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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Schwebe gehalten werden. Man musste es jederzeit wieder aufgreifen können. Das hier war der Anfang des Streits, nicht sein Ende. Ihre sich fortan wiederholenden Versuche, dem Problem beizukommen, würden sich als ein Zeichen ihrer Vertrautheit erweisen. Ihr Disput würde ihre Zusammengehörigkeit nur festigen. Wenn er jetzt kapitulierte, würde er ihnen beiden die Möglichkeit nehmen, sich fortwährend zu streiten, sie würden sich zu fügen beginnen, und das würde die Bande lockern, die sie von Jugend an aneinander gekettet hatten – nämlich die trotzige, nie ins Wanken geratene Weigerung, einen Kompromiss einzugehen, geschweige denn dem anderen zuzustimmen. Eine ihm ergebene Frau wollte er nicht. Er wollte Kitty McCloud, das Mädchen, die Frau, die er von dem Tag an geliebt hatte, da seine Mutter und sein Vater sie als Feindin gebrandmarkt hatten, die er sein Leben lang zu verachten hätte. Dabei hatte er sie immer begehrt, hatte sie immer geliebt. Die Feindseligkeit, die man ihm eingeimpfthatte, gab seiner Leidenschaft nur noch mehr Nahrung – und das familiäre Verbot goss nur Öl in das Feuer seiner Begierde. Mit der Eheschließung hatte er sich von seiner Familie befreit, aber er durfte nichts tun, was die Gefahr barg, ihn von Kitty zu befreien. Sie war sein Ein und Alles, das Einzige, wonach ihn stets verlangt hatte. Nur musste sie Kitty McCloud bleiben – eigensinnig und unnachgiebig. Kieran kämpfte nicht um das Schwein, er kämpfte um seine Ehe.
    »Das Schwein bleibt, wo es ist«, sagte er und war – durchaus mit einigem Erfolg – darum bemüht, dass seine Antwort weder penetrant noch hartnäckig, sondern nur entschieden klang.
    Kitty machte ihrem seltsamen Zwischenspiel, in dem sie sich in den sattsam bekannten Überredungskünsten einer guten und liebenswürdigen Ehefrau geübt hatte, ein Ende, stemmte die eine Hand auf das Hinterteil einer Kuh und die andere in ihre rechte Hüfte. »Dir ist aber klar, dass alles, was fortan passiert, auf deine Kappe geht?«
    »Ich werde die Stelle, wo es hingepisst hat, scheuern.«
    »Es bleibt also hier in der Halle? Bei den Kühen?«
    Schmunzelnd zeigte Kieran auf den Platz, den sich das Schwein gesucht hatte. Mit ihrem Maul berührte die Kuh jetzt fast das Schwein, und dessen Bauch hob und senkte sich friedlich und entspannt. »Macht es den Eindruck, es sehnte sich nach einem anderen Fleck?«
    »Erwarte nicht, dass ich es überhaupt ansehe.« Sie war schon im Hinausgehen, als sie noch eins draufsetzte. »Und sorge dafür, dass es auch mich nicht anblickt.«
    Entschlossen strebte sie nach draußen. Nichts erinnerte mehr an ihren zögernden Gang von vorhin. Sorgenvoll schaute ihr Kieran nach. Wie konnte er dieser prächtigen Frau etwas versagen!
    Unversehens erhob sich das Schwein und verließ denwärmenden Ort; auch die Kuh stand auf und glotzte die keine zwei Fuß entfernte Wand an.
    Eine Kuh am hinteren linken Ende fing an, unruhig hin und her zu treten, eine andere zu muhen. Das Schwein trottete ein Stückchen weiter und begann, mit dem Rüssel im Stroh zu wühlen. Zwei weitere Kühe wurden unruhig, dann eine dritte. Die meisten schlugen mit ihren Schwänzen hin und her, fuhren mit ihnen durch die Luft, als versuchten sie etwas abzuwehren. Das Schwein grunzte, wühlte heftiger, wie suchend, im Stroh. Jetzt streckte schon die Hälfte der Kühe den Kopf in die Höhe, reckte den Nacken, und unharmonisches Muhen strebte gen Decke und Himmel. Das Grunzen des Schweins wurde lauter und brach plötzlich ab. Auch die Kühe beruhigten sich. Sie senkten die Köpfe, ihr Brüllen wurde schwächer, ging in eine Art Schnaufen über. Die Kuh, die das Schwein sich als Schutz auserkoren hatte, legte sich wieder. Das Schwein kehrte zu ihr zurück, legte sich ebenfalls und schmiegte den Kopf an den Hals der Kuh.
    Kieran sah sich prüfend um. In der Halle schien wieder Frieden eingekehrt zu sein. Er wartete noch einige Augenblicke, um sicherzugehen, dass alles seine Ordnung hatte, dann entschloss auch er sich zum Aufbruch. Erst jetzt bemerkte er, was die Tiere in Aufruhr versetzt hatte. Eine Frau aus der Nachbarschaft, nein, eher ein junges Mädchen von vielleicht siebzehn Jahren, hatte die Halle betreten. Sie hatte sich für eine kühle Nacht gerüstet, denn sie war mit einem schweren braunen Mantel angetan, dessen Kapuze sie zurückgeschoben hatte. Das Kleid aus Leinen reichte ihr fast bis an die Knöchel. Sie war barfuß, an den Zehen klebte Schmutz, an den Füßen haftete

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