Das Schweigen
ergab.
Er blieb eine Weile sitzen. Dann legte er das Handy
auf den Beifahrersitz und stieg aus. Er lief durch einen
Schwall warmer Luft auf das Haus zu.
Im Nachbarhaus waren die Vorhänge zugezogen, es
wirkte verlassen. Korvensuo dachte an den gebückten,
großen Mann, der gestern am Abend bei Elina Lehtinen
gewesen war.
Er spürte Schweiß an seinem Hals und auf der Stirn
und drückte den Klingelknopf. Nichts. Gar nichts. Nicht
das Geringste. Er summte eine Melodie. Elina Lehtinen
stand ihm gegenüber. Einige Meter entfernt. Sie stand
auf der Schwelle der Tür und sah ihn fragend an, und
Timo Korvensuo dachte, dass es zu Ende war.
Endlich.
Er schob das Gartentor nach vorn und ging auf Elina
Lehtinen zu, und er hörte, dass sie etwas sagte, den
Klang ihrer Stimme.
»Entschuldigen Sie die Störung«, sagte er.
»Ja, bitte?« sagte Elina Lehtinen.
»Entschuldigen Sie die Störung«, sagte Korvensuo.
Elina Lehtinen wartete.
»Ich ... sagen Sie, das Haus nebenan ... wissen Sie
zufällig, ob es zum Verkauf steht?«
Elina Lehtinen folgte seinem Blick auf das Nach-
bargrundstück. »Nein«, sagte sie.
»Ich dachte nur ... es sieht aus, als würde es leer
stehen«, sagte Korvensuo.
»Nein«, sagte Elina Lehtinen.
Korvensuo nickte. »Das ist schade ... ich dachte ... ich
suche nämlich ein Haus für mich und meine Familie
hier in dieser Siedlung ...«
Aus dem Nachbarhaus trat der große, gebückte
Mann. Er schien sie nicht wahrzunehmen, obwohl er
kaum zwanzig Meter entfernt war. Er stieg in sein Auto
und fuhr davon, den Blick starr geradeaus gerichtet.
Korvensuo sah dem Wagen nach, und Elina Lehtinen
sagte:
»Möchten Sie einen Tee?«
»Ich ... ja ... ja, sehr gerne, ich danke Ihnen«, sagte er.
Elina Lehtinen lächelte.
Er folgte ihr in den Schatten des Hauses. Sie ging, um
Tee zu kochen. Er betrachtete den kleinen Garten. Auf
dem Rasen lag ein Fußball, und Laura ruderte und Aku
hielt eine Hand ins Wasser. Er spürte es. Wie es sich an-
fühlte. Es war kalt und kribbelte auf der Haut.
Er drehte sich um und sah in die lachenden Augen
von Pia Lehtinen. Ein lautes Lachen. Nur ein wenig
lauter noch, dann würde er es hören können.
»Wir können auf die Terrasse gehen, wenn Sie
mögen«, sagte Elina Lehtinen.
»Gerne«, sagte Korvensuo.
Elina Lehtinen goss Tee in zwei Tassen.
»Ihre Tochter?« fragte Korvensuo.
Nichts, gar nichts. Alles Energie.
»Ich meine, auf dem Foto, das im Wohnzimmer
hängt ...«
»Ja«, sagte Elina Lehtinen.
Korvensuo nickte. »Ich ... habe auch zwei Kinder«,
sagte er.
Elina Lehtinen reichte ihm einen Teller mit einem
Stück Kuchen. Blaubeerkuchen.
»Sie sieht... nett aus«, sagte Korvensuo.
Elina Lehtinen nahm sich auch ein Stück von dem
Kuchen.
»Meine sind acht und dreizehn. Ein Junge und ein
Mädchen.«
Elina Lehtinen schwieg.
»Aku und Laura«, sagte Korvensuo.
Elina Lehtinen schwieg.
»Und ... wie heißt Ihre Tochter?«
»Pia.«
»Pia. Das ist ein schöner Name.«
Er führte die Gabel zum Mund, und Aku spürte ein
kühles Kribbeln auf der Haut.
»Und Sie suchen also ein Haus in der Gegend?« fragte
Elina Lehtinen.
»Ja ... richtig. Wir ... ich verändere mich beruflich.
Wissen Sie, ob in der Nähe ein Objekt zum Verkauf
steht?«
»Leider nicht. Aber ich kann mich für Sie umhören,
wenn Sie möchten.«
»Ja, gerne. Das wäre nett. Wobei ...«
Elina Lehtinen sah ihn fragend an.
»Ich bin selbst Grundstücksmakler. Insofern kann ich
das eigentlich leicht selbst recherchieren. Dass ich
herkam, war ganz spontan, weil ich dachte, dass das
Nachbarhaus leer steht ... aber dennoch ... ja, es wäre
wirklich sehr nett, wenn Sie sich umhören würden.«
Elina Lehtinen schwieg.
»Der Kuchen ist sehr gut«, sagte er.
Elina Lehtinen führte die Tasse zum Mund, und Aku
stand auf und sprang kopfüber ins Wasser.
»Hier«, sagte er und reichte ihr seine Visitenkarte.
»Für den Fall, dass sich etwas ergeben sollte. Es wäre
wirklich schön, mir gefällt es hier ... sicher würde es
auch meiner Frau und meinen Kindern gefallen.«
Elina Lehtinen betrachtete die Visitenkarte.
»Hat ... hat denn Ihre Tochter ... ich dachte gerade ...
vielleicht ist mein Sohn etwa im selben Alter wie die
Kinder Ihrer...«
»Meine Tochter hat keine Kinder.«
Er nickte.
»Sie ist tot«, sagte Elina Lehtinen, und Marjatta rief,
dass Aku nicht zu weit rausschwimmen sollte.
»Das tut mir sehr leid«, sagte er.
Elina Lehtinen
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