »Absolut identisch, soweit ich mich erinnere.«
    »Gut, dann müßte es ja klappen.«
    Er bekam auch einen Koffer, den ein geschickter Handwerker angefertigt hatte. Der Zollbeamte, der das raffiniert getarnte Geheimfach entdeckte, mußte schon Augen wie Röntgenstrahlen haben. Darin sollte Monk das Schwarze Manifest im Original und eine russische Übersetzung der Beglaubigung aufbewahren.
    In der zweiten Woche fühlte sich Monk fitter als in den ganzen letzten zehn Jahren. Seine Muskeln waren wieder hart, und seine Ausdauer hatte sich enorm verbessert, auch wenn er wußte, daß er mit Ciaran und Mitch nie würde mithalten können. Die zwei

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