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Das Schweigen

Das Schweigen

Titel: Das Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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zum Steg. Laura und Marjatta
    kickten gegen einen bunten Ball. Aku schrie, er sei jetzt
    Torwart.
    Korvensuo tastete nach dem Wasser auf seiner Haut.
    Angenehm kühl. Marjatta schien nichts zu bemerken. Er
    war eben verkatert. War er ja auch. Kam selten genug vor.
    Aku parierte und hielt den Ball wie eine Trophäe.
    Laura riss ihm den Ball aus der Hand und kickte ihn
    wieder zu Marjatta. Laura war ein schönes Mädchen.
    Er liebte sie.
    Pia Lehtinen. So hieß sie also. Das änderte nichts. Er
    hatte den Namen nicht gekannt, und auch ihr Gesicht
    hatte er am Vorabend zum ersten Mal gesehen, auf
    einem Foto in den Nachrichten. Ein altes Foto.
    Pärssinen hatte ja über ihr gelegen, hatte ihr Gesicht
    verdeckt, und Pärssinen war es auch gewesen, der sie
    zum Kofferraum geschleift hatte. Er hatte an der Seite
    gestanden und die ganze Zeit nur das Fahrrad gesehen.
    Er hatte den Lenker gerade gebogen.
    Er würde Pekka anrufen ... und dann würde er Mar-
    jatta Bescheid sagen. Das würde ein wenig schwierig
    sein, er würde sich überwinden müssen, sie anzulügen,
    aber es ließ sich nicht vermeiden ... er musste etwas tun, er wusste nicht, was, irgend etwas ... am besten, er blieb auf diesem Stuhl sitzen und bewegte sich nicht ... er
    musste Pekka anrufen ... ins Haus gehen und Pekka
    anrufen ... so lange die drei unten spielten ... Pekka
    würde vielleicht irritiert sein ... vielleicht würde er
    irgendwas denken ... vielleicht auch nicht ...
    Er stand auf. Drehte sich einmal um die eigene Achse,
    dann in die andere Richtung und ging ins Haus. Er
    stand am Fenster und sprach im Stillen die Worte, die
    er sagen wollte.
    Dann wählte er die Nummer. Pekka meldete sich.
    Seine Stimme klang jung und entspannt.
    »Hallo, hier Timo«, sagte Korvensuo.
    »Hallo, grüß dich. Seid ihr noch draußen am See?«
    »Ja, ja, sind wir ...«
    »Ich wollte auch noch bei euch anrufen und mich für
    gestern bedanken. Das war ein schöner Abend.«
    »Danke ... ich gebe es an Marjatta weiter ... ich ... mir
    fiel was ein, was ich total vergessen hatte ... ich muss
    Anfang der Woche nach Turku. Da steht ein größeres
    Projekt im Raum ... es geht um Objekte in Helsinki,
    aber der Interessent lebt in Turku, und ich hatte einen
    Termin mit ihm vereinbart ...«
    »Alles klar ... hattest du davon schon mal erzählt?«
    »Nein, nein ...«
    »Da bin ich erleichtert, ich habe nämlich nichts Der-
    artiges im Kopf. Eine größere Sache?«
    »Ja, aber wir stehen da noch ganz am Anfang, deshalb
    hatte ich das auch noch nicht groß thematisiert ...«
    »Um welche Objekte geht es denn?«
    »Mhm ... eine Reihenhaussiedlung, wir würden die
    gesamte Siedlung übernehmen ... aber das ist alles
    noch in der Bauphase ... nach dem Gespräch weiß ich
    mehr...«
    »Gut, kein Problem, ich halte die Stellung im Büro
    und rufe Kati an. Vielleicht kann sie ein wenig aushelfen.
    Wie lange wirst du weg sein?«
    »Ich ... nicht lange, ich weiß nicht. Ich melde mich
    einfach am Montag.«
    »Bestens. Dann gute Fahrt. Und noch mal Grüße und
    Dank an Marjatta.«
    »Richte ich aus. Bis dann.«
    Korvensuo unterbrach die Verbindung. Er schwitzte
    am ganzen Körper. Marjatta stand in der Tür.
    »Was Besonderes?« fragte sie.
    »Nein, nein ... oder ... ich habe total einen Termin
    verschlafen ... fast zumindest. Ich muss nach Turku ...
    am besten schon heute, weil ich morgen einen Termin
    mit dem Bauherrn habe ... eine ... es geht um mehrere
    Reihenhäuser...«
    »In Turku?«
    »Nein, nein, die Häuser sind hier in Helsinki, aber
    der Mann lebt eben in Turku und kann da momentan
    nicht weg ...«
    »Und ihr habt einen Termin für Sonntag vereinbart?«
    »Ja ... ja, er konnte nur sonntags ... viel beschäftigt
    anscheinend.« Er trat einen Schritt auf sie zu und strich
    ihr über das Gesicht. Er spürte ihre nassen Haare in
    seiner Hand. »Am besten, ich fahre schon heute Abend
    los ...«
    »Das geht nicht, wir übernachten doch alle heute
    hier!« sagte Aku, der plötzlich neben Marjatta stand.
    Korvensuo sah die Enttäuschung in seinem Gesicht.
    »Wir können ja jetzt öfter ...«
    »Du hast gesagt, dass du das Wochenende da bist!
    Hast du gesagt! Hast du gesagt!«
    »Ja ... ich ... ich fahre erst morgen früh. In Ordnung?«
    Aku fiel ihm um den Hals. Marjatta lächelte und
    formte mit den Lippen lautlos das Wort »danke«. Kor-
    vensuo drückte Aku fest an sich, so fest er konnte, bis
    Aku nach einer Weile halb lachend, halb verängstigt
    aufschrie.
    »Tut doch weh,

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