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Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein kommt zum Essen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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Perspektive betrachten. Seine Augen verengten sich zu einem Schlitz. Als er nichts sagte, fragte Kitty: »Starre ich wirklich in dunkle Ecken?« Sie schien neugierig, auch beunruhigt.
    Kieran lächelte und wiegte bedächtig den Kopf von einer Seite zur anderen. »Natürlich merkst du nicht, dass du es tust. Dazu bist du viel zu tief in deine Arbeit versunken. In dein Buch. Und dann kommt das Schwein und lenkt dich ab … «
    »Es lenkt mich nicht ab«, fiel ihm Kitty ins Wort, wurde aber nicht heftig.
    »Na gut, aber irgendwas tut es. Ich wünschte, du würdest mir verraten, was es denn sonst macht.«
    Wie sollte Kitty ihrem Mann sagen, dass sie Geister sah – und dass das Schwein sie ebenfalls sah. Es war das Schwein mit seinem unverwandten Blick nach oben zur Galerie gewesen, kaum dass es auf der Burg angekommen war. Nur das Schwein und sein Verhalten hatten Kitty dazu gebracht, Taddy zu sehen. Auch andere Visionen, andere Erscheinungen hatte sie gehabt. Erst am frühen Nachmittag hatte das Schwein sie mit seinem Blick darauf aufmerksam gemacht, dass oben auf dem Turm Brid stand und auf das Meer hinausschaute. Und am Morgen war es wie angewurzelt stehengeblieben, weil es Taddy durch die Ställe hatte gehen sehen. Sie hatte es vom Fenster der Turmstube aus beobachtet. Zwar hatte sie Taddy und Brid schon bei der Hochzeit bemerkt, aber erst seit das Schwein bei ihnen war, hatte sie beide immer wieder zu Gesicht bekommen. War das Schwein aus dem Haus, verschwanden vielleicht auch die Geister.
    Dass man diese Logik leicht widerlegen konnte, wurde gar nicht erst in Betracht gezogen. Um Beschuldigungen gegen das mit seherischen Kräften begnadete Tier abzuschmettern,vergaß sie vollends, dass das Schwein auf ihrem Hochzeitsfest überhaupt nicht zugegen gewesen war, als ihr das gespenstische Paar zum ersten Mal auffiel. Auch bei den wiederholten Malen, wenn sie auf ihrem Weg nach oben zum Eckturm auf der Wendeltreppe den großen Treppenabsatz erreichte, war das Schwein nicht dabei gewesen, und doch waren ihr da mehrfach Taddy und Brid erschienen, er die Harfe spielend, die keine Saiten hatte, sie am Webstuhl sitzend, ihr bloßer schmuddliger Fuß betätigte das Trittbrett, doch gab es weder Faden noch Tuch.
    All das konnte Kitty nicht von ihrer Überzeugung abbringen, dass das Schwein eine Art Medium zwischen ihr und ihren Erscheinungen war. Sie setzte alles daran, die beunruhigende Wahrheit zu verdrängen, dass die trübsinnigen Geister sich allein ihr zeigten, aus Gründen, die nur mit ihr etwas zu tun haben konnten, und dass es keine Rolle spielte, ob das Schwein anwesend war oder nicht.
    Vermutlich belastete sie auch der Gedanke, dass noch ein anderer von ihrem Geheimnis wusste – selbst wenn es nur ein Schwein war. Eine erschreckende Vorstellung, nicht die allein Wissende zu sein! Natürlich konnte das Schwein schwerlich ihr Geheimnis preisgeben, und doch hielt sie das Unmögliche für möglich. Was, wenn das Schwein sie verriet? Dass derart wahnwitzige Einbildungen an Idiotie grenzten, spielte dabei keine Rolle. Der Gedanke saß fest und nagte an ihr. Das Schwein musste zurück zu Lolly. Es wusste zu viel. Es sah zu viel. Und doch brachte sie nicht mehr über die Lippen als: »Bitte – es kann nicht bleiben. Ich hab’s dir schon gesagt. Es bringt Unglück.«
    »Es hat uns doch aber zusammengebracht. Ist das ein Unglück?«
    Jetzt klang ihre Stimme fast flehentlich. »Kann es nicht einfach weg, und Schluss?« Dass seine Frau sich aufs Bitten verlegte, ließ Kieran fast aus dem Gleichgewicht geraten.Er zwang sich zu einem kurzen Lacher. »Falls du plötzlich abergläubisch geworden bist, dies ist kein schwarzes Schwein. Die schwarzen sind es, die Unglück bringen. Unsers hier ist aber ein rosa Schwein.«
    »Ob rosa, schwarz oder blau, ist mir völlig egal. Ich weiß nur, wir wollen es hier nicht haben. Bedeutet dir die Bitte deiner treu ergebenen Gattin denn gar nichts?«
    Kieran packte die Angst. Irgendetwas war mit seiner Frau geschehen. Nicht, dass sie abergläubisch geworden war, aber dass sie sich für eine treu ergebene Gattin hielt, war entschieden befremdlich. Liebe, die hatte sie fürwahr, auch Leidenschaft und andere weibliche Attribute, aber
Ergebenheit
? Er sah sie an. Unter zaghaftem Lächeln versuchte sie, ihre Hände aus der verkrampften Bittstellerhaltung zu lösen und wieder sinken zu lassen. So viel stand für ihn fest: Er durfte auf keinen Fall weich werden. Das strittige Problem musste in der

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