Das Schweigen des Glücks
Bewegungen abstürzen konnte.
Taylor überlegte blitzschnell; er griff hinter sich, packte den Sicherungsgurt und zog ihn zu sich. Durch die plötzliche Erschütterung hüpfte die Leiter auf und ab wie Murmeln auf einem Bürgersteig. Das Kabel straffte sich.
»Mehr Kabel!«, schrie er – einen Moment darauf war wieder Kabel da und er ließ es herab. Als der Sicherungsgurt in Position war, rief er ihnen zu: »Stopp!«
Er löste einen Haken an dem Sicherungsgurt und hoffte, ihn dem Mann anlegen zu können.
Er beugte sich vor und stellte frustriert fest, dass er immer noch nicht heranreichte. Ihm fehlte ein halber Meter.
»Können Sie mich hören?«, schrie Taylor in das Wageninnere. »Wenn Sie mich verstehen können, antworten Sie mir!«
Er hörte wieder ein Stöhnen, und obwohl der Mann sich rührte, war klar, dass er nicht voll bei Bewusstsein war.
Die Flammen unterhalb des Trucks flackerten plötzlich auf und loderten heftiger.
Taylor biss die Zähne zusammen, nahm das Seil und umfasste es am alleräußersten Ende, dann versuchte er wieder, mit ausgestrecktem Arm an den Fahrer heranzukommen. Er war näher dran, kam bis zum Armaturenbrett – aber der Fahrer war immer noch unerreichbar.
Taylor hörte die anderen von der Brücke rufen.
»Kannst du ihn rausholen?«, schrie Joe.
Taylor überblickte schnell die Lage. Der vordere Teil des Wagens schien unbeschadet, der Mann war nicht angeschnallt, war halbwegs vom Sitz auf den Boden unterhalb des Lenkrads gerutscht und dort eingekeilt, aber es sah so aus, als könnte man ihn durch das aufgeschlitzte Dach herausziehen. Taylor legte die freie Hand an den Mund und schrie, damit man ihn hören konnte.
»Ich glaube, das geht. Die Windschutzscheibe ist komplett rausgerissen und das Dach ist weit offen. Es ist reichlich Platz, ihn hochzuziehen, und ich kann nicht sehen, dass er irgendwo feststeckt«, brüllte Taylor ihnen zu.
»Kommst du an ihn ran?«
»Noch nicht. Ich bin nah dran, aber ich kann ihm den Gurt nicht anlegen. Er hört mich nicht.«
»Beeil dich«, hörte er Joes besorgte Stimme. »Von hier sieht es so aus, als ob der Motorbrand schlimmer würde.«
Doch das wusste Taylor schon. Von dem Tankwagen ging inzwischen eine enorme Hitze aus und aus dem Motor wurden merkwürdige kleine Explosionen hörbar. Der Schweiß rann Taylor über das Gesicht.
Er nahm allen Mut zusammen, umfasste das Seil mit festem Griff, streckte sich aufs Äußerste und diesmal streiften seine Fingerspitzen, durch die zerbrochene Windschutzscheibe hindurch, den Arm des bewusstlosen Mannes. Die Leiter wippte und er streckte sich mit jedem Wippen weiter vor. Trotzdem war er noch Zentimeter entfernt.
Plötzlich – es war wie in einem Alptraum – hörte er ein lautes Rauschen, als Flammen aus dem Motor des Tankwagens hochschossen und auf ihn zu flackerten. Taylor wandte automatisch das Gesicht ab und die Flammen wurden wieder kleiner.
»Alles in Ordnung?«, schrie Joe.
»Alles bestens!«
Keine Zeit, Pläne zu machen oder lange zu debattieren…
Taylor griff nach dem Kabel und zog es zu sich heran. Er streckte seine Fußspitze aus und manövrierte den Haken, an dem der Sicherungsgurt befestigt war, um seinen Stiefel. Dann verlagerte er das Gewicht auf diesen Fuß und löste den Haken, mit dem sein eigener Gurt an dem Kabel befestigt war.
Er hielt das Kabel fest umschlungen – nur der Haken um seinen Stiefel gab ihm jetzt noch Halt – und ließ sich daran herab, bis er fast in der Hocke war. Jetzt war er so tief, dass er zu dem Fahrer gelangen konnte. Er ließ das Kabel mit einer Hand los und packte den Sicherungsgurt. Er musste ihn dem Fahrer irgendwie um die Brust und über die Arme streifen.
Die Leiter wippte heftig auf und ab. Nur wenige Zentimeter von seinem Kopf entfernt nagten die Flammen an dem Dach des Honda. Der Schweiß strömte ihm in die Augen und behinderte seine Sicht, Adrenalin wallte durch seinen Körper.
»Wachen Sie auf!«, rief er mit einer Stimme, die vor Panik und Frustration heiser war. »Sie müssen mithelfen!«
Der Fahrer stöhnte wieder, seine Augenlider flatterten. So ging das nicht.
Während die Flammen um ihn herum loderten, packte Taylor den Mann am Arm und schüttelte ihn.
»Helfen Sie mir, verdammt!«, schrie Taylor.
In einem momentan aufflackernden Anflug von Selbsterhaltungstrieb hob der Mann leicht den Kopf.
»Legen Sie sich den Gurt an!«
Er schien ihn nicht zu verstehen, aber in der veränderten Körperhaltung sah Taylor eine
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