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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Anschuldigung wie eine heiße Nadel in Starling.
    Als kleines Kind hatte man Starling beigebracht, daß Stehlen die gemeinste, verabscheuungswürdigste Tat hinter Vergewaltigung und Mord wegen Geld ist. Einige Arten von Körperverletzung waren besser als Diebstahl.
    Als Kind in Institutionen, wo es sehr wenig Belohnung und sehr viel Hunger gab, hatte sie gelernt, einen Dieb zu hassen.
    Wie sie so im Dunkeln dalag, mußte sie sich mit einem weiteren Grund abfinden, warum Senatorin Martins versteckte Andeutung sie derart ärgerte.
    Starling wußte, was der maliziöse Dr. Lecter sagen würde, und es stimmte: Sie befürchtete, daß Senatorin Martin etwas Schäbiges in ihr sah, etwas Billiges, etwas Diebartiges, auf das Senatorin Martin reagierte. Diese Vanderbilt-Hure.
    Dr. Lecter würde mit Wonne darauf hindeuten, daß Klassenres-sentiment, der begrabene Ärger, der mit der Muttermilch kommt, ebenfalls ein Faktor war. In Ausbildung, Intelligenz, Dynamik und zweifellos physischer Erscheinung stand Starling keiner Martin etwas nach. Aber es war dennoch da, und sie wußte es.
    Starling war ein isoliertes Mitglied eines wilden Stammes ohne herkömmliche Ahnentafel außer der studentischen Ehrenliste und dem Strafregister. In Schottland enteignet, aus Irland heraus-gehungert, sahen sich viele von ihnen zu den gefährlichen Han-delszweigen hingezogen. Generationen von Starlings waren auf diese Weise fertiggemacht worden, waren auf den Boden enger Löcher geplumpst oder waren bei einem lahmen Zapfenstreich in der Kälte, wenn jeder nach Hause gehen wollte, in die ewigen Jagdgründe abberufen und unter die Erde gebracht worden. An einige wenige mögen sich die Offiziere in Regimentskasinonächten tränennaß erinnert haben, auf die Art und Weise, wie ein Mann im Zustand der Trunkenheit sich an einen guten Vorsteh-hund erinnert. Verblaßte Namen in einer Bibel.
    Soweit Starling es beurteilen konnte, war keiner von ihnen sehr gescheit gewesen, mit Ausnahme einer Großtante, die wunder-voll in ihr Tagebuch schrieb, bis sie ›Gehirnfieber‹ bekam.
    Sie stahlen allerdings nicht.
    Schulbildung, war wie man weiß, die Hauptsache in Amerika, und das fand bei den Starlings Anklang. Einer von Starlings On-keln ließ sich seinen Junior College-Grad auf seinen Grabstein meißeln.
    All die Jahre lang, wo es keinen anderen Ort gab, wo Starling hinkonnte, hatte sie von Schulen gelebt, ihre Waffe war die Ausle -
    seprüfung.
    Sie wußte, sie konnte aus dieser Sache aussteigen. Sie konnte das sein, was sie immer gewesen war, seit sie je gelernt hatte, wie es funktioniert: Sie konnte dicht bei der Klassenspitze sein, aner- kannt, eingeschlossen, auserwählt und nicht weggeschickt.
    Es ging um hartes Arbeiten und darum, vorsichtig zu sein. Ihre Noten würden gut sein. Der Koreaner konnte sie im Sportunter-richt nicht fertigmachen. Für außergewöhnliche Leistungen auf dem Schießstand würde ihr Name auf der großen Tafel in der Eingangshalle eingraviert sein.
    In vier Wochen würde sie Sonderagentin des Federal Bureau of Investigation sein.
    Würde sie sich für den Rest ihres Lebens vor diesem verdammten Krendler in acht nehmen müssen?
    In Gegenwart der Senatorin hatte er mit ihr nichts mehr zu tun haben wollen. Jedesmal wenn Starling daran dachte, tat es weh.
    Er war sich nicht sicher, ob er Beweismaterial in dem Umschlag finden würde. Das war schockierend. Sich Krendler nun in Gedanken vorstellend, sah sie ihn mit Marine-Schnürhalbschuhen an den Füßen wie der Bürgermeister, der Chef ihres Vaters, der die Stechuhr abholen kam.
    Schlimmer noch, Jack Crawford schien in ihrer Vorstellung her-abgesetzt. Der Mann stand unter mehr Belastung, als jemand aus-zuhalten haben sollte. Ohne Unterstützung oder Autoritätsbe-weis hatte er sie losgeschickt, um Raspails Wagen zu überprüfen.
    Okay, sie hatte darum gebeten, unter diesen Bedingungen zu gehen - der Ärger war ein glücklicher Zufall. Crawford mußte aber wissen, daß es Ärger geben würde, als Senatorin Martin sie in Memphis sah, es hätte Ärger gegeben, selbst wenn sie die Bilder vom Vögeln nicht gefunden hätte.
    Catherine Baker Martin lag in derselben Dunkelheit, die nun sie umfangen hielt, Starling hatte es einen Moment lang vergessen, während sie über ihre eigenen besten Interessen nachdachte.
    Bilder der vergangenen paar Tage bestraften Starling für die Un-terlassung, schössen ihr jäh in Farbe durch den Kopf, zuviel Farbe, Schockfarbe, die Farbe, die aus Schwarz

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