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Das Schweigen des Sammlers

Das Schweigen des Sammlers

Titel: Das Schweigen des Sammlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaume Cabré
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wisst Ihr das?«, fragte Jachiam de Pardàc verblüfft.
    Bruder Gabriel führte ihn in die Sakristei des Klosters. In einer Ecke lehnte eine Gambe aus hellem Holz in einem Futteral.
    »Was tut sie da?«
    »Sich ausruhen.«
    »In einem Kloster?«
    Mit einer unbestimmten Geste gab ihm Bruder Gabriel zu verstehen, dass er keine Lust auf genauere Erklärungen hatte.
    »Aber wie habt Ihr es erraten?«
    »Ich habe mich noch nie gefragt, woraus ein Instrument ist«, sagte er, als wunderte er sich über sich selbst.
    »Wie habt Ihr es erraten?«
    »Ich habe am Holz gerochen.«
    »Ausgeschlossen. Es ist sehr trocken, und der Lack ist irreführend.«
    An jenem Tag in der Sakristei lernte Jachiam Mureda die Holzarten auch am Geruch zu unterscheiden und dachte, was für ein Jammer, dass ich das nicht zu Hause erzählen kann, allen voran dem Vater, der vor Kummer sterben würde, wenn er wüsste, was mir widerfahren ist. Und auch Agno, Jenn und Max, die schon seit Jahren nicht mehr zu Hause wohnen, dem einfältigen Hermes, Josef, dem lahmen Theodor, Micurà, Ilse und Erica, die schon verheiratet sind, Katharina, Matilde, Gretchen und der kleinen Bettina, meinem blinden Schwesterchen, das mir das Medaillon mit der Madonna geschenkt hat, mein Stückchen Pardàc, das ich immer bei mir trage.
    Sechs Wochen später, als das Gerüst abgebaut wurde, sagte Bruder Gabriel zu ihm, ich weiß etwas, von dem ich glaube, dass du es auch gern wüsstest.
    »Was denn?«
    Er zog ihn außer Hörweite der Arbeiter und flüsterte ihm ins Ohr, er kenne ein sehr altes verlassenes und verwahrlostes Kloster, bei dem es einen Tannenwald gebe, Rottannen, wie du sie magst.
    »Einen Wald?«
    »Ein Wäldchen. Etwa zwanzig Tannen und ein mächtiger Spitzahorn. Ein Gehölz ohne Eigentümer. Vor fünf Jahren hatte noch niemand Hand daran gelegt.«
    »Wie kommt es, dass es keinen Eigentümer hat?«
    »Das Wäldchen gehört zu diesem verlassenen Kloster.« Und ganz leise: »Weder in La Grasse noch in Gerri wird es jemandem auffallen, wenn ein paar Bäume fehlen.«
    »Warum sagt Ihr mir das?«
    »Willst du nicht zu deiner Familie zurück?«
    »Natürlich. Ich möchte zurück zu meinem Vater und hoffe, dass er noch lebt. Und ich möchte Agno, Jenn und Max wiedersehen, die schon nicht mehr zu Hause wohnen, und den einfältigen Hermes …«
    »Ja, ja, ja, und so weiter. Und Josef und all die anderen, schon gut. Und eine Ladung Holz wäre eine große Hilfe für euch alle.«
    Jachiam de Pardàc kehrte nicht nach Carcassonne zurück. Von La Grasse aus machte er sich zusammen mit Blond de Cazilhac und ein paar Männern auf den Weg, nahm fünf mit Transportrollen beladene Maultiere und seinen Beutel mit sich, der sein gesamtes auf der Flucht verdientes Geld enthielt, und wanderte über Ariège zum Hafen von Salau auf die Erfüllung seines Traumes zu.
    Sie erreichten Sant Pere de Burgal nach sieben oder acht Tagesreisen im Spätsommer über den Weg von Escaló, den in den kalten Zeiten ihrer Ururahnen der Abgesandte des Todes heraufgekommen war. Das Klostergemäuer auf dem Gipfel wirkte gebrechlich in seiner Verlassenheit. Als Jachiam das Gebäude umrundete, traute er seinen Augen nicht. Ihm war, als stünde er an der besten Stelle im Wald von Paneveggio vor dem Feuer. Eine herrliche Gruppe von zehn oder zwölf riesigen Tannen und in der Mitte, wie die Königin, ein Ahornbaum mit der geeigneten Stammdicke. Während sich die Männer von den Strapazen der Reise ausruhten, segnete Jachiam im Stillen Gabriel von La Grasse, ging von Baumzu Baum, betastete das Holz, weckte seinen Klang, wie es ihn sein Vater gelehrt hatte, und beschnupperte es, wie es ihn Bruder Gabriel gelehrt hatte. In diesem Moment war er glücklich. Als seine Männer ihren Mittagsschlaf hielten, streifte er durch die verlassenen Räume, bis er vor der geschlossenen Tür zur Kapelle stand. Er drückte mit der flachen Hand dagegen, und das wurmstichige, morsche Holz gab splitternd nach. Im Inneren war es so dunkel, dass er nur einen kurzen Blick hineinwarf, ehe auch er sich zu einem Nickerchen hinlegte.
    Sie richteten sich in dem einsamen Kloster unter dem brüchigen, halb verfallenen Dach häuslich ein, kauften Vorräte bei den Bewohnern von Escaló und Estaron, die nicht verstanden, was diese Männer in den Ruinen von Burgal zu finden hofften. Einen ganzen Monat brachten sie damit zu, unten am Fluss, wo der Weg ebener war, einige robuste Transportkarren zu bauen. Jachiam umarmte jeden der lebenden Bäume,

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