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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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raschen Blick auf das Schwein und schüttelte resigniert den Kopf. Dann fühlte auch er sich bemüßigt, ins Irische zu fallen, so als wäre das Schwein kein geeignetes Thema für Aarons Ohren. Er sagte so etwas wie die Schweine würden gewiss gut miteinander zurechtkommen. Das brachte Aaron auf einen Gedanken, der ihm schon früher hätte aufgehen können, auch wenn er die Sprache nur bruchstückhaft verstand: Kieran und Kitty mussten das Schwein unsäglich vermisst haben, dass sie es immer wieder erwähnten, als wäre es leibhaftig dabei. Es hatte – wenn auch zu seinem Nachteil – den verriegelten Verschlag mit dem Schwein, das jetzt dort hauste, geteilt. Ob dieser Einsicht war Aaron höchst zufrieden mit sich, verschmerzte seine linguistischen Schwächen nun besser und war geneigt, sich damit abzufinden, an dem Gespräch nicht teilhaben zu können, das ihn ohnehin nur immer wieder an die Grenzen irischen Sprachverständnisses gemahnen würde. Kieran ließ den Mann sein Missbehagen nicht deutlich spüren, er hatte sich für ein neutrales, fast gleichgültiges Verhalten entschieden, legte seinen Arm um die Taille seiner Frau und zog sie dicht an sich, als bedürfe sie eines besonderen Schutzes. Kitty blickte ihn mit einem traurigen, jedoch dankbaren Lächeln an, das mehr in ihren Augen lag, als dass es die Lippen umspielte.
    Der Mann rührte sich nicht von der Stelle, taub für das Dilemma, das er heraufbeschwor. Kieran streifte einen Handschuh ab und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, was zweierlei bedeuten konnte: Ausholen zum Schlag oder, was wahrscheinlicher war, Zeit gewinnen, um zu überlegen, was er sagen sollte.
    Er hätte es sich sparen können. Der Mann ergriff von sich aus das Wort. Auf Irisch. Kieran hörte zu. Aaron hatte den Eindruck, als fiele der Name Maude McCloskey, einer Frau, die weiter oben am Weg wohnte und die den Ruf hatte, eigentümlich zusein. Als er aufhörte zu reden, antwortete Kieran, auch auf Irisch – Aaron bekam kaum etwas mit. Es ging um Dachdecken oder so ähnlich. Der Mann nickte, vermutlich ein Abschiedsgruß, drehte sich um und schob ab zu seinem Gefährt. Er hielt den Kopf gesenkt, in Gedanken versunken, die nichts mehr mit seinem Gespräch mit Aarons verwirrter Tante und ihrem unverhofft dazugestoßenen Mann zu tun hatten. Im Verhältnis zu den Schilderungen über den verstorbenen Dachdecker, über den Aaron so viel gehört hatte, über seinen gewaltigen Stolz, sein Draufgängertum, gab der Mann ein trauriges Bild ab. Fast hätte ihn Aaron bemitleidet, doch der unterschwellige Ärger über ihn, die Gleichgültigkeit des Mannes gegenüber den Gepflogenheiten in Kerry und die Missachtung allgemeiner Höflichkeit hielten ihn davon ab, einem solchen Impuls nachzugeben.
    Der Mann blieb einen Moment stehen, warf einen Blick zu dem Schwein und ging weiter. Ohne sich noch einmal umzuschauen oder vielleicht den Zurückbleibenden kurz zuzuwinken, stieg er in seinen Lieferwagen, ließ den Motor an, wendete und fuhr die Burgstraße hinab.
    Aarons Erwartung, dass es zu einer Erklärung – auf Englisch – kommen würde, was er hatte erleiden müssen, wurde bitterlich enttäuscht, denn just in dem Moment kam seine Frau aus der Burg und gab das Zeichen zum Aufbruch. Nach rascher Verabschiedung und nochmaliger knapper Zusicherung, dass Kitty und Kieran das Schwein bei sich behalten würden, verbunden mit allen guten Wünschen für dessen Gewichtszunahme, chauffierte sie ihn fort von der Burg, fort vom Schwein und fort von den Wirren des Tages.
     
    Aaron nutzte die Fahrt nach Hause, um die entnervenden Geschehnisse und das nicht weniger entnervende Verhalten aller Beteiligten, vor allen Dingen das seiner Tante, auf die Reihe zu bekommen. Lolly war da keine Hilfe. Anspielungen auf ein zweites Schwein brachten keine Resonanz. Anders hingegen, als er auf das erregte Verhalten seiner Tante zu sprechen kam, als erbeschrieb, dass sie zeitweilig wie geistesgestört schien, nicht nur aufgrund der Gegenwart des Mannes, sondern auch, weil er immer wieder von einem zweiten Schwein im Verschlag sprach. »Natürlich ist sie geistesgestört«, spottete sie. »Verrückt. Verrückt nach Declan Tovey. Ich wusste schon, warum ich mich mit dem Schinken, den wir mitgebracht hatten, verzog, als ich die beiden sah. Ich wollte nicht miterleben, was sich da abspielen würde. Ich weiß, sie ist deine Tante, aber du kannst deine Augen nicht vor den Tatsachen verschließen. Kieran Sweeney hat sich

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