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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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Weile, dann sagte er beim Wegrücken eines Möbelstücks: »Du hast mir gar nicht erzählt, dass du Russisch studierst.«
    »Und du hast mir nicht erzählt, dass du die Zweite von Bartók einstudierst.«
    »Woher weißt du das?«
    »Kontakte. Ins Bügelzimmer stelle ich …«
    »Das Bügelzimmer bleibt, wie es ist.« Bernat, die Stimme der Vernunft. »Du musst jemanden einstellen, der Staub wischt, bügelt und all so was. Und diese Person braucht einen eigenen Raum.«
    »Ich werde das alles erledigen.«
    »Einen Scheiß wirst du. Such dir jemanden.«
    »Ich kann Reis kochen, Spiegeleier braten und Omelette, Makkaroni und andere Nudeln und auch sonst alles machen, was es so braucht. Salat. Kartoffeln mit Gemüse.«
    »Wir reden hier von aufwändigeren Sachen: bügeln, nähen, waschen. Cannelloni oder Truthahnbraten.«
    Wie lästig. Doch schließlich folgte er Bernats Rat und stellte eine rührige junge Frau namens Caterina ein. Sie kam montags, blieb zum Mittagessen und putzte jeden Winkel der Wohnung. Und sie bügelte und nähte. Ein Sonnenstrahl in der Finsternis.
    »Das Arbeitszimmer betreten Sie lieber nicht, ja?«
    »Wie Sie meinen«, sagte sie, ging hinein und sah sich mitfachmännischem Blick um. »Aber eines sage ich Ihnen: Das ist alles völlig eingestaubt.«
    »Na, so schlimm ist es nun auch wieder nicht.«
    »Völlig eingestaubt und voll mit diesen Silberfischchen, die in den Büchern nisten.«
    »Nun mach mal halblang, Lola Xica.«
    »Caterina. Ich will nur die alten Schinken entstauben.«
    »Kommt nicht in Frage.«
    »Dann lassen Sie mich wenigstens fegen und wischen.« Caterina versuchte zu retten, was zu retten war.
    »In Ordnung. Aber was auf dem Tisch liegt, rühren Sie nicht an.«
    »Würde mir nicht im Traum einfallen«, schwindelte sie.
    Trotz meiner anfänglichen guten Absichten musste Caterina dann doch das Zimmer überall, wo keine Schränke standen, mit den Schönen Künsten und Enzyklopädien teilen. Da nutzte ihr auch ihr demonstratives Naserümpfen nichts.
    »Sehen Sie denn nicht, dass sonst nirgendwo mehr Platz ist?«, fragte Adrià flehend.
    »Na, hören Sie mal, und das bei dieser großen Wohnung. Was machen Sie bloß mit all den Büchern?«
    »Ich esse sie.«
    »Schade um die schöne Wohnung, man sieht ja nicht mal die Wände.«
    Caterina nahm das in Augenschein, was vom Bügelzimmer übrig geblieben war, und sagte, ich muss mich erst dran gewöhnen zu arbeiten, wenn überall Bücher herumstehen.
    »Mach dir keine Sorgen, Lola Xica. Tagsüber sind sie ganz brav.«
    »Caterina«, sagte Caterina und warf ihm einen raschen Blick zu, um herauszufinden, ob er sich über sie lustig machte oder einfach völlig verrückt war.
    »Und was hast du so alles aus Deutschland mitgebracht?«, fragte Bernat ein paar Tage später und hob misstrauisch mit den Fingerspitzen den Deckel eines Pappkartons an.
    »Hauptsächlich Geisteswissenschaften und Philosophie. Und ein paar Romane. Böll, Grass, Mann, Roth und so was.«
    »Wo willst du die unterbringen?«
    »Die Philosophie im Eingang. Bei Mathematik und Astronomie. Und Geisteswissenschaften und Linguistik in Lola Xicas Zimmer. Die Romane in den entsprechenden Korridoren.«
    »Dann mal los.«
    »Mit welchem Orchester willst du Bartók spielen?«
    »Mit meinem. Ich will versuchen, ein Konzert zu veranstalten.«
    »Das ist doch toll, oder?«
    »Mal sehen, ob wir die Werbetrommel rühren können.«
    »Doch wohl eher die Geige spielen.«
    »Ja. Du brauchst noch mehr Regale.«
    Er gab sie bei Planas in Auftrag, der über Adriàs unverminderten Ordnungswahn überglücklich war. Und am vierten Schöpfungstag errang Caterina einen entscheidenden Sieg, indem sie dem Herrn die Erlaubnis abrang, alle Bücher mit Ausnahme derer im Arbeitszimmer abstauben zu dürfen. Und sie beschloss, gegen einen bescheidenen Aufpreis auch donnerstagsvormittags zu kommen, sodass sie sicher sein konnte, im Laufe eines Jahres jedes Buch einmal abgestaubt zu haben. Und Adrià sagte, wie du willst, Lola Xica; davon verstehst du mehr als ich.
    »Caterina.«
    »Und ins Gästezimmer kommen Religion, Theologie, Ethnologie und die griechisch-römische Welt, da ist noch Platz.«
    Das war, als der Herr allerlei gefiedertes Gevögel schuf, ein jegliches nach seiner Art, und sie segnete und sprach: Seid fruchtbar und mehret euch.
    »Du solltest … Was magst du lieber: Katzen oder Hunde?«
    »Nein, nein, nichts …« Schroff: »Nichts.«
    »Du magst es nicht, wenn sie alles vollkacken, ist es

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